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Der Dunkle Code

Der Dunkle Code

Titel: Der Dunkle Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Mercedes verschwinden sehen, garantiert das noch lange nicht, dass das Haus leer ist. Genauso gut können da drin drei bewaffnete Söldner rund um die Uhr Wache schieben. Oder der Muskelprotz, der den Geländewagen gefahren hat.«
    »Du solltest deine Fantasie ein bisschen zügeln«, sagte Aaro. Andererseits wusste er, dass Niko recht hatte. Sie konnten nur abwarten, bis der Grauhaarige irgendwo hinfuhr. Und danach mussten sie so lange warten, bis sie davon überzeugt waren, dass sich niemand mehr im Haus aufhielt.
    Aaro war klar, auf welch dünnem Eis sie sich bewegten, doch eine andere Möglichkeit hatten sie nicht. Er grub sich tiefer in die mit Nadeln bedeckte Erde unter der Fichte, um besseren Halt zu finden. »Kann sein, dass wir den ganzen Tag warten müssen, also machen wir es uns bequem.«
    Aaro ärgerte sich, dass inzwischen das Gemälde aufgetaucht war. Es wäre schön gewesen, danach zu suchen. Aber der Gemäldedieb selbst war eigentlich eine noch größere Herausforderung. »Hätte der Grauhaarige nicht beschlossen, den Caravaggio schon in Rom zurückzugeben, hätten wir das Bild vermutlich in diesem Haus hier aufgestöbert«, setzte Aaro seine Überlegungen laut fort.
    »Na und? Wir hätten ihn an den Vatikan zurückgeben müssen und garantiert keine Belohnung kassiert.«
    »Du bist aber pessimistisch. Irgendwas hätten wir schon bekommen, sonst hätten wir es gar nicht erst hergegeben.«
    »Das wäre dann ja Erpressung gewesen.«
    »Nein, bloß ein kleiner Hinweis auf die Unvermeidlichkeit eines Finderlohns.« Ob die Philosophie des Aikido Niko so überehrlich gemacht hatte, fragte sich Aaro.
    Niko seufzte. »Ich habe noch nie kapiert, was an alten Bildern so wertvoll ist, dass man dafür ein Vermögen bezahlt. Als sie neu waren, haben sie bestimmt nicht so viel gekostet.«
    »Du hast echt keine Ahnung von der Logik des Kunstmarkts. Sieh mal, Massenprodukte sind für die Massen, aber wenn man sich von der Masse abheben will, braucht man etwas möglichst Seltenes. Und der Gipfel der Seltenheit ist natürlich etwas, von dem es nur ein einziges Exemplar gibt.«
    »Weniger geht ja wohl kaum.«
    »Und außerdem war dieser Caravaggio ein ganz schön abgefahrener Typ, das hab ich im Internet gecheckt.«
    »Wieso?«
    »Eigentlich hieß er mit ganzem Namen Michelangelo Merisi da Caravaggio, aber wie viele andere Künstler auch kennt man ihn nur mit dem Namen seines Heimatorts. Leonardo hieß auch nicht da Vinci mit Nachnamen, das war nur die Bezeichnung für die Gegend, aus der er stammte.«
    »Halt mir keine Vorträge«, ächzte Niko.
    »Als Filmfreak müsstest du dich eigentlich für Caravaggio interessieren. Wie er Licht und Schatten in seinen Bildern einsetzt, ist einzigartig, und viele berühmte Filmregisseure haben das nachgeahmt. Aber Caravaggio hat sich die Finger nicht nur mit Ölfarbe schmutzig gemacht, sondern auch mit Blut.«
    »Mit Blut?« Jetzt spitzte Niko die Ohren.
    »Caravaggio war aufbrausend, und als er bei einem Ballspiel mit seinem Gegner in Streit geriet, hat er ihn umgebracht. Er wurde zum Tode verurteilt, weshalb er verkleidet von Rom nach Malta geflohen ist.«
    »Wow.«
    »Als er dann ein Bild gemalt hat, auf dem David den abgeschnittenen Kopf Goliaths hält, gab er zum Zeichen der Reue dem Riesen seine eigenen Gesichtszüge. Schließlich brach Caravaggio in Richtung Rom auf, um den Papst um Gnade zu bitten, aber er starb dann unter ungeklärten Umständen. Manche sagen, er sei an Malaria gestorben, andere behaupten, man habe ihn ermordet. Damals war er noch nicht mal vierzig Jahre alt.«
    »Harter Kerl, dieser Caravaggio«, sagte Niko. »Aber er hätte Karate lernen sollen, dann hätte er sich die Mörder vom Leib gehalten.«
    Und schon kam Niko auf Bruce Lee zu sprechen, der ebenfalls unter dubiosen Umständen gestorben war.

20
    Leutnant Marcello Bari pflegte zu sagen, die Polizia di Stato komme früher oder später jedem Verbrechen auf die Spur – sofern sie nicht von den Politikern daran gehindert wurde.
    Auch jetzt hatte Bari stark das Gefühl, auf der richtigen Spur zu sein. Er klappte das letzte Personaldossier, das er vom Haushaltsbüro des Vatikans bekommen hatte, zu.
    »Daraus lässt sich natürlich noch nichts schließen«, sagte er zu Kanzleichef Simonis. »Aber ich habe einen anonymen Hinweis, der vermutlich Früchte tragen wird.«
    Der Kanzleichef beugte sich in seinem Chefsessel nach vorne. Es herrschte eine drückende, staubige Hitze an diesem Vormittag in

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