Der dunkle Grenzbezirk
geklemmt. Man kann sie nicht sehen, aber sie heben die Gabel ein wenig hoch.«
Das war schon besser. Ich gratulierte ihm. Dann fiel mir etwas ein.
»Hat das Hotel eine Telefonzentrale?«
»Ja.«
»Und wie ist es dann mit dem Telefonisten?«
»Daran habe ich natürlich auch gedacht. Der Empfangschef bedient das Telefon. Also habe ich ihn weggeschickt, um einen Fahrplan für mich zu holen. Unterdessen habe ich unter der Anzeigeklappe einen Stift befestigt, so daß er den Umstand, daß der Hörer nicht aufgelegt ist, nicht signalisieren kann.«
»Und wenn Groom telefonieren will?«
»Dann hören wir das und können unsere Leitung schnell unter der Tür durch hereinziehen. Ich habe den Draht so befestigt, daß schon ein leichtes Ziehen die Verbindung unterbricht.«
Ich gratulierte ihm noch einmal, diesmal voller Überzeugung, denn ich gratulierte zugleich mir selbst. Der Mann war alles andere als ein Narr.
Schnell waren die Telefonhörer angeschlossen, und wir setzten uns neben die Tür und warteten und horchten.
Um halb vier Uhr betrat Groom das Zimmer. Das Telefon erwies sich als empfindliches Gerät, und wir konnten fast jeden seiner Schritte hören. Dann war es ziemlich lange ruhig, und ich dachte schon, die Verbindung sei unterbrochen, als um fünf vor vier der Kellner mit den Getränken kam. Wir hörten, wie Groom ihm sagte, wo er das Tablett hinstellen solle. Er sprach Französisch mit einem Akzent, wie ich ihn noch nie bei einem Engländer gehört hatte.
Die Zeiger meiner Uhr zeigten zehn nach vier, und ich begann mich schon zu fragen, ob Carruthers über diese Konferenz nicht etwas voreilige Schlüsse gezogen hatte, als wir Groom den ersten Ankömmling begrüßen hörten. Sie sprachen französisch. Es war ein Glücksfall, daß Groom die Landessprache nicht konnte. Groom redete den Mann nicht mit seinem Namen an, sondern sagte ihm bloß, er möge sich selbst einen Drink nehmen.
Während der nächsten zehn Minuten kamen noch einige Männer herein, und wir konnten hören, wie sie leise miteinander redeten. Zwei, die ganz nahe am Mikrofon standen, sprachen offenbar griechisch. Um halb fünf Uhr war die Gesellschaft vollständig versammelt, und wir hörten, wie Groom um Ruhe bat. Die Stimmen verstummten. Dann fing Groom zu sprechen an.
»Nun, meine Freunde, Ihr wißt, was ich will, und Ihr wißt, wie Ihr es anstellen müßt, es zu bekommen. Es dürfen uns keine Fehler unterlaufen. Ihr wißt, wo sich der Safe befindet. Prantza hat Nikolai genauestens darüber informiert. Ich will alle Papiere, die darin sind, das ist alles. Wenn Ihr Geld oder Juwelen findet, könnt Ihr alles mitnehmen und es untereinander verteilen. Geld interessiert mich nicht.« Aus seiner Stimme klang ein verachtungsvoller Ton den Männern gegenüber, zu denen er sprach. »Je mehr die Sache nach einem gewöhnlichen Einbruchdiebstahl aussieht«, fuhr er fort, »desto besser. Und was den eigentlichen Grund betrifft, warum Ihr alle hier seid: die Hälfte des Lohnes zahle ich jetzt, die andere Hälfte, wenn Nikolai mir die Papiere abliefert.«
Als diese Worte den Zuhörern übersetzt wurden, wurde Protestgemurmel laut. Dann sagte jemand:
»Wir wollen die ganze Summe jetzt, Monsieur.«
»Ich bin kein Narr, Nikolai«, antwortete Groom kalt. »Sie haben schon genug Geld gekriegt, um Prantza zu bestechen, und davon haben Sie sicher eine ganz schöne Summe abgezweigt, nicht wahr?«
Wieder wurde Protestgemurmel laut, aber diesmal leiser.
»Ich möchte noch hinzufügen«, fuhr Groom ölig weiter, »daß es sich für Euch nicht auszahlt, mir irgendwelche wertlosen Dokumente anzudrehen oder einen wesentlichen Teil der echten aus dem Safe zurückzubehalten, in der Absicht, mehr Geld aus mir herauszuholen. Bevor ich Euch die andere Hälfte auszahle, wird der Experte, der sich mit mir in Zovgorod befindet, diese Papiere genau prüfen, um festzustellen, ob es die richtigen sind.«
Niemand widersprach. Er fuhr fort:
»Im Moment, wo die Papiere in Eurem Besitz sind, bringt Nikolai sie sofort zu mir hier ins Hotel. Die andern verteilen sich auf die verschiedenen Stadtteile. Das dürfte, wenn alles genau nach Plan geht und der Safe keine besonderen Schwierigkeiten macht, gegen zwei Uhr morgen früh der Fall sein. Nikolai wird dann als Euer Interessenvertreter bei mir bleiben und, sobald die Papiere geprüft worden sind und meinen Erwartungen entsprechen, die andere Hälfte Eures Lohnes von mir in Empfang nehmen. Ich möchte Euch zum Schluß noch
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