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Der dunkle Grenzbezirk

Der dunkle Grenzbezirk

Titel: Der dunkle Grenzbezirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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Ziel und Ernst. Andrassin hatte mir von Tumachin geschwärmt, wie junge Menschen von Helden schwärmen. Tumachin, das war klar, hielt ebensoviel von Andrassin.
    Mit einem Wortschwall Andrassins hörte ihr Gespräch auf. Tumachin stand auf, verbeugte sich, gab mir die Hand und verließ gemessenen Schrittes das Lokal.
    »Er geht«, sagte Andrassin überflüssigerweise. Aber diese Worte machten sein Weggehen zu einer ziemlich dramatischen Angelegenheit. Aber so war Andrassin. Er hätte ein zweiter Max Reinhardt werden können.
    Mit ernstem Gesicht wandte er sich mir zu und sagte langsam: »Mr. Casey, wir befinden uns inmitten von bedeutsamen Ereignissen.«
    »Noch mehr geheimnisvolle Vorkommnisse, Andy?«
    »Nein, Mr. Casey, keine geheimnisvollen Vorkommnisse mehr. Wir wissen jetzt alles und sind bereit zum Handeln.«
    »Was wißt ihr?«
    Er schüttelte grimmig seine weiße Mähne.
    »Nun«, sagte ich gut gelaunt, »ich hoffe, Sie geben mir ein Exklusivinterview, wenn die Sache soweit ist.«
    Er lächelte, etwas blaß, wie mir vorkam.
    »Tumachin hat Vorahnungen«, sagte er in ungewöhnlich ernstem Ton, »und wenn dieser Mann Vorahnungen hat, bin auch ich besorgt.«
    »Was immer es auch ist, machen Sie sich nicht zu viele Sorgen.«
    »Sie haben Recht, Mr. Casey, ich werde alt.« Dann sagte er in ironischem Ton: »Erzählen Sie mir doch lieber, was Sie in unserer heiteren und prosperierenden Stadt tun.«
    »Immer auf der Jagd nach Sensationen, wie sich das für einen Reporter gehört. Dabei fällt mir ein, Andy, daß ich einen Briten getroffen habe, der Sie unbedingt kennenlernen möchte.«
    Er warf mir einen schnellen Blick zu und lächelte. »Ich weiß«, sagte er langsam, »er heißt Professor Barstow und ist ein Freund des Waffenhändlers Groom. Er war heute morgen bei Ihnen im Hotel.«
    »Sie kennen ihn?«
    Er schüttelte den Kopf. Mir ging ein Licht auf.
    »Vermutlich ist der Kellner im Bucharesti auch nicht Ihr Freund?«
    Er nickte verlegen.
    »Ich muß gestehen, daß Petar mich enttäuscht hat«, sagte er und lächelte. »Mit seinen Englischkenntnissen kann es nicht so weit her sein, wie er behauptet hat. Er hat mir berichtet, daß Sie unsterblich in die Gräfin Schverzinsky verliebt seien und sie mit Hilfe des Engländers heute nachmittag um drei verführen wollen.«
    Als sich mein Zwerchfell von dieser Nachricht erholt hatte, bohrte ich weiter.
    »Was soll dieser Blödsinn, Andy? Warum lassen Sie mich bespitzeln?«
    Er errötete leicht.
    »Sie müssen mir verzeihen, Mr. Casey, aber ich bin Ihr Freund, und es geschieht bloß zu Ihrem eigenen Besten. Sie stehen am Rand einer Verschwörung, die jeden Moment explodieren kann.« Metaphern waren nie Andrassins starke Seite gewesen. Er wurde noch röter. »Mr. Casey«, sagte er ernst, »gehen Sie bitte nach Paris zurück. Der liebe Gott selbst könnte Ihnen keinen besseren Rat geben.«
    Ich hörte auf zu lachen und schaute ihn an. Ich hatte ihn noch nie so ernst und gefaßt gesehen.
    »Andy«, sagte ich freundlich, »es ist Ihnen doch klar, daß Sie mir soeben durch die Blume mitgeteilt haben, daß ich das Land unter gar keinen Umständen verlassen soll?«
    Er schnaubte unwirsch.
    »Wann werdet Ihr Amerikaner verstehen lernen, daß es Zeiten gibt, wo ein ganz klein wenig Vorsicht nichts schaden kann?«
    »Geben Sie sich keine Mühe, Andy. Wenn auch nur der Schatten einer Möglichkeit besteht, daß hier irgendetwas passiert, dann bleibe ich. Sie können mir hinterher immer noch sagen, daß ich selber schuld sei. Was ist es denn? Eine Revolution?«
    »Sie reden kindisches Zeug, mein Freund«, sagte er müde.
    Einige Zeit saßen wir schweigend da. Sein Benehmen war außergewöhnlich. Offensichtlich beschäftigte ihn etwas wirklich sehr Ernstes. Ich sah ihm in die Augen. Er grinste.
    »Verzeihen Sie mir, Mr. Casey, aber ich bin nervös. Ich hätte es eigentlich wissen sollen, daß Sie nicht nach Paris zurückkehren wollen.«
    »O. K. Andy, ich bin Ihnen ja nicht böse. Wie wär’s nun, wenn Sie diesen Barstow treffen würden?«
    Sein Gesichtsausdruck wechselte. Dann schüttelte er energisch den Kopf.
    »Nein, Mr. Casey, so leid es mir tut, aber das kann ich nicht.«
    Es klang unwiderruflich.
    »Warum nicht?«
    Er schaute sich um, bevor er flüsterte.
    »Dieser Barstow ist verloren. Er steht auf der Abschußliste.«
    Ich nahm an, daß er übertrieb. Sicher hatte er einen zu starken amerikanischen Ausdruck benutzt.
    »Soll das heißen, daß jemand ihn umbringen

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