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Der dunkle Grenzbezirk

Der dunkle Grenzbezirk

Titel: Der dunkle Grenzbezirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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einen Blick hinunter, rannte dann zur Tür und war verschwunden. Ich betrachtete die Szene. Die Männer hatten sich, instinktiv, so schien es, in einem Halbkreis um Tumachin gestellt. Die Frau hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Carruthers stand bei mir neben der Tür. Dann hörten wir Beker die Treppe heraufkommen. Als er hereinkam, schaute er zu Tumachin, sprach aber zu Carruthers.
    »Es ist Plek«, sagte er atemlos. »Sie haben ihn angeschossen, aber er hat es noch geschafft, bis hierher zu kommen. Vor einer halben Stunde ist Groom mit seinen Leuten im Auto zu Kassens Laboratorium hinaufgefahren.«

14. Kapitel
    21. Mai und 22. Mai
     
    Keiner sagte etwas. Dann blickte Carruthers zu Tumachin, der nickte.
    »Nehmen Sie Beker mit«, sagte er. »Ich kann ihn zwar kaum entbehren, aber er wiegt drei Männer auf.«
    »Der Wagen?« fragte Beker.
    Tumachin nickte erneut. »Sie werden fertig sein.«
    »Casey muß dabei sein«, bemerkte Carruthers, und ich war ihm sehr dankbar.
    Tumachin verzog den Mund. Er schaute mich an. Dann merkte er aber, woher der Wind wehte, zuckte die Achseln und lächelte schwach. »Seien Sie vorsichtig, Monsieur«, sagte er dann. »Wir können es uns nicht leisten, unsern amerikanischen Alliierten zu verlieren.«
    Jetzt hatte ich keine Zeit mehr für Erklärungen. »Auf geht’s!« sagte Carruthers zu Beker und mir und war schon aus dem Zimmer und rannte die Treppe hinunter. Wir rannten hinter ihm her. Im Hausgang mußten wir über einen Mann steigen, der in seinem Blut am Boden lag. Die Frau, die uns die Türe aufgemacht hatte, hatte seinen Kopf in ihren Schoß gebettet und versuchte, ihm Wasser einzuflößen. Sein Mund stand offen und unter seinen halb geschlossenen Lidern sah man das Weiße seiner Augen.
    »Plek«, flüsterte Beker. »Er ist tot. Ein Märtyrer der Revolution.«
    Als wir draußen waren, schlugen wir die Straße zum Fluß ein. Carruthers wollte losrennen, aber Beker gab zu bedenken, daß wir dadurch auffallen könnten, und so gingen wir in schnellem Schrittempo. Das Viertel glich einem Kaninchenstall, und es war stockdunkel. Geführt von Beker gingen wir durch endlose Gäßchen und Torwege. Hie und da schien aus den Parterrefenstern ein schwaches Licht, und ich hörte ein paarmal eilige Schritte und danach Türen ins Schloß fallen, bekam aber nie jemanden zu Gesicht. Endlich überquerten wir einen kleinen Platz, ich spürte Pflastersteine unter meinen Fußen, und dann pfiff Beker. Im nächsten Augenblick blendete uns ein Licht, als ein Tor geöffnet wurde, hinter dem ein großer schwarzer Buick-Tourenwagen mit zurückgeschlagenem Verdeck sichtbar wurde. Das Licht stammte von einer Glühbirne, die von der Decke der Garage herunterhing. Ich hörte, wie der Motor angelassen wurde, und schon hielt der Wagen neben uns. Ein Mann stieg an der Fahrerseite aus und ging in die Garage zurück. Beker folgte ihm. Carruthers bedeutete mir, stehenzubleiben, und ging zu den beiden. Ich sah sie aufgeregt miteinander reden. Dann trat Beker zu einem Telefonapparat in der Ecke der Garage, und das Licht ging aus. Ich hörte ihn reden, aber das Summen des Motors verschluckte seine Worte. Carruthers trat wieder zu mir.
    »Steigen Sie ein«, sagte er.
    Er stieg nach mir ein, und ich fing gleich an zu fragen.
    »Was soll das?«
    »Wir wollen Meister Grooms Tatendrang ein für allemal bremsen«, und ich hörte, wie er vor sich hin kicherte.
    »Wo sind wir eigentlich?«
    »Ein Unterschlupf der Jungbauern. Er ist telefonisch mit dem Hauptquartier verbunden. Tumachin hat den Befehl gegeben, den Wagen bereitzuhalten.«
    »Auf was warten wir denn noch?«
    »Beker hat noch etwas sehr Dringendes zu erledigen. Ich bin eigentlich ganz froh, daß sich Groom gerade den heutigen Abend ausgesucht hat. Morgen wären wir um unsern Spaß gekommen, denn bis dann wäre er schon über die Grenze abgeschoben worden.«
    Ich sollte noch an diese Worte denken.
    Auf meine anderen Fragen gab er keine Antwort, sondern grinste nur und meinte, alles käme zu seiner Zeit, und behandelte mich wie ein Kind, das um Süßigkeiten bettelt. Nach etwa einer Minute stiegen Beker und der Fahrer ein. Beker sagte »bien«, und wir fuhren los.
    Der Buick schlich im Zickzack durch das Gäßchengewirr, durch das wir gekommen waren, bis er auf eine bessere Straße kam und der Fahrer Gas gab. Carruthers erklärte mir, daß die Gäßchen und Plätze die Überreste einer frühen Ottomanischen Besetzung seien und daß dieses Viertel seit der

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