Der dunkle Punkt
sind... Nein, ich hab’ noch nicht mit ihr gesprochen. Aber Donald hat... Ja, Donald Lam, mein Partner.«
Dann hörte man für eine Weile nur das metallische Krächzen der Stimme des Anrufers. Bertha lauschte aufmerksam. Schließlich sagte sie: »Nun ja, ich denke schon.« Sie sah mich an, bedeckte das Mundstück mit der Hand und erklärte: »Er möchte, daß ich morgen früh hingehe und mit ihr spreche.«
»Warum nicht?«
Sie nahm schnell die Hand weg. »Ja, Mr. Hale, ich verstehe.« Dann hielt sie das Mundstück wieder zu und sagte zu mir: »Ich soll ihr Vertrauen gewinnen und sie ausholen.«
»Gib acht«, warnte ich. »Roberta ist kein Dummkopf. Versprich nicht zuviel und leg dich nicht fest.«
»Gut, Mr. Hale, ich werde tun, was in meiner Macht steht... Ja, ich nehme Donald mit. Wir fangen sie ab, bevor sie zur Arbeit geht. Und was soll ich ihr sagen?«
Hale erteilte seine Instruktionen. Er sprach so laut, daß ich fast alles mitbekam. Dann war wieder Bertha an der Reihe. »Abgemacht, Mr. Hale, und ich halte Sie auf dem laufenden. Soll ich telegrafieren oder... Geht in Ordnung. Danke schön... Ja, wir finden auch, daß wir auf Draht sind... Gute Nacht, Mr. Hale... Hallo, warten Sie einen Moment. Wenn Sie von hier aus angerufen werden, dann sagen Sie doch der Vermittlung, das Gespräch wäre gestrichen... Also, gute Nacht.«
Bertha drückte die Gabel herunter, rüttelte daran herum und brüllte: »Hallo... Hallo, Zentrale. Hier ist Mrs. Cool. Ich spreche von Mr. Lams Zimmer aus... Ja, ganz recht, Mr. Lams Zimmer... Nein, ich bin ausgezogen... Richtig. Ich hatte ein Gespräch nach New York angemeldet, mit einem Mr. Hale... Ja, Sie können es streichen. Ich habe eben mit ihm gesprochen... Nein. Er hat mich angerufen... Ach, zum Kuckuck, streichen Sie’s und fragen Sie nicht erst lange... Ja, Sie brauchend nur zu streichen!«
Bertha knallte den Hörer auf die Gabel, drehte sich zu mir um und schnappte nach Luft. »Meine Güte, die hat sich angestellt, als wär’s ein Verbrechen, wenn man ein Gespräch streichen läßt. Verdammte Wichtigtuerei! Seine Maschine mußte irgendwo zwischenlanden. Ich hab’ den Namen von dem Flugplatz nicht mitbekommen. Wo, zum Henker, bleibt unser Essen? Ich...«
Es klopfte diskret an der Tür.
»Herein«, sagte ich.
Zwei Kellner erschienen, breiteten ein weißes Tuch über den Tisch, deckten ihn mit Tellern, Bestecken, Gläsern, einer Karaffe mit Eiswasser, stellten Wärmeplatten zurecht und servierten das Essen.
Bertha läßt sich beim Essen nicht gern stören. Sie stopft sich schweigend voll und ist erst wieder ansprechbar, wenn sie beim Kaffee angelangt ist. Ich wartete, bis sie ihren Teller zurückschob und sich eine Zigarette anzündete. Dann fragte ich: »Wann soll’s morgen früh losgehen?«
»Ich bin um sieben unten vor dem Hotel, und weh dir, wenn du mich warten läßt. Ich habe keine Lust, im Taxi herumzusitzen und mit anzusehen, wie die Uhr weitertickt. Wenn ich komme, mußt du auf der Straße stehen und sofort zusteigen. Also, sei gefälligst pünktlich!«
»Zu Befehl!«
Der Kellner tauchte wieder auf und erkundigte sich, ob die Herrschaften einen Nachtisch wünschten. Bertha lehnte friedlich in ihrem Sessel und blies den Zigarettenrauch gegen die Decke. »Ja, bringen Sie mir eine doppelte Portion Schokoladeneis mit Früchten«, bestellte sie genießerisch.
8
Bertha schien ehrlich überrascht zu sein, als ich Punkt sieben aus dem Hotel trat und zu ihr ins Taxi stieg. Ich wünschte ihr einen guten Morgen. Sie antwortete nicht. Ihre harten grauen Augen funkelten grimmig. Sie betrachtete mich und die Welt ringsum mit verkniffener Miene.
»Na, hast du gut geschlafen?« erkundigte ich mich.
»Geschlafen!« wiederholte sie mit einem Knurren, das wie eine Verwünschung klang.
Ich nannte dem Taxichauffeur die Adresse in der St. Charles Avenue. »Was ist los?« fragte ich. »War’s zu laut?«
»Als ich jung war, hing man seine Techtelmechtel nicht an die große Glocke. Man knutschte sich nicht in aller Öffentlichkeit ab und kreischte auch nicht dazu wie eine Horde Affen.«
»Wieso? Hat dich ein allzu temperamentvolles Liebespärchen am Schlafen gehindert?«
»Eins!« rief Bertha böse. »Es waren mindestens ein Dutzend, und sie machten einen Krach, daß die Scheiben klirrten. Es ist eine Schande, wie sich die jungen Leute heutzutage aufführen. Auf der Straße, und noch dazu ausgerechnet unter meinem Fenster! Ich hab’ kein Auge zugetan. Seit heute nacht
Weitere Kostenlose Bücher