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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Adresse der Shell-Tankstelle durch.
    Und wenn Carl, der Schlosser, gemerkt hat, daß Arctor schwer drogensüchtig ist, überlegte er, während er in dü-
    sterer Stimmung herumlungerte und auf das Taxi wartete, dann ist das auch nicht Barris’ Schuld; als Carl damals um fünf Uhr morgens in seinem Lieferwagen aufgetaucht war, um einen Schlüssel für Arctors Olds zu machen, war Arctor möglicherweise gerade auf puddingweichen Bür-gersteigen entlangspaziert und die Wände hochgegangen, oder er hatte mit Fischaugen Schlagball gespielt oder ein paar von den anderen Dingen getan, die man auf einem Dope-Trip so tun konnte. Carl hatte schon da seine
    Schlußfolgerungen gezogen. Als Carl den neuen Schlüssel geschliffen hatte, war Arctor vielleicht gerade verkehrt herum durch die Luft geschwebt oder auf seinem Kopf herumgeteichelt, während er zugleich seitwärts sprach. Kein Wunder, daß Carl nicht sonderlich erfreut gewesen war.
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    Vielleicht, spekulierte er, versucht Barris ja sogar bloß, Arctors zunehmende Fehlleistungen wieder auszubügeln. Arctor hält sein Fahrzeug nicht länger so gut in Schuß, wie er das früher mal getan hat, er stellt faule Schecks aus, und das alles nicht aus böser Absicht, sondern weil sein gottverdammtes Gehirn durch den ganzen Stoff zermatscht ist. Aber das macht die Angelegenheit eher nur noch schlimmer. Barris tut, was er kann; das kann durchaus sein. Nur ist auch sein Gehirn zermatscht.
    Alle ihre Gehirne sind…

    Dem Wurme gleich’ ich, der den Staub durchwühlt.
    Den, wie er sich im Staube nährend lebt,
    Des Wandrers Tritt vernichtet und begräbt. *

    … zermatscht und beeinflussen sich gegenseitig auf zermatschte Art und Weise. Die Zermatschten führen die Zermatschten. Und zwar geradewegs ins Verderben.
    Vielleicht, mutmaßte er, hat Arctor selbst die ganzen Drähte durchgeknipst und verbogen und die ganzen
    Kurzschlüsse in seinem Cephskop verursacht. Mitten in der Nacht. Aber aus welchen Gründen?
    Eben das würde die Kardinalsfrage sein: Warum? Aber bei zermatschten Gehirnen war alles möglich, alles denkbar, selbst Motive, die so verdreht wie die Drähte waren.
    Während seiner Tätigkeit als Geheimer Rauschgift-Agent hatte er das selbst gesehen, viele, viele Male. Diese Tragödie war ihm nicht neu; das alles war nur ein Routine-

    * Anm. d. Übers.: Deutsch im Original.
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    fall mehr in den Computerspeichern. Das hier war das Stadium, das der Reise in die Staatliche Nervenklinik unmittelbar vorausging. Wie bei Jerry Fabin.
    Alle diese Typen bewegten sich auf demselben Spiel-
    feld; sie standen jetzt nur auf verschiedenen Feldern in unterschiedlicher Entfernung vom Ziel und würden es zu verschiedenen Zeiten erreichen. Aber am Ende würden sie doch alle an diesem Ziel ankommen: in der Staatlichen Nervenklinik.
    Das war in ihr Nervengewebe einprogrammiert. Oder
    in das, was immer davon übriggeblieben war. Nichts
    konnte dem noch Einhalt gebieten oder es verhindern.
    Jetzt nicht mehr.
    Und, so glaubte er nun zu wissen, besonders nicht
    mehr für Bob Arctor. Diese langsam in ihm aufdäm-
    mernde Erkenntnis gewann er rein intuitiv; sie war nicht von dem abhängig, was Barris getan hat. Es war eine neue, eine professionelle Erkenntnis.
    Und auch seine Vorgesetzten im Sheriff-Büro von
    Orange County hatten ja beschlossen, Bob Arctor in den Brennpunkt ihres Interesses zu rücken; sie hatten zweifellos gute Gründe dafür, Grunde, über die er nichts wuß-
    te. Vielleicht bestätigten diese gleichzeitigen Entwick-lungen einander: Das wachsende Interesse der Behörden an Arctor – immerhin hatte es die Abteilung eine ganz schöne Stange Geld gekostet, die Holo-Kameras in Arctors Haus zu installieren und ihn dafür zu bezahlen, daß er die Ergebnisse dieser Überwachungstätigkeit analy-sierte, und dann waren da ja auch noch die anderen Beamten weiter oben, die sich das abschließende Urteil über 315
    das Material bilden mußten, das er in regelmäßigen Ab-ständen an sie weiterleitete – dieses Interesse paßte gut zu der Tatsache, daß Barris seine Aufmerksamkeit in einem unüblichen Maße auf Arctor richtete; beide Parteien hatten Arctor zu ihrem Primärziel gemacht. Aber was hatte er selbst an Arctors Verhalten bemerkt, das ihm als ungewöhnlich ins Auge gestochen war? Durch unmittelbare Beobachtung, unabhängig von den Einschätzungen der beiden anderen Parteien?
    Während das Taxi weiterfuhr, überlegte er sich, daß er höchstwahrscheinlich eine ganze Weile würde

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