Der dunkle Grenzbezirk
langsam. Beker sagte ein paar beruhigende Worte auf ixanisch. Der Mann kam heraus und schaute uns an. Wir gingen auf ihn zu, aber er konnte uns erst erkennen, als wir schon fast vor ihm standen. Er stieß einen Überraschungsschrei aus und griff nach seinem Revolver. Aber seine Hand kam nicht bis dahin. Ein Schatten bewegte sich hinter ihm, und der Mann fiel mit einem leisen Geräusch zu Boden.
Carruthers richtete sich auf und nickte uns zu. Wir fesselten ihn mit einem Seil aus dem Werkzeugkasten und knebelten ihn mit zwei Taschentüchern – eins in seinen Mund, das andere, damit der Knebel im Mund blieb – und warfen ihn unter einen Baum. Carruthers brummte, daß es nicht schaden könne, Groom den Rückweg abzuschneiden, nahm den Zündverteiler aus dem Wagen und steckte ihn in die Tasche. Hierauf setzten wir unsern Weg zum Laboratorium hinauf fort. Wir waren schon viel näher, als ich gedacht hatte. Der Pfad wurde breiter, und wir standen plötzlich vor einem kleinen Tor. Carruthers prüfte es und flüsterte, es gehöre zu einem elektrisch geladenen Zaun, der das Laboratorium umgebe. Die Tür ließ sich jedoch leicht öffnen, und wir gingen ungehindert durch.
Vorsichtig gingen wir nun den Weg hinauf. Wenig später tauchte die bekannte Silhouette des Laboratoriums vor uns auf. Das Gebäude lag im Dunkeln, nur aus einem schmalen Fenster im Hochspannungslaboratorium am äußersten Ende kam ein matter Schein. Es war kein Laut zu hören. Carruthers winkte uns zu sich.
»Ein Eingang zum Hochspannungslabor befindet sich in dem niedrigen Gebäude da. Ich nehme diesen Weg. Dann gibt es noch einen direkten Eingang in der hintern Mauer des Turms. Ihr beide versucht dort hineinzukommen. Ich will sie von beiden Seiten angreifen. Aber unternehmt nichts, bevor ich ein Signal gebe. Dann schießt!«
Er verschwand, und Beker und ich hatten uns eben umgedreht, als wir wie versteinert stehenblieben. Ein schrecklicher Schrei kam aus dem Labor – er fing als langgezogenes »Ah« an und ging dann in ein hohes grelles Kreischen über. Er brach plötzlich ab, als hätte jemand eine Hand auf den Mund gelegt, der ihn ausstieß. Beker und ich standen still. Mein Herz hämmerte, und meine Beine zitterten. Gänsehaut lief mir über den Rücken. Ich hörte Beker fluchen, und dann spürte ich seine zitternde Hand an meinem Arm. Dann hörten wir Carruthers Stimme zischen: »Los, macht schon!« und stolperten durch die tropfenden Büsche auf unser Ziel zu. Bald waren wir an der Mauer des Labors und verschnauften dort ein paar Sekunden, bevor wir uns entlang zum Hochspannungslabor weitertasteten.
Wir kamen nur langsam voran, weil wir auf lose Steine traten, die bei jedem Schritt knirschten. Vor Angst kam mir fast mein Magen hoch, nicht sosehr wegen der gefährlichen Situation, in der wir uns befanden, sondern weil sich der grausige Schmerzensschrei wiederholte. Der erste hatte meine Nerven schon völlig durcheinandergebracht, und die überhängenden Bäume, die jeden Lichtschimmer ausschlossen, so daß ich dauernd in Beker hineinstolperte, machten die Sache keineswegs besser. Endlich aber hatten wir es geschafft, schlichen um die Ecke und standen vor einer kleinen Tür. Beker ging an mir vorbei, nahm die Klinke in beide Hände und drückte sie langsam nieder. Langsam öffnete sich die Tür, und ein dünner Lichtstrahl durchschnitt die Dunkelheit. Beker machte die Türe nun vorsichtig soweit auf, daß wir ins Innere sehen konnten.
Ich hatte noch nie ein Hochspannungslaboratorium gesehen, und für mein Laienauge sah es genau so aus wie eine Szene aus den frühen deutschen Filmen über »die Zukunft«. Von der Decke hingen an einer langen Kette gewellter Porzellanisolatoren zwei große Kupferkugeln, und ich bemerkte auch einen Mechanismus, um sie herunterzulassen und hinaufzuziehen. Zwei glänzende Kupferröhren führten von den Kugeln senkrecht hinunter zu einem Paar von Isolatoren, welche im Betonboden eingemauert waren, und von dort zu einer Anzahl Metallbehältern, die in Reih und Glied entlang einer Wand standen. Oben an jedem Metallbehälter befanden sich zwei kleine Isolatoren, die wie Hörner aussahen. Ich erkannte auch einen Teil eines komplizierten Schaltpultes. Eine einzelne starke Lampe, die in einem emaillierten Metallreflektor hing, beleuchtete den Raum.
Der Gesamteindruck war sehr dekorativ. Ganz und gar nicht dekorativ aber war das, was sich vor dieser Kulisse abspielte.
Mitten im Labor standen fünf Männer in einem
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