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Der Dunkle Code

Der Dunkle Code

Titel: Der Dunkle Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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sollten sie in so einer verschworenen Gemeinschaft jemandem nachspionieren? Aaro und Niko überquerten die Straße und gingen auf das relativ neue Gebäude zu, in dem sich die Post befand.
     
    »Wo warten wir auf ihn?«, fragte Niko leise.
    Aaro deutete auf ein Café, das im Schaufenster große Schokoladenkuchen anpries und fast genau gegenüber der Post lag. Sie traten ein, blieben vor der drei Meter breiten Vitrine stehen und ließen die Blicke über die Plunderstücke im DIN-A4-Format, die mit Nusssplittern bestreuten Schnecken und all das bunte Gebäck schweifen: Marzipan, Sahne, Mandeln, Schokolade … Hinter der Theke stand eine Frau von kolossalen Ausmaßen. Sie trug einen weißen Kittel und hatte toupierte Haare, in deren Mitte ein weißes Schiffchen saß.
    Aaro bestellte zwei Berliner, die jeweils so groß waren wie eine Xbox. Sie zu essen würde gut und gern zwei bis drei Stunden in Anspruch nehmen. Zum Runterspülen nahmen sie Kakao, der mit Sahnehaube garniert in blumenvasengroßen Porzellantassen gereicht wurde. Das Ganze kostete trotzdem nicht mehr als sechs Euro. Kein Wunder, dass die Deutschen so raumgreifende Bäuche hatten.
    Aaro setzte sich mit dem Rücken zur Wand, damit er den Eingang zur Post gut im Blick hatte. »Weißt du, was John F. Kennedy in seiner Rede 1963 in Berlin sagte?«, fragte er, während er in seinem Kakao rührte.
    »Du meinst den Präsidenten, den sie erschossen haben?«
    »Genau den. Er sagte feierlich: › Ich bin ein Berliner. ‹Er wollte wohl sagen: ›Ich bin Berliner.‹ Im Deutschen muss man mit den Artikeln genau sein. Darum mag ich Englisch lieber, da gibt es keine abartigen Regeln, man hängt einfach die Wörter aneinander.«
    Niko nahm eine Zeitung aus dem Ständer. Sie hatte irrsinnig viel Text und nur wenige Bilder. Ziemlich nüchtern drauf, diese Deutschen, stellte Aaro zufrieden fest, den Blick wieder auf die Post gerichtet.
    Das Warten kam ihnen lang vor. Zum Glück hatten sie mit den Berlinern genug zu tun. Niko pflügte sich allerdings deutlich schneller durch das Teil als Aaro.
    Hinter der Theke war neben der älteren Frau ein freundlicher jüngerer Mann aufgetaucht, der aussah, als könnte er vielleicht Englisch. Aaro gab sich schließlich einen Ruck und ging zu dem Mann, um ihn nach Möglichkeiten zum Skifahren zu fragen. Sie brauchten nun mal einen Vorwand, warum sie in dieser Ortschaft rumhingen. Der Mann meinte, die befahrbaren Pisten seien sehr weit weg und ziemlich weit oben, jenseits der Grenze, in Österreich.
    Dann hörte Aaro, dass Niko etwas zu ihm sagte. Er kehrte zum Tisch zurück, wo Niko unauffällig auf die Straße deutete.
    Gerade stieg ein grauhaariger Mann in Wanderkleidung aus einem eckigen Mercedes-Geländewagen. Auf der Fahrerseite stieg ein muskulöser, dunkelhaariger Typ aus, zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich an den Wagen.
    Bei dem Anblick glühten Aaros Wangen im Nu. Intuitiv wich er ein Stück vom Fenster zurück, auch wenn man von draußen wahrscheinlich nicht hineinsehen konnte.
    Der Grauhaarige betrat die Post und kam zwei Minuten später wieder heraus. In der Hand hielt er ein gepolstertes Kuvert. Aaros Herz hämmerte. Er konnte sich vorstellen, dass die Sendung, die Paolo abgeschickt hatte, genau so aussah, denn er hatte den Italiener gebeten, ein bisschen Gewicht hinzuzutun.
    Zu seiner Verwunderung riss der Mann das Kuvert nicht sofort auf, sondern drehte es auf der Straße misstrauisch hin und her und betastete es. Dann warf er es auf den Beifahrersitz, sagte etwas zu seinem Fahrer und ging direkt auf das Café zu.
    »Oh nein«, stöhnte Aaro. Er blickte sich schnell um. Nach draußen schaffte er es nicht mehr, da würde er dem Mann direkt in die Arme laufen.
    »Ich gehe aufs Klo, sag mir Bescheid, wenn er wieder verschwunden ist«, flüsterte Aaro.
    Er stand auf und stieß dabei die Rückenlehne gegen den Ellenbogen der Frau, die hinter ihm saß, worauf diese Kaffee verschüttete.
    »Sorry … Entschuldigung«, sagte Aaro hastig, zog sich die Mütze tiefer ins Gesicht und verdrückte sich zu der Tür am anderen Ende des Raums. Auf der Toilette schloss er sich sofort in der Kabine ein. Falls der Grauhaarige mal musste, war das Spiel aus.
    Aaro lauschte. Die Türglocke erklang, der Mann aus Faleria kam tatsächlich in das Café.
    Dann hörte man eine Weile nichts mehr, dann ein bisschen Stimmengemurmel, aus dem Aaro nichts Konkretes heraushören konnte. Den bayerischen Dialekt verstand er ohnehin nicht.
    Im

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