Der dunkle Highlander
selbst wenn die Keltar über viertausend Jahre treu ihre Pflichten erfüllt hatten, war das Ziel doch in Vergessenheit geraten. Sie glaubten nicht mehr an die Tuatha De Danaan und erinnerten sich nicht mehr an die Ereignisse des schicksalhaften Krieges, der so vieles in Gang gesetzt hatte. Die wahre Geschichte war nur noch ein vager Mythos.
Die Keltar vollzogen zwar noch an Yule, Beltane, Samhain und Lughnassadh die überlieferten Rituale, die die Mauern zwischen ihren Welten aufrechterhielten; sie wussten jedoch nicht mehr, dass dies der Zweck der Rituale war. Vielleicht hatte eine Generation es versäumt, die mündliche Überlieferung in vollem Umfang an die nächste weiterzugeben. Vielleicht war ein männliches Familienoberhaupt gestorben, bevor er seinem Sohn sämtliche Geheimnisse enthüllen konnte. Möglicherweise wurden auch die alten Schriften nicht sorgfältig genug kopiert, bevor der Zahn der Zeit sie zernagt hatte. Wer weiß? Doch eines wusste Adam bestimmt: dass die Menschen dazu neigten, ihre eigene Geschichte zu vergessen. Die Tage, die dem Pakt geweiht waren, schienen heute kaum mehr als schlichte Feiertage.
Von seinem Hügel aus sah er, wie der Wagen sich den Berg hinaufwand. Die Menschen konnten ja nicht einmal die Geschichte ihrer eigenen Religion begreifen, obwohl sie nur zweitausend Jahre alt war. Kein Wunder, dass ihre Verbindung zu seinem Volk im Laufe der Zeit im Nebel versunken war.
Nun gut, dachte er. Der schwarze Druide kehrt nach Hause zurück, und er bringt das tuie der aufgelebte Böse der Draghar mit sich. Faszinierend. Was seine Königin wohl davon halten würde? Allerdings hatte er nicht die Absicht, ihr davon zu erzählen. Seiner Ansicht nach war es allein ihre Schuld, dass diese anderen hier waren, um wieder aufzuerstehen.
Selbst jetzt noch saß die Königin mit ihrem Rat zusammen, um über das Schicksal der Sterblichen zu entscheiden.
Uber viertausend Jahre lang hatte sich sein Volk an geheimen Orten verborgen, damit sich die Sterblichen und die Feen nicht gegenseitig vernichteten. Aber kurz nach dem Rückzug der Tuatha De Danaan hatten die Draghar mit ihrer schwarzen Magie beinahe beide Welten zerstört. Seine Königin würde niemals zulassen, dass so etwas geschah.
Er seufzte. Die Zeit der Sterblichen war begrenzt.
12
Gwen MacKeltar, ehemals eine herausragende Physikerin und nun Ehefrau und werdende Mutter, saß verträumt in der Badewanne und lehnte sich an die muskulöse Brust ihres Mannes. Er hatte seinen starken Arm um sie gelegt, sie saß zwischen seinen Schenkeln und genoss die Wärme des schaumigen Wassers.
Mein armer Mann!, dachte sie lächelnd. Im zweiten Drittel der Schwangerschaft hätte sie ihn fast geschlagen, wenn er nur versuchte, sie anzurühren. Jetzt, im letzten Drittel, war sie geneigt, ihn zu schlagen, wenn er es nicht tat. Häufig und genau so, wie sie es sich wünschte. Ihre Hormone spielten verrückt, aber nichts klappte so, wie sie es berechnet hatte.
Aber Drustan hatte ihr nach den Marathon-Sitzungen, die sie gehabt hatten, die letzten Monate offenbar verziehen. Es machte ihm nichts aus, dass sie fett war. Er sann sogar ständig auf neue, ungewöhnliche Methoden, sie zu lieben und für die körperliche Veränderung zu entschädigen. Die Spiele in der Badewanne gehörten zu Gwens liebsten.
Es war sieben Uhr abends, und im Badezimmer waren Dutzende von Kerzen verteilt. Ihr Mann nahm sie gerade in seine starken Arme, da schlug die Türglocke an.
Drustan drückte ihr einen Kuss auf den Nacken. »Erwartest du jemanden?«, fragte er und biss sie vorsichtig.
»Mmm. Nicht, dass ich wüsste.«
Farley würde die Tür öffnen. Farley, mit vollem Namen Ian Llewelyn MacFarley, war ihr Butler, und jedes Mal, wenn Gwen an ihn dachte, schmolz ihr das Herz. Farley war an die achtzig, hatte schlohweißes Haar, war groß und ging gebeugt. Er log, was sein Alter betraf, und Gwen liebte ihn.
Auch Drustan hatte eine rührende Schwäche für den alten Kauz. Mit einer wahren Engelsgeduld hörte er sich dessen unglaubliche Geschichten an, wenn die beiden abends am Kamin einen kleinen Schluck tranken.
Drustan hatte sich sehr gut in Gwens Jahrhundert eingelebt, aber ein Teil von ihm würde immer der Laird aus dem sechzehnten Jahrhundert bleiben. Als sie ihr neues Heim bezogen, gab Drustan nicht, wie das für das moderne Zeitalter normal gewesen wäre, eine Anzeige in der Zeitung auf. Er wandte sich auch nicht an eine Stellenvermittlung. Vielmehr ging er nach
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