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Der dunkle Grenzbezirk

Der dunkle Grenzbezirk

Titel: Der dunkle Grenzbezirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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und wieder Schüsse. » Sacré chien , was für ein Wahnsinn«, fluchte Beker. Er befahl mir, an Ort und Stelle zu bleiben und mich um meine Wunde zu kümmern, und rannte zum Laboratorium zurück.
    Ich war froh, daß ich mich etwas ausruhen konnte, denn ich fühlte mich ziemlich schwindlig, und die Wunde an meinem Handgelenk begann zu schmerzen. Ich berührte sie mit dem Finger, und ein rasender Schmerz zuckte meinen Arm hinauf. Meine Finger fühlten sich feucht an, und gegen das schwache Licht des Himmels sah ich, daß die Wunde nicht schlecht blutete. Ich band mir den Arm notdürftig mit meinem Taschentuch ab und suchte nach einem Bleistift, um es straffzuziehen. Dann befestigte ich es an meinem Unterarm oberhalb der Wunde. Ich begann mich meiner überstürzten Tat zu schämen. Wahrscheinlich hatte ich durch meine Tollheit alle sorgfältigen Pläne Carruthers’ durcheinandergebracht. Verzweifelt lauschte ich auf ein Lebenszeichen vom Labor her, hörte aber nichts als das Tropfen der Sträucher und Büsche. Ich wußte nicht genau, wo ich mich befand. Ich stand auf dem Weg, aber an welcher Stelle, war mir unklar. Langsam ging ich den Weg zurück, den ich mit Beker gekommen war. Nach ein paar Metern war ich beim Zaun. Ich blieb stehen. Da hörte ich, wie sich jemand in den Büschen vor mir bewegte. Ich verließ den Weg, kauerte mich im Unterholz nieder und wartete. Ohne Revolver und mit einer Wunde am Handgelenk, die mit jeder Sekunde ärger schmerzte, konnte ich nicht viel tun. Wieder ertönte das Rascheln. Es war, als suche jemand langsam den Weg zu der Tür im Zaun. Plötzlich erleuchtete der Strahl des Suchscheinwerfers vom Dach des Laboratoriums die Dunkelheit. Carruthers oder Groom hatten wohl herausgefunden, wie man ihn bediente. Wer immer sich jetzt innerhalb des Zaunes befand, war in keiner beneidenswerten Lage.
    Der Strahl wanderte durch die Dunkelheit wie ein riesiger Finger und begann sorgfältig die Büsche zu durchsuchen. Es sah sehr unheimlich aus. Nebel hatte sich vom Boden erhoben und wirbelte im Sucher wie weißer Rauch über den glänzenden nassen Blättern empor. Riesige Motten flatterten durch das Licht, und eine kleine Eule schlug erschreckt mit den Flügeln. Das Licht kam langsam näher. Plötzlich blitzte aus der Dunkelheit Mündungsfeuer auf, und ein Schuß krachte. Der Lichtstrahl machte einen Sprung. Da stand, als stehe er einsam auf einer Bühne, im hellen Scheinwerferlicht Nikolai.
    Er duckte sich und rannte seitwärts. Der Lichtstrahl ihm nach. Er machte kehrt, rannte nach hinten, machte kehrt, rannte nach vorn und verschwand zeitweise aus meinem Blickfeld. Der Mann am Lichtstrahl aber sah ihn immer. Es mußte Nikolai klar geworden sein, daß er in der Falle war, denn obwohl er im Zickzack durch die Büsche lief, um keine Zielscheibe für einen Revolver abzugeben, kam er doch immer näher an den Zaun heran, neben dem ich kauerte. Jetzt war er noch zirka drei Meter von dem Zaun entfernt, zögerte einen Augenblick und rannte dann direkt auf ihn zu. Er war voll im Scheinwerferlicht, und ich sah, wie er den oberen Draht hob, um sich durchzuwinden. Er kam nicht weiter. Im Moment, wo seine Hand den Draht berührte, wurde er steif, drehte sich um die eigene Achse, seine Absätze verließen den Boden, und er ging in die Knie, als trüge er eine unerträgliche Last. In dieser Stellung blieb er hängen und fiel langsam gegen den Zaun. Er bewegte sich nicht mehr. Aus dem Laboratorium klingelte leise eine Alarmglocke.
    Das Licht drehte sich weiter, noch einmal rund um das Laboratorium, und ging dann aus. Der Glühfaden schimmerte noch schwach, als ich Schritte auf Kies knirschen hörte und dann Bekers Stimme, die meinen Namen rief. Ich stand auf, damit er mich sehen konnte.
    »Alles in Ordnung, Monsieur. Der Strom ist ausgeschaltet. Sie können hereinkommen.«
    Ich trat durch die Tür, und wir näherten uns dem Laboratorium, als ich unten auf dem Pfad den Anlasser eines Wagens hörte. Er wurde wieder und wieder betätigt.
    »Groom«, erklärte Beker. »Er ist zusammen mit einem andern Mann entkommen, bevor der Strom eingeschaltet wurde. Es ist besser so. Wir wollen wegen seines Todes keinen Ärger mit dem Britischen Konsul. Aber der Wagen wird nicht starten. Die beiden haben einen ganz schönen Fußmarsch vor sich.«
    »Was geschah mit den andern?«
    »Nikolai haben Sie ja wohl gesehen. Der Mann, auf den ich schoß, ist tot. Der Professor tötete einen andern, der die Leiter zu dem Suchscheinwerfer

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