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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Mädchen, auf die schlafende Donna… Als schließlich wieder Connies Gesicht zurückkehrte, entspannte sich Arctor und schlief weiter. Aber sein Schlaf war nicht mehr so ruhig wie zuvor.
    Tja, so viel zur Theorie mit der technisch bedingten Fehlfunktion, dachte Fred. Dem elektronischen Abfärben, den Überlagerungseffekten. Arctor hat es auch gesehen!
    Fred deaktivierte die ganze Anlage. »Schätze, ich hab genug für heute«, erklärte er und erhob sich zittrig. »Mir reicht’s.«
    »Wohl abartigen Sex gesehen, was?«, sagte einer der Anzüge. »Na, du wirst dich schon an diesen Job gewöhnen.«
    »Ich werde mich nie an diesen Job gewöhnen«, erwiderte Fred. »Darauf kannst du wetten.«

 
Elf
     
    Da inzwischen nicht mehr nur sein Cephskop, sondern auch sein Wagen reif für eine Reparatur war, fuhr er am nächsten Morgen mit dem Taxi zur Schlosserei Englesohn, vierzig Dollar in der Tasche und eine gute Dosis Besorgnis im Herzen.
    Der Laden hatte eine ziemlich altertümliche, hölzerne Ausstrahlung. Zwar war das Ladenschild eher modern gehalten, doch in den Schaufenstern lagen seltsame Zierstücke aus Messing, wie man sie bei einer Schlosserei eben erwarten konnte: abgedrehte Briefkästen mit zahllosen Verzierungen, irre Türknäufe, die so geformt waren, dass sie menschlichen Köpfen ähnelten, große Attrappen schwarzer, eiserner Schlüssel. Er trat ein. Halbdunkel umgab ihn. Wie in der Bude eines Dopers, dachte er und genoss die Ironie.
    An einem Ladentisch, der von zwei großen Maschinen zum Fräsen und Polieren von Schlüsselbärten sowie tausenden unfertiger, von Gestellen herabbaumelnder Schlüssel überragt wurde, stand eine ältere, etwas mollige Dame und begrüßte ihn. »Guten Morgen, Sir. Sie wünschen?«
    Arctor wandte sich ihr zu: »Ich bin hier…
     
    Ihr Instrumente freilich spottet mein,
    Mit Rad und Kämmen, Walz und Bügel:
    Ich stand am Tor, ihr solltet Schlüssel sein;
    Zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel. [i]
     
    … um einen von mir ausgestellten Scheck auszulösen, den die Bank zurückgeschickt hat. Er ist über zwanzig Dollar, glaube ich.«
    »Oh.« Die Dame zog einen verschlossenen Karteikasten aus Metall unter der Theke hervor, suchte nach dem dazugehörigen Schlüssel und entdeckte dann, dass der Kasten gar nicht abgeschlossen war. Sie öffnete ihn und fand den Scheck auf der Stelle; ein Zettel war drangeheftet. »Mr. Arctor?«
    »Ja.« Er hatte das Geld schon in der Hand.
    »Genau, zwanzig Dollar.« Sie machte den Zettel ab und begann ungelenk, etwas darauf zu schreiben, vermutlich eine Notiz, dass er aufgetaucht war und seinen Scheck ausgelöst hatte.
    »Es tut mir aufrichtig Leid«, sagte er, »aber ich habe versehentlich den Scheck statt auf mein derzeitiges Konto auf ein längst erloschenes ausgestellt.«
    »Hmmm«, erwiderte die Dame lächelnd, während sie schrieb.
    »Ich wäre Ihnen zudem sehr verbunden, wenn Sie Ihrem Gatten, der mich kürzlich angerufen hat, sagen könnten…«
    »Mein Bruder Carl, um genau zu sein.« Sie warf ihm einen Blick zu. »Falls Carl mit Ihnen gesprochen hat…« Sie gestikulierte lächelnd. »Er regt sich manchmal so auf, wenn es um Schecks geht… Ich möchte mich in seinem Namen entschuldigen, falls er ein wenig heftig… Sie wissen schon.«
    »Sagen Sie ihm bitte«, spulte Arctor seine auswendig gelernte Ansprache ab, »dass ich zu dem Zeitpunkt, als er anrief, etwas durcheinander war und dass auch ich mich für mein Verhalten entschuldigen möchte.«
    »Ich glaube, er sagte irgendetwas davon, ja.« Sie gab ihm den Scheck – er gab ihr die zwanzig Dollar.
    »Irgendwelche Extrakosten?«, fragte Arctor dann.
    »Keine Extrakosten.«
    »Ich war durcheinander« – er warf einen kurzen Blick auf den Scheck und ließ ihn dann in seiner Tasche verschwinden –, »weil ein Freund von mir gerade unerwartet verstorben war.«
    »Oh, mein Beileid.«
    Ohne selbst so recht zu wissen, warum er eigentlich seinen Abgang immer noch hinauszögerte, fügte Arctor hinzu: »Er ist erstickt, ganz allein in seinem Zimmer, an einem Stück Fleisch. Niemand hat ihn gehört.«
    »Wussten Sie, Mr. Arctor, dass sich mehr solcher Todesfälle ereignen, als die meisten Leute ahnen? Ich habe gelesen, dass, wenn man mit einem Freund zu Abend isst und dieser eine Zeit lang nichts sagt, sondern einfach nur dasitzt, man ihn fragen soll, ob er sprechen kann. Weil er nämlich womöglich nicht mehr dazu in der Lage ist. Stellen Sie sich das nur vor – er

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