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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Fernsehstation muss den Sendebetrieb einstellen, wenn bei Straßenbauarbeiten ein Versorgungskabel gekappt wird – und so weiter.
    Schon die Herrscherschichten früherer Jahrhunderte wussten ein Lied von den seltsamen kleinen Missgeschicken zu singen, die ihren Dienstmädchen, Gärtnern und sonstigen Bediensteten bisweilen unterliefen – eine zerbrochene Vase hier, ein unbezahlbares Erbstück da, das aus einer eigensinnigen Hand rutscht…
    »Warum hast du das getan, Rastus Brown?«
    »Oh, ick hap nuar fagessn su…« Und davor gab es keinen Schutz, jedenfalls fast keinen. Niemand konnte etwas dagegen unternehmen, weder ein reicher Grundbesitzer noch ein politisch engagierter, dem Regime missliebiger Schriftsteller, noch ein kleines, gerade unabhängig gewordenes Land, das es wagte, den USA oder Russland zu drohen…
    Einmal hatte die Gattin eines amerikanischen Botschafters in Guatemala, der für seine rüden Methoden berüchtigt war, mit stolzgeschwellter Brust herumerzählt, dass ihr Mann die linksgerichtete Regierung Guatemalas sozusagen im Alleingang gestürzt habe. Nach dem abrupten Regierungswechsel war der Botschafter in eine kleine asiatische Nation beordert worden, um sich dort neuen Aufgaben zuzuwenden. Während eines Ausflugs mit seinem Sportwagen bemerkte er plötzlich einen langsam fahrenden Heuwagen, der direkt vor ihm aus einer Seitenstraße kam. Und einen Augenblick später war außer ein paar blutigen Fleischfetzen nichts mehr von ihm übrig. Weder seine rüden Methoden noch die vom CIA rekrutierte Privatarmee, die seinem Kommando unterstand, hatten ihm etwas genützt. Darüber spuckte seine Gattin dann keine stolzen Töne mehr.
    »Häh, ich was getan?«, hatte der Fahrer des Heuwagens vermutlich zu den örtlichen Behörden gesagt. »Getan, Massah? Nee, ich nix…«
    Oder zum Beispiel: Arctors Ex-Frau. Damals hatte er Ermittlungen für eine Versicherungsfirma durchgeführt – »Trinken Ihre Nachbarn eigentlich viel?« –, und seine Frau war überhaupt nicht damit einverstanden gewesen, dass er spätnachts noch seine Berichte schrieb, statt bei ihrem bloßen Anblick vor Begierde zu erzittern. Gegen Ende ihrer Ehe hatte sie aber gelernt, wie sie seine nächtlichen Arbeitsperioden sabotieren konnte – sie verbrannte sich immer beim Zigarettenanzünden die Hand, bekam irgendetwas ins Auge, putzte in seinem Büro Staub oder suchte in oder direkt neben seiner Schreibmaschine irgendwelche obskuren Gegenstände. Zuerst hatte er grollend seine Arbeit unterbrochen und sich in das Schicksal ergeben, bei ihrem bloßen Anblick vor Begierde zu erzittern – doch dann hatte er sich ja in der Küche den Kopf gestoßen und eine bessere Lösung gefunden.
    »Wenn sie unsere Tiere umgebracht haben«, sagte Luckman in diesem Moment, »werde ich sie in Grund und Boden stampfen. Ich werde sie alle kriegen. Ich heuere eine professionelle Schlägertruppe an, ein paar Panthers aus L. A…«
    »Das tun sie schon nicht«, unterbrach ihn Barris. »Was hätten sie davon, wenn sie die Tiere quälen würden? Die armen Viecher haben doch niemandem was getan.«
    »Ich etwa?«, fragte Arctor.
    »Offenbar glauben sie das«, erwiderte Barris.
    Luckman sagte: »Wenn ich gewusst hätte, dass es harmlos war, hätte ich es selber umgebracht. Erinnert ihr euch daran?«
    Barris sah ihn an. »Ja, aber sie war ein Spießer. Die Kleine ist nie in die Szene eingestiegen und sie hatte mächtig Moos. Wisst ihr noch, wie ihr Apartment eingerichtet war? Die Reichen haben keine Ahnung, was für ein kostbares Gut das Leben ist. Und darum hinkt dein Vergleich, Ernie.« Er wandte sich Arctor zu. »Erinnerst du dich noch an Thelma Kornford, Bob? Das stämmige Mädchen mit den riesigen Brüsten – sie trug nie einen BH und wir saßen einfach nur rum und guckten uns ihre Brustwarzen an. Sie kam rüber in unsere Bude, um uns zu fragen, ob wir nicht für sie dieses Rieseninsekt totmachen konnten. Und als wir ihr dann erklärten…«
    Arctor, der verkrampft hinter dem Steuer hockte, vergaß für einen Moment seine theoretischen Überlegungen und spulte in seinem Kopf noch einmal jene Szene ab, die bei ihnen allen einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte: Thelma, die gezierte, elegante Spießertochter mit den irren Titten, wie immer in Rollkragenpullover und Bellbottom-Jeans, war zu ihnen gekommen und hatte allen Ernstes von ihnen verlangt, ein großes, harmloses Insekt, das zudem noch nützlich war, weil es Moskitos fraß, totzuschlagen – und das

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