Der dunkle Schirm
mit.« Er hatte sich dieses Jackett gerade erst gekauft, und er hing sehr daran. Das Jackett war so ungefähr alles, woran er noch hing; alles andere, was er besaß, hielt er für verseucht.
Nein, dachte Bob Arctor, jetzt scheint es nicht mehr so spaßig zu sein. Er fragte sich, warum es ihm jemals so vorgekommen war. Vielleicht kam das von der Furcht, der schrecklichen Furcht, die sie alle in den letzten Wochen in Jerrys Gegenwart verspürt hatten. Jerry hatte ihnen erzählt, daß er manchmal nachts das Haus mit einer Schrotflinte durchstreifte, weil er die Anwesenheit eines Feindes spürte. Er hoffte darauf, selbst noch einen Schuß abfeuern zu können, bevor er erschossen wurde. Aber seinen eigenen Tod hatte er schon mit einkalkuliert.
Und nun, dachte Bob Arctor, habe ich einen Feind.
Oder jedenfalls bin ich auf seine Fährte gestoßen. Auf die Zeichen, die er hinterläßt. Noch so ein drogenverseuchtes Wrack im letzten Stadium, ganz wie Jerry. Und wenn
dieses letzte Stadium der Scheiße zuschlägt, dann knallt es wirklich in deinen Kopf rein. Nachhaltiger als jeder Werbespot von Ford oder General Motors zur besten
Sendezeit.
Ein Klopfen an seiner Schlafzimmertür.
Er berührte die Pistole unter seinem Kissen und sagte:
»Yeah?«
Murmel-murmel. Barris’ Stimme.
»Komm rein«, sagte Arctor. Er knipste die Nachttischlampe an.
Barris trat ein; seine Augen funkelten. »Noch wach?«
»Ein Traum hat mich wachgemacht«, sagte Arctor.
120
»Ein religiöser Traum. Urplötzlich klafften die Himmel mit einem gewaltigen Donnerschlag auseinander, und
Gott der Herr erschien, und seine Stimme grollte mich an
– was, zum Teufel, sagte Er doch gleich? – ach ja, richtig. »Ich ärgere mich über dich, mein Sohn‹, sagte Er.
Sein Gesicht war sehr finster. Ich zitterte, in meinem Traum, und sagte, zu Ihm aufblickend: ›Was habe ich getan, o Herr?‹ Und Er sprach: ›Du hast schon wieder den Verschluß deiner Zahnpastatube nicht zugeschraubte Und dann merkte ich plötzlich, daß Er meine Ex-Ehefrau war.«
Barris setzte sich, legte die Hände auf seine lederbe-deckten Knie, straffte sich, schüttelte den Kopf und blickte Arctor geradeheraus an. Er schien allerbester Laune zu sein. »Tja«, sagte er lebhaft, »ich habe eine erste Theorie, wer böswillig und systematisch dein Cephskop zerstört haben könnte und das auch wieder tun mag. «
»Wenn du sagen willst, es sei Luckman –«
»Hör zu«, sagte Barris und schaukelte aufgeregt vor und zurück. »W-w-was würdest du denken, wenn ich dir sagen würde, daß ich bereits vor Wochen eine ernsthafte Fehlfunktion einer der Apparaturen in diesem Haushalt vorausgesehen habe, und zwar speziell in einer Apparatur, die teuer und schwer zu reparieren ist? Meine Theorie schrie geradezu danach, daß das passieren mußte! Der Schaden an deinem Cephskop ist die Bestätigung meiner allumfassenden Theorie!«
Arctor musterte ihn mißtrauisch.
Barris sank langsam zurück und setzte wieder sein ruhiges, breites Lächeln auf. »Du«, sagte er und zeigte mit 121
dem Finger auf Arctor.
»Du denkst also, ich hätte es getan«, sagte Arctor.
»Ich hätte mein eigenes Cephskop kaputtgemacht, ob-
wohl es nicht mal versichert war.« Ekel und Zorn
schwollen in ihm an. Und es war schon spät in der Nacht; er brauchte seinen Schlaf.
»Nein, nein«, sagte Barris rasch, mit angstvollem
Blick. »Du schaust auf die Person, die es getan hat. Die dein Cephskop zu Klumpatsch gemacht hat. Nichts anderes wollte ich sagen, aber du hast mich ja nicht ausreden lassen!«
»Du hast es getan?« Verwirrt starrte er Barris an, aus dessen trüben Augen eine Art schaler Triumph sprach.
»Warum?«
»Ich meine, es paßt in meine Theorie, daß ich es getan haben muß«, sagte Barris. »Offenkundig unter dem Einfluß eines posthypnotischen Befehls, der mit einem Am-nesie-Block gekoppelt ist, damit ich mich nicht daran erinnern kann.« Er begann zu lachen.
»Darüber sprechen wir später noch mal«, sagte Arctor und schaltete die Nachttischlampe aus. »Am besten viel später. «
Barris stand zitternd auf. »Hey, aber begreifst du denn nicht – nur ich verfüge über das hochspezialisierte elektronische Fachwissen, und außerdem hatte ich jederzeit Zugang zu deinem Cephskop – schließlich wohne ich ja hier. Was ich aber partout nicht ergründen kann, ist mein Motiv.«
»Du hast es getan, weil du bekloppt bist«, sagte Arctor.
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»Vielleicht bin ich von geheimen Mächten angewor-
ben
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