Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
öffnete ihn und fand den Scheck auf der Stelle; ein Zettel war drangeheftet. »Mr. Arctor?«
    »Ja«, sagte er, das Geld schon in der Hand.
    »Ja, zwanzig Dollar.« Nachdem sie den Zettel von
    dem Scheck abgemacht hatte, begann sie ungelenk etwas auf den Zettel zu schreiben, wahrscheinlich eine Notiz, daß er aufgetaucht war und seinen Scheck ausgelöst hatte.
    »Es tut mir aufrichtig leid«, sagte er zu ihr, »aber ich habe durch ein Versehen den Scheck statt auf mein derzeitiges Konto auf ein längst erloschenes ausgestellt.«
    »Ummm«, sagte die Dame lächelnd, während sie
    schrieb.
    »Ich wäre Ihnen zudem sehr verbunden«, sagte er,
    »wenn Sie Ihrem Gatten, der mich kürzlich angerufen hat, sagen könnten –«
    »Mein Bruder Carl«, sagte die Dame, »um genau zu
    sein.« Sie warf ihm über ihre Schulter einen Blick zu.
    »Falls Carl mit Ihnen gesprochen hat…« Sie gestikulierte

    * Anm. d. Übers.: Deutsch im Original.
    304
    lächelnd. »Er regt sich manchmal so auf, wenn es um Schecks geht … ich möchte mich in seinem Namen entschuldigen, falls er ein wenig heftig … Sie wissen
    schon.«
    »Sagen Sie ihm bitte«, spulte Arctor seine auswendig gelernte Ansprache ab, »daß ich zu dem Zeitpunkt, als er anrief, selbst etwas durcheinander war, und daß auch ich mich meinerseits für mein Verhalten entschuldigen
    möchte.«
    »Ich glaube, er sagte irgend etwas davon, ja.« Sie gab ihm den Scheck; er gab ihr zwanzig Dollar.
    »Irgendwelche Nebenkosten?« sagte Arctor.
    »Keine Nebenkosten.«
    »Ich war durcheinander«, sagte er und warf einen kurzen Blick auf den Scheck, um ihn dann in seiner Tasche verschwinden zu lassen, »weil ein Freund von mir gerade unerwartet verstorben war.«
    »Du meine Güte«, sagte die Dame.
    Ohne selbst so recht zu wissen, warum er eigentlich seinen Abgang immer noch hinauszögerte, sagte Arctor:
    »Er ist erstickt, ganz allein in seinem Zimmer, an einem Stück Fleisch. Niemand hat ihn gehört.«
    »Wußten Sie, daß sich mehr solcher Todesfälle ereignen, als die meisten Leute ahnen? Ich habe gelesen, daß, wenn man mit einem Freund diniert und dieser eine Zeit lang nichts sagt, sondern einfach nur dasitzt, man sich vorbeugen und ihn fragen soll, ob er sprechen kann. Weil er nämlich vielleicht nicht mehr dazu in der Lage ist.
    Stellen Sie sich das nur vor – er mag ersticken und kann es einem nicht einmal sagen.«
    305
    »Ja«, sagte Arctor. »Danke. Das ist wahr. Und danke wegen des Schecks.«
    »Das tut mir leid, das mit Ihrem Freund«, sagte die Dame.
    »Ja«, sagte er. »Er war wohl der beste Freund, den ich hatte.«
    »Das ist ja ganz schrecklich«, sagte die Dame. »Wie alt war er denn, Mr. Arctor?«
    »Anfang Dreißig«, sagte Arctor, was auch stimmte:
    Luckman war zweiunddreißig.
    »Oh, wie furchtbar. Ich werde es Carl erzählen. Und vielen Dank, daß Sie den langen Weg hier heruntergekommen sind.«
    »Ich habe Ihnen zu danken«, sagte Arctor. »Und sagen Sie bitte auch Mr. Englesohn meinen aufrichten Dank.
    Ich bin Ihnen beiden ja so dankbar.« Er verließ den Laden und trat wieder hinaus auf den warmen, morgendlichen Bürgersteig. Das grelle Licht und die dumpfige Luft ließen ihn blinzeln.
    Er bestellte sich telefonisch ein Taxi, und auf der Rückfahrt zu seinem Haus saß er einfach nur da und lobte sich selbst dafür, wie gut er doch aus diesem von Barris gesponnenen Netz herausgekommen war, ganz ohne
    häßlichen Eklat. Hätte ein ganzes Stück schlimmer
    kommen können, machte er sich selber klar. Der Scheck war immer noch da. Und ich mußte nicht dem Macker
    selbst gegenübertreten.
    Er holte den Scheck hervor, um nachzusehen, wie gut es Barris gelungen war, seine Handschrift nachzuahmen.
    Ja, es handelte sich tatsächlich um ein aufgelöstes Konto; er erkannte die Farbe des Schecks auf der Stelle, ein end-306
    gültig geschlossenes Konto, und die Bank hatte einen Stempel mit den Worten KONTO ERLOSCHEN darauf-gedrückt. Er fragte sich, ob der Schlosser daraufhin wohl ausgeflippt war. Und dann, als er den Scheck genau betrachtete, während sich das Taxi einen Weg durch das Verkehrsgewühl suchte, sah Arctor, daß die Handschrift seine war.
    Sie erinnerte nicht im geringsten an die von Barris.
    Eine perfekte Fälschung. Er hätte nie und nimmer darauf kommen können, daß es nicht seine eigene Schrift war, außer dadurch, daß er sich daran erinnerte, diesen Scheck nicht ausgestellt zu haben.
    Mein Gott, dachte er, wie viele dieser Schecks hat
    Barris bis heute

Weitere Kostenlose Bücher