Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Grenzbezirk

Der dunkle Grenzbezirk

Titel: Der dunkle Grenzbezirk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
Vom Netzwerk:
anderes hat Vorrang. Ich werde Sie töten. Sie haben die Frechheit gehabt, sich in Dinge einzumischen, die Sie nichts angehen. Sie wurden gewarnt. Sie haben diese Warnung mißachtet. Deshalb müssen Sie und Ihre stupiden Freunde sterben. Sie werden einen schnellen Tod sterben, aber eine gewisse Vorahnung, ein Todesgefühl, möchte ich Ihnen doch noch vermitteln. Kurzum, ich gedenke eine Ladung von einer Million Volt durch Ihre Körper zu jagen. Sie, Professor, wissen natürlich, wie das vor sich gehen wird, aber für Mr. Casey« – er machte eine Verbeugung zu mir hin – »werde ich zuerst eine kleine Demonstration machen, damit auch er in den Genuß desselben schönen Vorgefühls kommt.«
    Ein Dutzend Antworten stiegen in mir auf, aber da Carruthers schwieg, schien es mir klüger, ebenso den Mund zu halten. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, daß Beker nicht mehr weit sein konnte.
    Kassen ging zum Schaltpult und betätigte zwei große Hochstromunterbrecher. Dann trat er wieder zu uns.
    »Die Kondensatoren werden jetzt aufgeladen«, erklärte er uns. »Gleich werden Sie hören, wie die Vibrationen der Kriechströme anfangen.«
    Schweigend lauschten wir. Marassin stand wie eine Wachsfigur neben uns. Die andern Männer sahen interessiert zu. Dann hörten wir ganz leise ein Summen aus den Reihen der gehörnten Metallbehälter. Zwei Minuten später war aus dem Summen ein lautes wütendes Schnarren geworden. Dann bemerkte ich ein blaues Glimmen rund um die beiden Kupferkugeln.
    »Ionisation der Luft«, erklärte Kassen.
    Das blaue Glimmen wurde stärker und breiter. Plötzlich hatte ich auf meinem Scheitel ein seltsames Gefühl. Es war, als ob sich meine Haare aufstellten. Ich sah, daß die Haare auf Kassens Kopf sich bewegten, als wehe eine steife Brise. Plötzlich wurde das Schnarren einen halben Ton höher, und dann knallte es ohrenbetäubend, ähnlich dem Knall einer riesigen Peitsche, und eine große blau-weiße Flamme ging ein, zwei Sekunden lang zwischen den Kugeln hin und her. Gleichzeitig krachte es am Schaltpult, als die Sicherungen heraussprangen. Ein seltsam scharfer Geruch lag in der Luft.
    »Der Geruch, Mr. Casey«, dozierte Kassen, »ist zur Hauptsache Ozon. Es ist auch ein bißchen Salpetersäure dabei, erzeugt durch den Lichtbogen. Eine Augenweide, finden Sie nicht auch?« Er machte eine Pause. »Nun«, fuhr er dann ominös fort, »da wir das Interesse des Publikums geweckt haben, wollen wir mit dem zweiten Akt beginnen.«
    Wir wurden wieder hochgehoben und jetzt zwischen die beiden Kugeln gesetzt. Der Mann im dritten Stuhl war nur noch halb bei Bewußtsein, und sein Kopf rollte von einer Seite zur andern, als sie ihn trugen. Zwischen den Kugeln war nur wenig Platz, und die Stühle, auf denen wir saßen, berührten einander. Ich hörte ihn leise stöhnen.
    »Was tun wir jetzt, Carruthers?« flüsterte ich.
    »Unsere einzige Hoffnung ist Beker«, erwiderte er, aber ich sah, daß sein Mund einen ziemlich merkwürdigen Ausdruck hatte.
    Plötzlich fing Marassin aufgeregt zu reden an. Kassen antwortete kurz.
    »Unser Freund, der Oberst, wird ungeduldig«, erklärte er. »Wir dürfen ihn nicht länger warten lassen!« Er trat vor das Schaltpult und war eben dabei, die Überstromschalter wieder einzuschalten, als von unerwarteter Seite ein Aufschub eintrat. Draußen wurden Schritte laut, und dann rauschte die Gräfin herein.
    Sie blickte um sich, sah uns, und wandte sich dann herrisch an Kassen. »Wie ich erfahren habe, hat Kortner aus dem Kraftwerk angerufen, weil der Suchscheinwerfer eingeschaltet worden ist. Was ist der Grund dafür?«
    »Diese Herren hier, liebe Magda, sind der Grund«, sagte Kassen in beschwichtigendem Ton. »Marassin und ich überraschten sie, als sie wie wild im Laboratorium herumknallten. Sie haben auch versucht, aus Vasa Dinge herauszufoltern, die der Ärmste gar nicht wissen konnte. Er ist tot. Aus Hochachtung vor Mr. Caseys amerikanischer Staatsbürgerschaft war ich eben dabei, den beiden Herren einen elektrischen Stuhl anzubieten. Wie mir Oberst Marassin mitgeteilt hat, ist das Todesurteil über sie schon gefällt worden.«
    Sie warf uns einen schnellen Blick zu. Carruthers lächelte schwach. Sie schien zu zögern. Dann nickte sie. Sie wollte schon wieder gehen, wandte sich jedoch plötzlich in kalter Wut an uns:
    »Ich habe Sie gewarnt, Professor, ich habe Sie gewarnt, Mr. Casey. Sie haben sich über meine Befehle hinweggesetzt, und Sie werden die Konsequenzen tragen.«
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher