Der dunkle Punkt
freundlich.
»Natürlich. Ich bin doch nicht blöd. Marco Cutler gehört zu den oberen Zehntausend und schwämmt im Geld. Wenn er ganz offen zu uns gekommen wäre, hätten wir ihn ordentlich geschröpft. Außerdem hatte er Angst, wir könnten ihn erpressen. Deshalb spannte er den Anwalt aus New York ein, sozusagen als Mittelsmann, um uns weiszumachen, daß der Auftraggeber auch in New York sitzt.«
»Weiter. Du bist auf der richtigen Fährte.«
»Hale probiert’s erst mal auf eigene Faust. Er knöpft sich das Mädel, die Roberta, vor und versucht sie vorsichtig auszuholen. Als er nichts bei ihr erreicht, kommt er zu uns und erteilt uns den Auftrag, sie ausfindig zu machen, obwohl er genau weiß, wo sie steckt und daß es wahrhaftig kein Kunststück ist, sie aufzuspüren. Ich glaube, er wollte uns nur veranlassen, in ihrer Vergangenheit herumzuschnüffeln. Wahrscheinlich hoffte er, wir würden bei unseren Nachforschungen ein paar anstößige Affären zutage fördern, mit denen er Roberta unter Druck setzen konnte.«
»Ja, deshalb war er auch so sparsam mit seinen Hinweisen. Sobald wir ihm einen handlichen Knochen apportiert hätten, wollte er uns mit einem freundlichen Klaps und der Erfolgsprämie abschieben.«
Bertha schnaufte empört. »Dieser verdammte Teufelsbraten! Und ich Idiot mach’ ihm einen niedrigen Preis, weil ich’s für eine reine Routinesache hielt. Oh, es ist immer noch zwei- bis dreimal soviel wie das übliche Honorar, für das wir hier arbeiten, aber - herrje, wenn ich das nur eher gewußt hätte!«
»Na, jetzt weißt du’s ja. Das ist aber noch nicht alles.«
Sie sah mich gespannt an. »Schieß los!«
»Ich verfrachtete Hale in das Apartment im französischen Viertel. Er war noch nicht richtig drin, da begann er auch schon, die Bude auf den Kopf zu stellen. Tatsächlich entdeckte er in dem alten Schreibtisch ein paar vergilbte Zeitungsausschnitte mit Berichten über den Mordfall Craig. Anscheinend fuhr Craig mit Roberta Fenn spazieren. Als sie an einem einsamen Fleckchen haltmachten, tauchte ein Bandit aus dem Gebüsch auf, raubte Craig aus und wollte sich außerdem sein Mädel unter den Nagel reißen. Craig setzte sich zur Wehr und wurde niedergeknallt. Das ist jedenfalls die Version, die das Mädchen der Polizei auftischte.«
»Weiter.«
»Unter dem Papierkram im Schreibtisch fanden wir noch einen 38-er Revolver. Craig wurde mit einer Waffe des gleichen Kalibers umgelegt.«
»Dann war Roberta Fenn die Täterin und ihre Aussage ein Lügenmärchen.«
»Nicht unbedingt.«
»Na, wenn es sich herausstellt, daß es sich bei dem Schießeisen um die Mordwaffe handelt, dürfte ihre Schuld so ziemlich erwiesen sein.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ich trau’ dem Frieden nicht.
Man kann die Sache nämlich auch vom anderen Ende her aufzäumen, und in diesem Fall sind wir die Lackierten.«
»Was meinst du damit?«
»Vielleicht war der Auftrag von Anfang an nur ein Scheinmanöver, um uns Sand in die Augen zu streuen. Vielleicht drehte es sich gar nicht darum, Roberta Fenn zum Reden zu bringen. Nimm mal an, Cutler und Fiale hätten lediglich ein paar zuverlässige, unverdächtige, glaubwürdige Zeugen gebraucht, um ihrer Aktion einen ehrbaren Anstrich zu geben.«
»Welcher Aktion? Kannst du dich nicht ein bißchen klarer ausdrücken?«
»Kann ich. Also, Marco Cutler wollte sich scheiden lassen. Er wußte, daß Edna die Klage anfechten würde. Andererseits war er nicht scharf darauf, sie zu sehr unter Druck zu setzen. Er hatte selbst Dreck am Stecken und konnte sich einen Skandal nicht leisten. Edna ist nach New Orleans ausgewichen. Cutler schickt Roberta Fenn hinter ihr her. Sie nimmt Kontakt zu Edna auf, freundet sich mit ihr an und bringt ihr geschickt bei, was für eine fabelhafte Idee es wäre, wenn Edna vorübergehend von der Bildfläche verschwände. Edna stimmt zu. Sobald der Wohnungs- und Namenstausch erfolgt ist, gibt Roberta Marco einen Wink, und Cutler veranlaßt seinen Anwalt, die Scheidungsklage einzureichen. Goldring erhält den Auftrag, die Vorladung und die Abschrift der Klage an Edna auszuhändigen, und Roberta nimmt sie in der Rolle von Edna Cutler entgegen. Edna hat von alledem keine Ahnung. Man hat sie einfach beiseite gedrängt, ohne ihr auch nur die geringste Chance zu geben.«
»Und wie lief die Sache deiner Meinung nach weiter?«
»Alles geht seinen Gang, bis Edna den Braten riecht, Erkundigungen einzieht und zum Gegenschlag ausholt. Cutler
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