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Der dunkle Punkt

Der dunkle Punkt

Titel: Der dunkle Punkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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knallte ihn nieder und machte sich aus dem Staube.«
    »Wurden Sie verdächtigt?«
    »Verdächtigt? Warum denn?« fragte sie entgeistert.
    »Daß Sie mit dem Mord etwas zu tun hatten.«
    »Gerechter Himmel, nein! Alle Leute waren furchtbar nett zu mir und bedauerten mich. Aber - also, ich war von da an gewissermaßen gezeichnet. Meine Arbeitskollegen redeten von nichts anderem, und einmal, als ich mich mit einem Jungen verabredet hatte, den eins der Mädel nicht leiden konnte, nahm sie mich beiseite und las mir die Leviten. Ein Mann hätte meine Ehre mit seinem Leben verteidigt, und deshalb dürfte ich mich nicht mit jedem dahergelaufenen Schnösel einlassen.«
    »Was haben Sie ihr darauf geantwortet?«
    »Am liebsten hätte ich ihr eine geknallt. Aber natürlich hab’ ich nur freundlich gelächelt und mich bedankt. Ich kündigte und suchte mir eine andere Stellung. Aber überall war es dasselbe Lied. Sobald meine Geschichte bekannt wurde, begannen die Leute, mir Vorhaltungen zu machen. Anscheinend bin ich nun mal eine verdammte Heidin. Ich hatte den Mann nicht geliebt, ich hatte ihn nur ganz gern. Ab und zu ließ ich mich von ihm einladen, aber das hinderte mich nicht daran, auch mit anderen Männern auszugehen. Ich hatte nicht die Absicht, ihn zu heiraten. Hätte ich geahnt, was er tun würde, dann hätte ich ihn bestimmt zurückgehalten. Ich habe ja nicht von ihm verlangt, daß er für mich stirbt. Es war tapfer, es war sicher wundervoll - das bestreite ich gar nicht -, aber, verdammt noch mal, es war so blödsinnig extravagant.«
    »Vermutlich hätte jeder Mann in einer solchen Situation genau dasselbe getan.«
    Sie lächelte. »Es ist erwiesen, daß das nicht zutrifft. Im Gegenteil.«
    Ich wußte, daß sie recht hatte, und schwieg.
    »Schließlich hatte ich den ewigen Tratsch und die ständigen Anspielungen auf die Tragödie und die andauernden Ermahnungen so satt, daß ich mich still und heimlich verdrückte. Ich ging nach New York und verschaffte mir einen Job als Fotomodell. Eine Zeitlang war alles in bester Ordnung, dann erkannte mich irgend jemand auf den Fotos, und schon begann das Geschwätz von neuem. Das war verdammt bitter. Fast ein ganzes Jahr lang hatte ich wie ein ganz gewöhnlicher Mensch frei und unangefochten gelebt, von niemandem beachtet und bekrittelt, und da ...«
    »Da ergriffen Sie wieder die Flucht.«
    »Ja. Ich hätte mir nicht gerade einen Beruf aussuchen dürfen, in dem man so viel fotografiert wird. Deshalb beschloß ich, in einer anderen Stadt neu anzufangen und um jede Kamera, die vor mir auftauchte, einen großen Bogen zu machen.«
    »Sie gingen also nach New Orleans?«
    »Ja. Den Rest wissen Sie bereits.«
    »Wie lernten Sie Edna Cutler kennen?«
    »Das weiß ich nicht mehr genau, ich glaube, in einem Café oder Restaurant - es könnte das >Haus Bourbon< gewesen sein. Dort verkehrten nur Stammgäste. Jeder kannte jeden. Na, egal, auf jeden Fall trafen wir uns dann ziemlich oft, und mit der Zeit merkte ich, daß sie auch auf der Flucht war. Eines Tages erzählte sie mir, sie wäre einer ehemaligen Freundin in die Arme gelaufen, und die würde bestimmt die ganze Bande auf sie hetzen. Da schlug ich ihr den Namenstausch vor, damit sie für eine Weile ganz untertauchen konnte.«
    »Dieser Punkt ist wichtig, Rob. Denken Sie gründlich darüber nach. Ging der Vorschlag von Ihnen aus oder von Edna?«
    Sie überlegte. »Warten Sie, ich glaube, die Idee stammte von ihr. Zuerst hat sie ein bißchen vorgefühlt und ein paar Andeutungen gemacht - und dann ergab es sich fast von selbst.«
    »Sind Sie dessen sicher?«
    »Ja, absolut. Ich würde ganz gern noch was trinken, Donald. Mein Schwips ist völlig verflogen, und dabei wollte ich heute nacht ein bißchen ausgelassen sein, an Türklingeln schellen und die Welt auf den Kopf stellen. Können wir nicht von etwas anderem sprechen?«
    »Später, Rob. Vorher möchte ich noch ein paar Einzelheiten erfahren. Wie war Ihnen zumute, als Sie von Nostranders Tod hörten?«
    »Versetzen Sie sich doch in meine Lage. Vor Jahren war schon einmal ein Mann um meinetwillen getötet worden, und es hatte mich Mühe genug gekostet, das Gerede und die Neugier meiner lieben Mitmenschen abzuschütteln. Na, und als ich von dem zweiten Mord erfuhr, da tat ich instinktiv das, was ich die ganzen Jahre getan hatte: Ich lief davon.«
    »Das genügt nicht, Rob«, erwiderte ich kopfschüttelnd. »Sie müssen sich einen besseren Grund ausdenken.«
    »Warum? Es ist

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