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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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angestammten Platz im Regal zurück. Hoffentlich, dachte er, zoomen die Kameras
    nicht auf den Buchumschlag und lassen meinen kleinen Schwindel auffliegen.

    *

    Charles Freck, der angesichts dessen, was mit allen seinen Bekannten geschah, immer deprimierter wurde, beschloß zu guter Letzt, sich ein für allemal davonzumachen. In den Kreisen, in denen er verkehrte, war es kein Problem, seinem Leben ein Ende zu setzen; man kaufte sich einfach eine größere Ladung Reds und schluckte sie mit etwas billigem Wein, spät in der Nacht, nachdem

    * Anm. d. Übers.: Deutsch im Original.
    322
    man zuvor den Telefonhörer neben die Gabel gelegt hatte, um von niemandem gestört zu werden.
    Natürlich mußte ein solcher Abgang sorgfältig geplant werden. Im Mittelpunkt der Vorbereitungen standen dabei die Artefakte, die spätere Archäologen dereinst finden sollten. Es galt, sie so auszuwählen, daß diese Ar-chäologen auch wissen würden, aus welcher Schicht man kam. Und sich außerdem ein Bild davon zusammenpuzz-len konnten, was zum Zeitpunkt der Durchführung deiner Tat in deinem Kopfe vorging.
    Deshalb verwandte er mehrere Tage darauf, über die
    Zusammenstellung der Artefakte zu entscheiden. Viel länger, als er darauf verwandt hatte, zu beschließen, sich zu töten, und ungefähr die gleiche Zeit, die er benötigt hatte, um sich eine hinreichend große Menge von Reds zu beschaffen. Man würde ihn in seinem Bett finden, auf dem Rücken liegend, neben sich ein Exemplar von Ayn Rands The Fountainhead (welches Zeugnis davon able-gen würde, daß er ein unverstandener Obermensch gewesen war, verkannt von den Massen und daher in gewisser Weise ein Opfer ihrer schmählichen Mißachtung) und
    einen unvollendeten Brief an Esso, in dem er gegen die Annullierung seiner Benzin-Kreditkarte protestierte. Auf diese Weise würde er das System anklagen und durch
    seinen Tod etwas bewirken, das über das hinausging, was der Tod für ihn selbst bewirkte. Tatsächlich war er sich über das, was der Tod für ihn selbst bewirken mochte, längst nicht so im klaren wie über das, was die beiden Artefakte bewirken würden; aber jedenfalls summierte sich alles auf, und er begann, die letzten Vorbereitungen 323
    zu treffen, wie ein Tier, das spürt, daß seine Zeit gekommen ist, und nun nach dem Instinktprogramm han-
    delt, das die Natur ihm für den Augenblick mitgegeben hat, da sein unvermeidliches Ende naht.
    Im letzten Moment (der Sand in seinem Stundenglas
    war beinah schon verronnen) änderte er seinen Plan in einem entscheidenden Punkt ab und beschloß, die Reds mit einem Connaisseur-Wein statt mit Lambrusco oder Ripple ‘runterzuspülen, und so machte er sich auf zu seiner letzten Fahrt, hinüber zu Joe’s Laden, einem Fachge-schäft für Weine, und erstand dort eine Flasche 1971er Mondavi Cabernet Sauvignon, was ihn um nahezu drei-
    ßig Dollar ärmer machte – und das war alles, was er hatte.
    Wieder daheim, entkorkte er die Flasche und gab der Blume Zeit, sich in aller Ruhe zu entfalten. Dann trank er ein paar Gläser, verbrachte ein paar Minuten damit, sich in seine Lieblingsseite im Großen illustrierten Buch der körperlichen Liebe zu versenken, die ein Mädchen zeigte, das rittlings auf einem Mann hockte, stellte den Plastikbeutel mit den Reds neben sein Bett und legte sich schließlich mit dem Ayn Rand-Buch und dem unvollendeten Brief an Esso hin und versuchte, an etwas Bedeu-tungsvolles zu denken, aber das wollte ihm einfach nicht gelingen; statt dessen sah er immer nur das rittlings auf dem Mann hockende Mädchen vor seinem inneren Auge.
    Und dann kippte er mit einem Glas Cabernet Sauvignon alle Reds auf einmal hinunter. Nach vollbrachter Tat ließ er sich zurücksinken, das Ayn Rand-Buch und den Brief auf seiner Brust, und wartete.
    324
    Aber er war abgelinkt worden. Die Kapseln waren gar keine Barbiturate, wie ein Dealer behauptet hatte, sondern eine Art verrückter psychedelischer Drogen, und zwar eine Sorte, die er noch nie zuvor eingepfiffen hatte.
    Vielleicht eine Mischung, die neu auf dem Markt war.
    Statt ruhig zu ersticken, begann Charles Freck zu halluzinieren. Tja, dachte er philosophisch, das ist nun einmal mein Geschick. Immer werde ich beschissen. Angesichts der Menge der Kapseln, die er geschluckt hatte, richtete er sich vorsorglich schon einmal darauf ein, daß ihm ein ganz schön höllischer Trip bevorstand.
    Seine erste Wahrnehmung war ein Geschöpf von ir-
    gendwo zwischen den Dimensionen, das neben

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