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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Rasiermesser, hatten den Stoff säuberlich durchschnitten. Er spuckte wütend aus und wischte sich das nasse Haar aus der Stirn. »Was ist los? Zunge verschluckt, Canda Giftmischerin?«
    »Wie … wie konntest du so schnell hier sein?«, stammelte ich.
    Er schnaubte. »Viele Wege führen nach Tibris, da musst du dir schon etwas Besseres einfallen lassen, als eine Brücke hinter dir zu kappen. Und wenn du schon schmierige Tricks mit Gift versuchst, solltest du dich vergewissern, dass du es nicht mit einem verweichlichten Stadtjungen zu tun hast, den ein Tropfen Schlangengift tagelang außer Gefecht setzt.«
    Ich würgte an einem Husten, meine Lunge brannte noch.
    »Stimmt, mit schmierigen Tricks kennst du dich besser aus als ich.« Meine Stimme war ein raues Krächzen. »Vielleicht bin ich hinterhältig, aber du bist ein Verräter und Lügner! Du kennst die Entführerin, und die ganze Zeit über hast du mich in die Irre geführt, damit sie fliehen kann.«
    Zwei Haie kletterten an Land. Der eine hatte die harmlose Gestalt eines sechsjährigen Kindes, der andere war eine graue Dame, eisern, schön und kalt. Sie starrten uns aus glanzlosen Augen an, doch sie wagten sich nicht vor, als würden sie vor Amad Respekt haben.
    Meine Stimme war heiser, als hätte ich schon die ganze Zeit geschrien.
    »Ich war dumm genug, dir zu glauben. Du wolltest Tian opfern, um deine Geliebte zu retten. Mich wolltest du dazu bringen, aufzugeben und ohne Tian in die Stadt zurückzukehren. Und dafür hast du mich mit deinen Berührungen und Geschichten eingelullt, hast jeden Zweifel zum Schweigen gebracht und meine Angst und Einsamkeit ausgenutzt.« Jedes Wort schmeckte bitterer.
    »Und andere lächeln süß und küssen ihre Opfer, bevor sie sie vergiften«, erwiderte Amad genauso hart.
    »Du hast dich ja nicht gerade gewehrt«, fauchte ich.
    Heute glommen Amads Augen wirklich. Vor Wut. Mit einem Satz sprang er auf. »Dann sind wir ja quitt. Zumindest, was das betrifft.« Er wollte sich umdrehen und gehen, aber ich kam auf die Beine und riss ihn grob zurück.
    »Du schuldest mir immer noch Antworten, Amad!«
    Sein verächtliches Lachen war wie eine Ohrfeige. »Dir schuldet immer jemand etwas, Prinzessin, nicht wahr?«
    »Allerdings. Meine Gabe zum Beispiel! Sie wurde nicht zerstört, deine Geliebte hat sie mir gestohlen!«
    Amad erstarrte. Immer noch krallte ich mich in Amads Ärmel, ließ ihn nicht gehen, spürte die Angespanntheit, die Drohung, die von ihm ausging, und hielt ihr stand. Die Nacht schien zu pulsieren und wie damals am Lagerfeuer fühlte ich mich wie am Rand eines Abgrunds.
    Eure Chance, Wächterschatten , dachte ich bitter. Es braucht nur ein Flüstern und er ertränkt mich, bevor die Haie mich fressen können. Aber komischerweise war ich zu betäubt, um wirklich Angst zu haben. Vielleicht ist das so, wenn man die Schwelle des Todes betreten hat .
    »Lass mich los, Canda.« Ein Befehl wie ein Knurren, bedrohlich und leise. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, die weißen Knöchel schienen im Mondlicht zu leuchten.
    »Nicht bevor du mir die Wahrheit sagst! Denkst du im Ernst, du kommst damit durch? Selbst wenn du mich reingelegt hättest und wir ohne Tian nach Ghan zurückgekehrt wären, glaubst du, du kannst deine Liebste vor dem Zorn der Mégan retten?«
    »Meine Liebste.« Er schnaubte verächtlich und wand sich mühelos aus meinem Griff. Manchmal vergaß ich, wie stark er war.
    »Wer ist sie?«, rief ich. »Auch eine Kriegsgefangene? Hat sie dich verraten? Und wenn ja, warum willst du sie retten? Oder steckst du selbst in Tians Entführung mit drin?«
    »Tians Entführung«, sagte er fast amüsiert. »Als ob es darum ginge.«
    »Worum geht es dann?«, schrie ich.
    In Mondlicht war sein kaltes Lächeln eine Sichelklinge. »Fragen wir meine Liebste doch selbst!«
    *
    Er wartete nicht auf mich, und meine Hand lag am Dolch, während ich ihm hinterherstolperte. Jetzt hätte ich mir die Graue an der Seite gewünscht, aber sie war bei Juniper, und wahrscheinlich – hoffentlich – suchten sie mich schon. Ich schwankte und mir war schwindelig, sobald ich zwinkerte, war da wieder der Schock des Fallens. Vielleicht ist das alles nur ein Albtraum , dachte ich benommen. Bitte lass mich aufwachen . Aber diese Nacht tat mir den Gefallen nicht.
    Wir kletterten über Felsen und wateten durch knietiefes Meerwasser. Schlammspringer und Krabben flohen vor uns ins Wasser und bei jedem Geräusch zuckte ich zusammen, weil ich fürchtete, es

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