Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
Full-Time-Dealer etablierten. Andererseits wiederum gab es Dealer, die ihre eigenen Kollegen verpfiffen, weil sie auf diese Weise persönliche Feinde fertig machen wollten oder hofften, aufgrund ihrer Informantentätigkeit davor geschützt zu sein, in nächster Zeit selber hochgenommen zu werden. Diese Dealer entwickelten sich dann manchmal zu einer Art inoffizieller verdeckter Rauschgiftermittler. Die Grenzen waren fließend, alles war dunkel und undurchschaubar. Die Drogenszene war für alle, die in ihr lebten, ohnehin eine undurchschaubare Welt und für Bob Arctor war sie seit diesem Nachmittag undurchschaubarer denn je: Während er und seine Kumpels auf dem San Diego Freeway gerade noch einmal dem Tod von der Schippe gesprungen waren, hatten die Beamten vom Amt für Drogenmissbrauch ihr Haus – wie er hoffte – sorgfältig verwanzt, und wenn das so war, würde er von jetzt an vor solchen Dingen, wie sie heute geschehen waren, sicher sein. Diese Verwanzungsaktion war ein Glücksfall, der letztendlich darüber entscheiden mochte, ob er, Arctor, vergiftet oder erschossen oder süchtig gemacht wurde oder ob es ihm stattdessen gelingen würde, seinen Feind festzunageln – seinen Feind, dessen Identität er nicht kannte, der ihn aber längst im Fadenkreuz hatte, ihn heute sogar beinahe erwischt hätte. Wenn erst einmal die Holo-Kameras eingebaut sind, dachte er, dann werden kaum noch weitere Sabotageakte oder Angriffe auf mich möglich sein, zumindest keine erfolgreichen.
    Das war so ungefähr der einzige Gedanke, der ihm etwas Beruhigung verschaffte. Jemand, der gejagt wird, überlegte er, während er den Wagen vorsichtig durch den dichten Spätnachmittagsverkehr lenkte, flieht manchmal schon, wenn ihm noch niemand unmittelbar auf den Fersen ist – er hatte einmal so etwas gehört und vielleicht traf das ja wirklich zu. Was aber mit Sicherheit zutraf, war, dass jemand, der gejagt wurde, rasch eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen ergriff und floh, als sei der Teufel höchstpersönlich hinter ihm her, wenn ihm wirklich jemand auf den Fersen war – eine reale Person, die in solchen Dingen erfahren war und außerdem im Verborgenen operierte. Jemand, der dicht an ihm dran war. So dicht, dachte Arctor, wie der Rücksitz dieses Wagens. Und wenn dieser Jäger seine seltsame kleine Kugelspritze, Kaliber 22, hergestellt in Deutschland, mit dem ebenso seltsamen Pseudo-Schalldämpfer darauf dabei hat und Luckman wie gewöhnlich einschlief, dann kann er mir ein Hohlmantelgeschoss durch meinen Schädel jagen, und ich werde so tot sein wie Bobby Kennedy, der an einer Kugel vom gleichen Kaliber gestorben ist. So ein kleines Kaliber – und doch so tödlich.
    Und das kann nicht nur heute passieren, sondern an jedem beliebigen Tag. Und in jeder beliebigen Nacht.
    Aber ich habe einen Trumpf im Ärmel. Wenn ich die Holo-Kameras im Haus überprüfe, werde ich bald ziemlich genau wissen, was alle, die dort leben, tun und wann sie es tun und möglicherweise sogar warum sie es tun – mich selbst eingeschlossen. Ich werde die Person, die ich zugleich selbst bin, dabei beobachten können, wie sie mitten in der Nacht aufsteht, um zu pinkeln. Ich werde alle Zimmer vierundzwanzig Stunden lang überwachen (obwohl es dabei natürlich zwangsläufig immer eine zeitliche Verzögerung gibt). Allerdings wird es mir nicht viel nützen, wenn die Holo-Kameras aufnehmen, wie ich jeden Kontakt zur Realität verliere, weil mir jemand eine gehirnzerstörende Droge in den Kaffee getan hat, die Droge, die die Hell’s Angels aus einem geheimen Militärdepot geklaut haben. Ein anderer Beamter, der die Aufnahmen durchgeht, wird zuschauen müssen, wie ich tobe, wie ich mich in Agonie auf dem Boden winde, wie ich innerlich zerbrösele. Er wird wissen, dass mich jemand erwischt hat – ich werde es nicht wissen…
    In diesem Moment sagte Luckman: »Ich frage mich, was daheim vor sich gegangen ist, während wir den ganzen Tag über weg waren. Weißt du, Bob, dieser Vorfall beweist doch irgendwie, dass jemand hinter dir her ist und dich fertig machen will, so richtig auf die üble Tour. Ich hoffe nur, dass das Haus noch da ist, wenn wir zurückkommen.«
    »Yeah«, erwiderte Arctor. »Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht. Und wir haben nicht mal ein Cephskop aufgetrieben.« Er achtete sorgfältig darauf, dass seine Stimme dumpf und resigniert klang.
    Überraschend fröhlich meldete sich Barris zu Wort: »Ich an eurer Stelle würde mir da nicht zu viele Sorgen

Weitere Kostenlose Bücher