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Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Es war Kallas, die als Erste ein Fenster erreichte. Glas splitterte unter ihrem Tritt, sie schwang sich mit einer schlangengleichen Verrenkung in das Innere des Raums und zog Trinn hinein. Er reichte mir die Hand und half mir – und diese Berührung genügte, um eine Lawine an Erinnerungen über mich hereinbrechen zu lassen. Die Wüste und die blauen Malereien, Manoa, die mit dem Zug nach Tibris fuhr und mir Lektionen über die Natur von Geistern gab … und hundertmal Amad. Einer von ihnen , hallte es in mir wider. Ich habe mich in einen von ihnen verliebt! Aber er ist an einen anderen Menschen gekettet. Und ich konnte nur voller Entsetzen ahnen, an wen.

Ich keuchte auf, als wir hinter einer Biegung fast über einen Hund gestolpert wären. Er lag auf der Seite, als wäre er im Sprung gestorben und noch ein Stück weitergeschlittert. »Vielleicht hat ein Querschläger ihn getötet«, flüsterte Meon. »Sie haben sich im oberen Trakt verteilt!«
    Wir flüchteten zwei Stockwerke weiter nach unten, verharrten am Endpunkt mehrerer Gänge. Rufe echoten, Schritte entfernten sich, Türen donnerten, aber wir machten nicht den Fehler, auf die Tricks einer solchen Treibjagd hereinzufallen. Eng aneinandergedrängt harrten wir hier aus, bereit, jederzeit eine Richtung zu wählen. »Wie viele sind es, Canda?«, flüsterte Kallas.
    »Ich weiß es nicht«, wisperte ich zurück. »Ich bin vor ihnen geflohen, bevor ich sie zählen konnte.«
    »Sechs oder sieben«, schätzte Meon. »Den Stimmen nach zu urteilen, die wir im Wald gehört haben. Minus den Kommandanten, den haben wir bereits auf der Treppe erledigt. Aber vielleicht wartet vor dem Palast ein Söldnerheer.«
    Ich reichte Kallas Amads Revolver und starrte auf die Biegung zum Gang, den Finger am Abzug der Waffe des Soldaten, die ich aufgehoben hatte. Sie lag ungewohnt schwer in meinen Händen. Die Stille war nun dicht wie Wasser, nur unser Atem hallte hier wider. »Von hier kommen wir über zwei Nebengänge zur Halle am Nordausgang«, flüsterte Meon. »Los!«
    Wir warteten an jeder Etappe, bis wir sein Zeichen sahen, und folgten ihm erst dann weiter durch das Labyrinth nach unten. Über uns klackerten Mechaniken, hallten ferne Echos. Meon verschwand und wir harrten an die Wand gelehnt aus, im Sichtschutz einer Nische. »Wie damals«, wisperte mir Trinn zu. Sein Atem kitzelte mein Ohr und seine Worte waren so leise, dass sie fast wie Gedanken waren. »Wir saßen in der Falle. Wir wollten die Überlebenden unter unseren Verbündeten aus dem Festungsring befreien, damit sie fliehen konnten – über die Wege der Hautwanderer. Sie hätten ihre Stadt aufgeben müssen, aber sie konnten über die geheimen Wege von der Wüste direkt in die Berge gelangen, oder ans Meer. Dort wären sie in Sicherheit gewesen …«
    »Sei still!«, zischte Kallas. Trinn verstummte gehorsam. Aber wir sahen einander aus nächster Nähe an. Schau hin! , formte Trinn mit seinen Lippen. Dann rückte er näher heran und küsste mich sacht, ganz sacht auf die Wange. Es war wie ein Erschrecken in tiefster Seele. Lautlos wie in einem Stummfilm flackerten Trinns Erinnerungen in mir auf und verloschen, um neuen Szenen Platz zu machen Ein schwarzes Heer mit Maskenhelmen, das die Stadt stürmte. Wasser, das aus Pumpen schoss und den Wüstenboden tränkte. Die Mitglieder der Familie Labranako zückten handlange Metallspitzen. Sie verwundeten die schwarzen Krieger, als diese sie mit Waffenschutz aus einem Gebäude führen wollten, aus dem Hinterhalt. Blut floss, vermischte sich mit Wasser, wurde zu einem Flackern von Blau, das die Krieger ergriff und straucheln ließ, ihnen alle Kraft nahm. Hinter blauem Glas verloschen schreiende Münder und wurden unsichtbar. Ein neuer Schauplatz: Die Wüste, Krieger auf dem Rückzug, die zu einem Höhleneingang strebten. Wasser floss daraus wie ein Strom aus einem flachen Maul, Waffen zerbrachen bei der Berührung mit dem Nass, die Luft glühte vor Magie. Krieger der Familie Siman trieben die Flüchtenden zurück, ein erbitterter Kampf. Eine zierliche Kriegerin in schwarzem Harnisch mit Armschonern aus Kupfer tötete einen Labranako und rettete damit einen der Ihren. Ich wusste, dass die Frau Meda war. Zierlich, mit flammend rotem Haar, kämpfte sie mit einem gebogenen Schwert voller Entschlossenheit und Zorn. Bis ein Pfeil sie in den Nacken traf und ihre Hände und Beine alle Kraft verloren. Tana Blauhand senkte den Bogen. Meda fiel und rollte zur Seite. Für einen Moment

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