Der dunkle Kreuzzug
Der Hohe Lord kann anGa’e’Ra nicht gutheißen, hi Imperator, so groß die Freundschaft und der Respekt Ihnen gegenüber auch sind.«
»Im Großen Saal, se Mya’ar, will mir der Beirat vorschlagen, die Beziehungen zum Hohen Nest abzubrechen. Soll ich diesen Leuten sagen, das Hohe Nest geht auf Abstand zum Kurs des Sol-Imperiums, weil es die Zerstörungen jenseits des Risses für überzogen hält?«
»Es geht nicht um die Zerstörungen und auch nicht um die Toten. Der Hohe Lord hat keinen Einwand, wenn der Prophet jedes Mitglied der verfluchten Spezies tötet, doch er ist darüber hinausgegangen. Diese von den esGa’uYal geschaffene Person dient ihnen jetzt – oder sie hat sogar bereits die Befehlsgewalt über sie erlangt. Vor mehr als hundert Standardjahren versuchten die esGa’uYal , eine Spezies durch eine andere auslöschen zu lassen: Ihre und meine. Nun haben sie es erneut versucht, und nachdem
ihre Unterstützung der Vuhl fehlgeschlagen ist, wollen sie stattdessen diese Spezies vernichten.«
»Warum?«, fragte der Imperator, ohne allen Ernstes eine Antwort zu erwarten.
»Das kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Aber es ist klar, wenn diesem Zwang zum Zerstören weiter Vorschub geleistet wird, dann kann er nicht irgendwann einfach wieder gebändigt werden. Vielmehr wird er sich gegen andere Widersacher richten« – er hielt seine Flügel im Mantel der Wachsamkeit -, »auch gegen das Volk. Und letztlich wird er sich sogar gegen das Imperium selbst richten. Was ist denn bereits geschehen, hi Imperator? An jeder Flügelspitze findet sich ein Jäger – und jeder von ihnen trägt das Symbol des Flammenden Sterns. Als die Anhänger des Flammenden Sterns zum ersten Mal auftauchten, waren sie nichts weiter als hsth -Fliegen, und inzwischen sprechen sie für die Hüter und diktieren den Mitgliedern des Beirats, was diese zu sagen und denken haben.«
»Sie halten den Flammenden Stern für den Feind?«
»Er macht mit dem Feind gemeinsame Sache, hi Imperator. Was uns im Großen Saal erwartet, ist ein Ultimatum des Flammenden Sterns an das Hohe Nest: Kehrt nach Ur’ta leHssa zurück, sonst seid ihr das nächste Ziel des Dunklen Kreuzzugs.«
»Ich kann nicht glauben …«
»Es ist längst nicht mehr nur eine Frage des Glaubens«, unterbrach ihn Mya’ar erregt. Es zeugte von seiner Aufgeregtheit, dass er dem Imperator ins Wort gefallen war. Normalerweise war er ein zu gut ausgebildeter Diplomat, als dass ihm so etwas auch nur in den Sinn gekommen wäre. »Man wird die Loyalität des Volks infrage stellen. Ich versichere, dass diese Frage ein für alle Mal durch esHu’ur beantwortet worden ist.« Ein- oder zweimal wechselte er die Flügelhaltung, als sei er sich nicht sicher, wie er sie ausrichten sollte. »Aber wir wenden uns von diesem Kreuzzug ab, und wenn er sich gegen uns richtet, dann werden wir ihn bekämpfen.«
»Ich versichere Ihnen, se Mya’ar, dass ich nicht die Absicht habe,
imperiale Streitkräfte gegen das Volk einzusetzen.« Imperator Dieter blickte Mya’ar tief in die Augen, als suche er dort nach einer Antwort. »Ich strebe nach nichts anderem als nach Freundschaft mit Ihrer Spezies.«
»Ich werde mir diese Worte einprägen, hi Imperator. Aber denken Sie in den kommenden Sonnen auch an meine Worte. Wenn man Sie von unserer ›Doppelzüngigkeit‹ und unsere ›bösen Absichten‹ überzeugen will, dann denken Sie an das, was wir gesagt haben.« Er brachte seine Flügel in eine Pose der Ehre gegenüber esLi .
»Ich habe nur eine weitere Frage, se Mya’ar. Wann entschied hi Sa’a, sich vom Propheten abzuwenden? Welchen Grund gab es dafür? Welchen Auslöser?«
Mya’ar hielt wieder kurz inne und dachte nach. Zu Beginn des Krieges hatte er mit dem Imperator über die Suche nach dem gyaryu gesprochen. Anstatt dabei dem Rat des weisen ha T’te’e zu folgen und dem Imperator zu erzählen, was der verstehen konnte, hatte er sich bemüht, ihm die Wahrheit in einfachen Worten zu vermitteln.
Nun gelangte er zu der Ansicht, er sollte jetzt genauso verfahren. Langsam und mit se Simons Hilfe schilderte er, was der Hohe Lord auf der Ebene des Schlafs von si Owen erfahren hatte, welche erklärten Absichten der Prophet verfolgte und wie das Hohe Nest auf das Ultimatum reagierte. Als Mya’ar geendet hatte, fasste der Imperator seine Unterarme, dann führte er die Vertreter des Hohen Nests zum Großen Saal, wo der Imperiale Hof – einschließlich jener esGa’uYal , von deren Anwesenheit Mya’ar
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