Der dunkle Kreuzzug
die Laune eines verrückten Admirals, aber bringen Sie uns auf den Weg und holen Sie jeden an Bord, den Sie mitnehmen können. Die Station kann sechs Stunden lang im Automatik-Modus laufen.«
»Aye-aye«, sagte er und verschwand.
Auf dem verlangsamt ablaufenden Video hatte das farbige Lichtband den erfassten Bereich überschritten, die Aufzeichnung stoppte.
Zu der Zeit, als Arturo sie gerufen hatte, war das Band seit achtzehn Minuten im System und hatte dabei eine Strecke von etwa dreihundert Millionen Kilometern zurückgelegt. Ein Band, das sich durch die äußeren drei Kreisbahnen schnitt, maß schätzungsweise die Hälfte der Kreisbahn des äußersten Planeten – irgendwo zwischen ein und zwei Milliarden Kilometern.
Vierundneunzig Minuten. Irgendetwas würde sich ereignen, wenn das Ding den Riss erreichte, auch wenn Barbara nicht einmal vermuten konnte, was es sein würde. Man mochte sie für verrückt halten – und einige ihrer Captains taten das mit Sicherheit, weil sie sie anwies, schnellstmöglich das System zu räumen und Passagiere an Bord zu nehmen -, aber die Vorstellung, dass zwei unerklärliche Phänomene aufeinandertreffen würden, behagte ihr ganz und gar nicht.
»Arturo«, sagte sie über Kom und beobachtete auf dem Pilotendisplay, wie die Linie länger und länger wurde. »Verfolgen Sie das Ding zurück. Ich will wissen, woher es gekommen ist.«
»Ich schätze, mein Offizierspatent kann ich doch noch eine Weile behalten«, erwiderte ihr XO. »Ist schon passiert. Innerhalb der nächsten fünfzig Parsec durchquerte es nur ein System: UPENDRA.«
»Da ist doch die Flotte, oder?«
»Richtig, Ma’am.«
»Dieses Ding kam aus UPENDRA?«
»Es kam aus Richtung UPENDRA, Admiral. Aber ich weiß nicht, wie weit es gesprungen ist. Es traf hier mit Lichtgeschwindigkeit ein. Es hätte jede beliebige Entfernung zurücklegen können, und der Transit aus dem Sprung lief praktisch von einem Moment zum anderen ab.«
»Augenblicklich?«
»Ja, Ma’am, das dürfte das Wort sein, nach dem ich gesucht habe.« Sie konnte sich vorstellen, wie er in diesem Augenblick lächelte. »Was immer dieses Ding ausgelöst hat, es kann selbst erst unmittelbar zuvor geschehen sein.«
»Dann ist etwas bei UPENDRA vorgefallen. Aber das da sieht nicht nach einem Werk der Vuhl aus. Also gut, System räumen lassen. Und halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Ein Dutzend Schiffe sowie sämtliches Personal von stationären Einrichtungen über eine Entfernung zu verlegen, die einem halben Sonnensystem entsprach, ist keine Kleinigkeit, aber Barbaras Leute waren genau darauf gedrillt worden. Die hundertfünfzig Mann von der Orbitalstation hatten sich innerhalb von achtzehn Minuten nach dem Alarm auf die Tristan , die Tikal und die drei anderen an der Station angedockten Schiffe verteilt, sodass alle fünf exakt bei T+20 ablegen konnten. Sie würde es allen Beteiligten erst später sagen, aber sie war verdammt stolz darauf, wie gut sie alle reagiert hatten. Die Hüter auf dem B-Deck waren gar nicht glücklich darüber gewesen, aber Barbaras Marines hatten dafür gesorgt, dass sie nicht zu ihr auf Brücke kommen konnten.
Zwanzig Personen hielten sich an verschiedenen Positionen im System verteilt auf, aber als die Tristan sich auf den Weg machte,
waren sie vollzählig eingesammelt worden. Der Schiffsverkehr durch den Riss war zum Glück nur schwach. Zivile und andere Schiffe, die auf dem Weg ins Portal-System waren, wurden sofort nach KEYSTONE zurückgeschickt. Niemand protestierte gegen diese Anweisung, da jeder auf seinem eigenen Pilotendisplay ebenfalls das Lichtband sehen konnte.
Etwas mehr als eine Stunde später, saß Admiral MacEwan im Pilotensessel und sah zur Uhr. Das Lichtband war nur noch sechzehn Minuten vom Zusammentreffen mit dem Riss entfernt. Alle zivilen Schiffe hatten das System verlassen, und die Schiffe, die dem Riss am nächsten waren, hatte sie bereits auf die andere Seite geschickt.
Diese Schiffe meldeten etwas Bedenkliches: Der Riss hatte eine Breite von neunhundert Kilometern, nur noch rund sechzig Prozent jener Breite, als die Schlacht um KEYSTONE ausgetragen worden war. Im Vergleich zu den Werten, die man erst noch ein paar Tage zuvor gemessen hatte, deutete das auf eine Beschleunigung, über die sie lieber gar nicht nachdenken wollte.
Was war nur bei UPENDRA geschehen?
» Sheng Hua, Sheng Tse , beeilen Sie sich.« Die beiden Schiffe der sechsten Generation waren zu einem Umweg über die inneren
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