Der dunkle Punkt
zufälligerweise die Wahrheit.«
Ich sah sie ernst an. »Machen Sie sich nichts vor, Rob. Zwei Morde im Leben eines Mädchens sind ein bißchen zu viel des Guten. Das dürfte Ihnen doch klar gewesen sein. Sie müssen sich doch gesagt haben, daß man den alten Fall wieder aufrollen und Sie nach allen Regeln der Kunst ins Verhör nehmen würde. Wahrscheinlich fürchteten Sie, die Polizei könnte Ihnen beide Morde in die Schuhe schieben, und machten sich deshalb aus dem Staub.«
»Nein, Donald, Ehrenwort, auf diesen Gedanken bin ich niemals gekommen. Aber Sie haben natürlich recht. Genau das wird die Polizei tun.«
»Gut. Nun zurück zu diesem Liebespaargangster. Wurde er jemals gefaßt?«
»Ja.«
»Hat er den Mord gestanden?«
»Nein, diesen Mord nicht, aber eine ganze Reihe anderer.«
»Wurden Sie ihm gegenübergestellt?«
»Ja. Zuerst zeigten sie ihn mir mit acht anderen Männern zusammen und dann allein, in einem abgedunkelten Raum, mit Mantel und Hut.«
»Konnten Sie ihn identifizieren?«
»Nein. Beide Male nicht.«
»Der Mann, der Ihren Freund umlegte, trug eine Maske, oder?«
»Ja.«
»Ist Ihnen an ihm irgendwas Besonderes aufgefallen?«
»Ja. Als er hinter den Büschen hervorkam, hinkte er. Aber als er nach der Schießerei wegrannte, lief er ganz normal.«
»Haben Sie das der Polizei erzählt?«
»Sicher. Aber ich glaube nicht, daß es auf die Beamten einen großen
Eindruck machte. Bitte, Donald, lassen Sie uns von etwas anderem sprechen und noch was trinken.«
Auf meinen Wink trat der Ober an unseren Tisch. »Dasselbe?« fragte ich sie.
»Keinen Wein mehr, danke.«
»Gut, dann also zwei Scotch mit Soda. Einverstanden, Rob?«
Sie nickte. »Nun möchte ich Sie um noch einen Gefallen bitten, Donald. Geben Sie mir danach nichts mehr zu trinken.«
»Warum?«
»Ich will den Abend genießen. Es wäre scheußlich, wenn ich einen Rausch bekäme und morgen früh mit einem Brummschädel aufwachte.«
»Also dann gehen Sie mit Ihrem Scotch sparsam um«, sagte ich und grinste dabei. »Es folgt nichts mehr nach.«
Der Ober brachte die zwei Drinks. Ich trank meinen zur Hälfte aus, entschuldigte mich und steuerte auf den Waschraum zu. Sobald ich außer Sichtweite war, begab ich mich zur Telefonzelle und rief Emory G. Hale in New Orleans an.
Nach knapp drei Minuten hatte ich ihn bereits an der Strippe. Während ich den Münzfernsprecher mit Vierteldollarstücken fütterte, hörte ich Hales ungeduldige Stimme. »Hallo. Wer ist dort? Hallo, hallo.«
»Hallo, Hale. Hier ist Donald Lam.«
»Lam! Zum Teufel, wo stecken Sie eigentlich?«
»In Los Angeles.«
»Na, hören Sie mal, Lam, Sie haben mir eine schöne Angst eingejagt. Warum haben Sie mich nicht eher benachrichtigt?«
»Hatte zuviel zu tun. Ich habe Roberta Fenn auf gestöbert.«
»Nein! Wo?«
»In Los Angeles.«
»Famos! Sie sind ein Prachtkerl, Lam. Sie haben sich die Prämie wirklich...«
Ich unterbrach ihn. »Haben Sie noch einen Schlüssel zu dem Apartment?«
»Ja, natürlich.«
»In Ordnung. Roberta Fenn bewohnte es eine Zeitlang. Die Hausbesitzerin wird ihr Foto identifizieren. Es gab da irgendwelche Schwierigkeiten mit einer Scheidung, und Roberta sprang als Double für Edna Cutler ein. Edna Cutler wohnt in einem Apartmenthaus in Shreveport. Sie schickte Roberta das Geld für die Flucht aus New Orleans.
Setzen Sie sich mit Marco Cutler in Verbindung. Ich weiß nicht, in welchem Hotel er wohnt, aber das dürfte leicht festzustellen sein. Sagen Sie ihm, Edna Cutler hätte ihn ‘reingelegt; sie hätte dafür gesorgt, daß Goldring die Scheidungspapiere nicht der richtigen, sondern einer falschen
Edna Cutler auslieferte. Führen Sie ihn in das Apartment und lassen Sie ihn die alten Zeitungsausschnitte und das Schießeisen finden. Teilen Sie del Polizei Ihre Entdeckung mit und sorgen Sie dafür, daß die kalifornischen Behörden den Mordfall Craig wiederaufnehmen. Besteigen Sie danach die nächste Maschine nach Los Angeles, und ich werde Ihnen Roberta Fenn auf einem Präsentierteller servieren.«
Gute Laune brodelte in ihm wie der Kaffee in einer Espressomaschine. »Lam, das ist ja prächtig! Roberta Fenn befindet sich also in Los Angeles. Können Sie mir sagen, wo sie im Moment ist?«
»Sicher. Im Augenblick sitzt sie in einem Nachtklub. Sie ist im Begriff wegzugehen.«
»Jemand bei ihr?« erkundigte er sich eifrig.
»Momentan nicht.«
»Verlieren Sie sie nur nicht aus den Augen, Lam!«
»Bestimmt nicht. Ich hefte mich an
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