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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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gerade irgendwo eine Razzia oder eine andere Großaktion anlief, in die er vielleicht einbezogen werden mochte. Möglicherweise hatten jene seiner Mitfahrer, die doch etwas mitkriegten, einfach geglaubt, auf einem privaten Horrortrip oder paranoid zu sein, und die ganze Sache schnell wieder vergessen.
    Und er erkannte auch die vielen nicht als solche ge-kennzeichneten Polizeifahrzeuge – alte Chevys zum Beispiel, die mit dröhnenden (und gesetzlich verbotenen) Doppelröhren und Rallyestreifen aufgemotzt waren und von wild aussehenden Freaktypen gesteuert wurden, die sich weder um Geschwindigkeitsbeschränkungen noch
    um andere Verkehrsregeln kümmerten –, weil die besondere Art von informationstragender Statik, die aus dem Radio drang, ihm ihre wahre Natur verriet, wenn sie an seiner Stoßstange klebten oder an ihm vorbeischossen. Er hatte längst gelernt, gar nicht mehr darauf zu achten.
    Wenn er die Taste drückte, mit der man normalerweise 240
    das Autoradio von AM auf FM umstellte, dann quoll
    nicht nur ein von einer ganz bestimmten Station auf einer ganz bestimmten Frequenz gesendeter Strom sich endlos wiederholender, stupider Disco-Musik aus dem Lautsprecher, sondern zugleich schaltete sich dadurch auch ein innerhalb des Radios verborgenes, mit einem Sender gekoppeltes Mikrophon ein, das von diesem Zeitpunkt an alles, was die Insassen seines Wagens sagten, aufnahm, zerhackte und ins Behördenzentrum abstrahlte, während zugleich die lärmende Musik, die aus dem Lautsprecher flutete, mit Hilfe eines Spezialfilters unterdrückt wurde.
    Von der Musik – egal, wie laut sie auch immer dudeln mochte – bekamen die Leute im Behördenzentrum nichts mit. Sie störte ihre Abhörtätigkeit nicht im geringsten; der Spezialfilter eliminierte sie vollständig.
    Das, was Barris zu besitzen behauptete, hatte tatsächlich ein gewisse Ähnlichkeit mit dem, was er, Bob Arctor, in seiner Eigenschaft als Geheimer Rauschgift-Agent wirklich in seinem Autoradio hatte; aber über das hinaus waren an seinem Wagen keinerlei weitere Modifikationen vorgenommen worden, weder an der Radaufhängung
    noch am Motor noch sonstwo. Das wäre zu plump und
    auffällig gewesen. Und außerdem konnten ja Millionen von Autofanatikern die gleichen haarigen Umbauten an ihren Wagen vornehmen; darum hatte er sich nur darum bemüht, einen Wagen mit möglichst vielen PS zugeteilt zu bekommen, und es dabei bewenden lassen. Ein Fahrzeug mit hoher Motorleistung kann nun einmal jeden
    anderen Wagen überholen und abhängen. In dieser Hinsicht redete Barris viel Stuß; ein Ferrari verfügt schon 241
    serienmäßig über Radaufhängungen, Fahreigenschaften und eine Lenkung, gegen die keine wie auch immer gearteten »geheimen Modifikationen« ankommen können,
    also zum Teufel damit. Und Bullen können sich keine Sportwagen leisten, nicht mal billige. Von Ferraris gar nicht zu reden. Letztendlich ist es immer das fahrerische Können, das alles entscheidet.
    Über eine Spezialausstattung verfügte sein Wagen allerdings doch – nämlich über sehr ungewöhnliche Reifen.
    Vor Jahren hatte die Firma Michelin in ihrer X-Serie damit begonnen, Reifen mit eingezogenen Stahlbändern auf den Markt zu bringen. Die Reifen an Bob Arctors Wagen hingegen waren ganz aus Metall. Sie nutzten sich zwar schnell ab, hatten aber Vorteile hinsichtlich der Geschwindigkeit und der Beschleunigung. Ihr größter Nachteil war ihr Preis, aber er bekam sie umsonst – von einer behördlichen Zuteilungsstelle, die im Gegensatz zu der, von der er sein Geld erhielt, kein Dr.-Pepper-Automat war. Die Behördenstelle arbeitete sehr zuverlässig, aber natürlich erhielt er immer nur dann eine neue Zuteilung, wenn es unumgänglich notwendig war. Die Reifen zog er selbst auf, wenn ihn niemand beobachtete. Wie er auch die Zusatzgeräte in seinem Radio selbst montiert hatte.
    Seine einzige Sorge wegen des Radios war nicht die
    mögliche Entdeckung der Umbauten durch jemanden,
    der – wie Barris – herumschnüffelte, sondern die Möglichkeit eines ganz gewöhnlichen Diebstahls. Wegen der zusätzlichen Geräte würde es eine teure Angelegenheit werden, das Radio im Falle eines Diebstahls zu ersetzen; er würde sich bei der Zuteilungsstelle wahrscheinlich den 242
    Mund fusselig reden müssen, bevor man ihm ein neues Radio zugestand.
    Natürlich hatte er in seinem Wagen auch eine Waffe
    versteckt. Barris, gefangen in seinen grellen, ausgeklinkten Acid-Phantasien, würde das Versteck wohl niemals gerade

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