Der dunkle Highlander
Vorstellung brannten hinter diesen dunklen Fenstern niemals Kerzen. Nie würden Kinderfüße diese Treppe hinauf- oder hinuntertrappeln.
Die Leere in seinem Inneren hatte sich endlich gefüllt - nicht mit Gutem, sondern mit Schmerz, Wut und Trotz. Er drohte mit der Faust gen Himmel, tobte und fluchte. Er stellte alles in Frage, was er gelernt hatte, den Glauben seiner Vorfahren.
Und im dunstigen scharlachroten Sonnenuntergang hatte er nur noch einen Gedanken: Sein Bruder und dessen Familie würden in diesem Schloss wohnen.
Alles andere war inakzeptabel. Wenn die Legenden die Wahrheit verkündeten, würde ihn das sein eigenes Glück oder Leben kosten - aber es war ihm die Sache wert. Er hatte ohnehin nicht viel zu verlieren.
»Hey, ist alles in Ordnung?«, fragte Chloe.
Dageus zuckte zusammen. Er stand offenbar seit mehreren Minuten vor dem Stopp-Schild. Nun schüttelte er den Kopf, um die düsteren Erinnerungen loszuwerden. »Ja.« Er wog seine nächsten Worte sorgfältig ab. »Mädchen, ich habe Drustan einige Zeit nicht gesehen.«
Und er hatte keine Ahnung, wie Drustan reagieren würde. Vielleicht brauchte Drustan ihn nur anzusehen um zu wissen, dass er zu den Finsteren gehörte. Das Band zwischen Zwillingen war stark.
Ja, ich habe die Steine benutzt, aber was in den Legenden behauptet wird, ist nicht wahr. Es gibt in der Zwischenwelt keine dunkle Macht. Es geht mir gut. Dieses Jahrhundert ist ein Wunder, ich habe mich ein wenig umgesehen. Aber ich komme bald nach Hause. Das war die Lüge, die er seinem Bruder auftischte, seit er den Fehler begangen hatte, ihn anzurufen. Er musste einfach Drustans Stimme hören, um sich zu vergewissern, dass er am Leben war und dass es ihm im einundzwanzigsten Jahrhundert gut ging.
Dageus, du kannst mir alles erzählen, hatte Drustan gesagt.
Es gibt nichts zu erzählen. Es ist nichts als ein Mythos. Lügen über Lügen.
Dann kamen regelmäßig Anrufe von Drustan, und jedes Mal fragte er, wann Dageus heimkam. Dageus ging schon seit Monaten nicht mehr ans Telefon.
»Also ist dies ein großes Wiedersehen?«
»In gewisser Weise.« Falls Drustan ihn wegschickte, würde er mit Chloe die Museen abklappern und einen anderen Weg suchen. Er war ziemlich sicher, dass er von seinem Bruder keinen Angriff zu erwarten hatte. Höchstwahrscheinlich hätte sich Drustan bald auf die Suche nach ihm gemacht, wenn er sich weiterhin nicht blicken ließ. Nur hoffte er, Drustan würde seine Rückkehr als das verstehen, was sie war: eine Bitte um Hilfe.
Chloe musterte Dageus aufmerksam. Er spürte ihren Blick, wandte sich aber nicht zu ihr.
»Hattet ihr Streit, du und dein Bruder?«, fragte sie sanft.
»In gewisser Weise.« Mit einem kühlen Blick bedeutete er ihr, das Thema fallen zu lassen. Dann löste er die Bremse und fuhr weiter.
Kurz darauf glitt ihre kleine Hand in die seine. Er erschrak über die Geste. Frauen fassten normalerweise nach allen möglichen Körperteilen, aber niemals nach seiner Hand. Er sah sie an, aber sie blickte starr geradeaus. Dennoch, ihre Hand lag in der seinen.
Er schloss die Finger um ihre, ehe sie sie ihm entziehen konnte. Ihre winzige Hand verschwand fast ganz in seiner. Das bedeutete ihm mehr als jeder Kuss. Mehr sogar als das Liebesspiel. Wenn Frauen Sex von ihm wollten, dachten sie nur an ihr eigenes Vergnügen.
Aber Chloes kleine Hand gab, ohne etwas zu fordern.
Adam Black beobachtete, wie sich das Auto die Keltar- Berge hinaufwand. Seine Königin hatte vor sehr langer Zeit ein Edikt erlassen, dass sich kein Tuatha De Danaan den Keltar auf dreitausend Meilen nähern durfte. Nachdem ein Keltar den heiligen Pakt jedoch gebrochen hatte, war er der Ansicht, dass die alten Gesetze nicht mehr galten.
Er wusste, warum die Königin dieses Verbot ausgesprochen hatte. Die Keltar hatten ihr Leben und das zukünftiger Generationen der Einhaltung des Paktes verschrieben. Sie sollten frei von jeglicher Einmischung der Tuatha De Danaan bleiben; denn schon damals war der Königin bewusst gewesen, dass es in ihrem Volk einige gab, die mit dem Pakt nicht einverstanden waren: diejenigen, welche den Lebensbereich der Sterblichen nicht verlassen wollten. Die dafür waren, sich die Menschheit zu unterwerfen. Die einen Keltar dazu verlocken könnten, sein Gelübde zu brechen.
Deshalb hatte seit dem Tag, an dem der Pakt besiegelt worden war, kein Keltar je wieder einen der früheren Wohltäter zu Gesicht bekommen.
Das könnte ein Fehler gewesen sein, fand Adam. Denn
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