Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Kuss der Sterne

Der dunkle Kuss der Sterne

Titel: Der dunkle Kuss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
wenn mein Plan aufgeht, bringe ich den Reichtum hundertfach nach Ghan zurück.«
    »Was hast du davon?«, fragte der Mégan. »Mégana wirst du nicht mehr.«
    Ich zog die Stirn kraus, als hätte er mich gekränkt. »Sicherheit und gefestigte Macht für meine Familie, eine Zukunft für meine Schwester. Es ist immer noch die Stadt meiner Ahnen. Und …« Ich leckte mir über die Lippen, als würde es mir schwerfallen, eine Schwäche einzugestehen, »vielleicht erweist Ihr mir auch die Gnade, trotz allem ein Leben führen zu dürfen, das meinen Gaben entspricht. Manoa ist alt, vielleicht muss schon bald jemand anderes ihre Aufgabe erfüllen. Ich bin eine Moreno und ich wäre eine würdige Hüterin der blauen Wege.«
    Gut , murmelte Meon. Demut gefällt ihnen. Sie haben es geschluckt.
    Der Mégan lachte ein knarrendes Greisenlachen. Aber die Art, wie er sich wie ein sehr viel jüngerer Mann mit einem katzenhaft anmutigen Schwung in die Lehne zurückfallen ließ, brachte Amad zum Vorschein. Ich musste den Blick abwenden. Er leiht sich auch seine Jugend, dachte ich voller Wut.
    »Na schön, dann sehen wir uns das Angebot deines Fischermädchens mal an.« Er ließ die Rechte seiner Frau los. Eine Klingel schrillte. Ein Diener erschien an einer Seitentür. »Bringt die Reisende!«
    Wieder einmal merkte ich, wie wenig ich im Grunde von meiner Stadt wusste. Ich hatte damit gerechnet, dass ich Juniper erst bei der Übergabe der Gabe wiedersehen würde – irgendwo in einem Handelshaus im unteren Teil des Zentrums vielleicht. Aber ganz sicher nicht hier im obersten Teil des Turms. Von Kindheit an hatte ich gelernt, dass kein Niederer jemals den Eisernen Turm betreten durfte. Aber Reisende, die Geld mitbrachten, entweihten diesen heiligen Boden offenbar nicht.
    »Danke, Höchster Vater. Und … darf ich noch eine Frage stellen?«
    Der Mégan lächelte Amads spöttisches, schiefes Lächeln und verschränkte die Arme. »Vertreib uns die Zeit«, meinte er gönnerhaft.
    »Er spielt nur mit dir«, warnte mich Kallas.
    Das weiß ich!, hätte ich ihr am liebsten zugezischt.
    »Am Ende des blauen Wegs, der von Tibris in die Höhle zu den Schädelfeldern führt, gibt es Höhlenzeichnungen, die das große Chaos darstellen. Tana Moreno und vier andere wurden hingerichtet. In unseren Geschichtsbüchern steht aber, Tana sei die erste Herrscherin gewesen.«
    »Die erste Herrscherin hat ihr zu Ehren ihren Namen angenommen«, antwortete die Mégana.
    »Aber warum mussten Tana und die anderen sterben?«
    »Du kennst die Antwort. Die Traumdeuter der fünf großen Familien haben sich geopfert, um ihren Stämmen Macht zu schenken. Sie haben den Medasleuten ihr Wort gegeben und ihr Vertrauen gewonnen. So erhielten sie die blauen Wege und magischen Fähigkeiten, die sie über die Gewöhnlichen erhoben. Aber sie haben den Vertrauenspakt gebrochen, in Absprache mit ihren Stämmen, das war der Plan von Anfang an. Mit Medas Magie schufen sie ein Zwischenreich und banden das Medasvolk darin. Es ist eine Kunst, ein Volk mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen. Aber es ist auch ein Gesetz aller Wirklichkeiten, dass sich Magie ins Gegenteil verkehrt, wenn ein solcher Verrat nicht gesühnt wird. Tana und die anderen wussten das. Blut gegen Blut. So knieten sie freiwillig vor den Henkern in den Sand und bezahlten für ihre Stämme den Preis. Und indem sie das letzte Geheimnis ihrer Magie mit sich nahmen, versiegelten sie ihre Tat in unserer Wirklichkeit. Dafür weben wir ihre Legende und erweisen ihnen die Ehre ewigen Ruhms.« Anerkennend nickte sie mir zu. »Du bist deiner Ahnin Tana würdig.«
    Ich antwortete mit einem Kallas-Lächeln, das sogar ihre Miene sofort weicher werden ließ.
    »Ich werde meinen Pakt erfüllen! Erfüllt Ihr auch Euren, Höchste Mutter?«
    Die Mégana nickte. »Tian wartet nach der Anhörung deiner Dienerin im Gefängnis auf dich. Wir haben bereits Anwärter aus unseren Kreisen für seine Gaben gefunden.«

Juniper trat lautlos ein. Mit gesenktem Kopf, wie es ihr gesagt worden war. In dieser polierten Pracht wirkte sie in ihren Fischerhosen und ihrer Jacke mit den unzähligen Taschen wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Einer raueren, schöneren Welt , dachte ich. Voller Gefahren, Ungewissheit, Weinen und Lachen.
    Der Mégan kam ohne Umschweife zur Sache. »Los, dein Angebot!«
    Ich zuckte innerlich zusammen. Noch nie war mir so klar vor Augen geführt worden, dass die hochwohlgeborenen Méganes die rohe Sprache von Seelenhändlern

Weitere Kostenlose Bücher