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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Erschreckens. Barris riß sich die Sonnenbrille herunter, seine Augen weiteten sich grotesk, er flatterte wie ein aufgescheuchter Vogel in hilflo-248
    ser Furcht mit den Armen, rannte ziellos ein bißchen hin und her, wieselte dann auf Luckman zu, hielt ein paar Schritte von ihm entfernt inne, rannte zurück, keuchte heftig.
    Er stimmt sich ein, begriff Fred. Er bereitet sich drauf vor, seine ›ich-habe-gerade-etwas-Schreckliches-entdeckt‹
    - Nummer abzuziehen. So, als habe er gerade erst die Szene betreten. Barris, auf dem Schirm von Monitor
    Zwei, krümmte sich zusammen, atmete schwer vor
    Kummer, dunkelrot im Gesicht, und hüpfte dann zum
    Telefon. Er riß es mit einem Ruck hoch, ließ es fallen, hob es mit zitternden Fingern wieder auf … er hatte gerade entdeckt, daß Luckman dort in der Küche einen ent-setzlichen, einsamen Tod gestorben war, erstickt an einem Essensbrocken, begriff Fred; und keiner war da gewesen, der ihn hätte hören oder ihm gar hätte helfen können. Und jetzt versuchte Barris gerade verzweifelt, Hilfe herbeizurufen. Natürlich zu spät.
    Langsam und mit hoher, gepreßter Stimme sprach
    Barris jetzt in das Telefon. »Fräulein, können Sie mir sagen, wo ich anrufen muß, wenn ich einen dieser speziellen Notdienst-Rettungswagen brauche? Ich meine, einen von denen, die …. wie heißt das doch gleich? Wie-derbelebungsversuche? Künstliche Beatmung?«
    »Sir«, quietschte die Simme in der Ohrmuschel aus
    dem Lautsprecher dicht neben Fred, »bekommt da je-
    mand keine Luft mehr? Soll ich –«
    »Ich glaube, es handelt sich um einen Herzstillstand«, sagte Barris mit seiner tiefen, ruhigen und irgendwie zugleich drängend und professionell klingenden Stimme in 249
    das Telefon, einer Stimme, der man sofort anhörte, daß sich der Sprecher über den tödlichen Ernst der Lage und die Knappheit der noch verbleibenden Zeit sehr wohl im klaren war. »Entweder das, oder er hat versehentlich einen Fremdkörper durch die Luftröhre in –«
    »Wie ist die Adresse, Sir?« unterbrach ihn das Fräulein von der Auskunft.
    »Die Adresse«, sagte Barris »Moment, die Adresse ist –«
    Fred, der immer noch stand, sagte laut: »Mein Gott.«
    Luckman, der ausgestreckt auf dem Boden lag, atmete plötzlich krampfhaft. Ein konvulsivisches Zittern durch-lief seinen Körper, und dann würgte er das Zeug, das seine Kehle verstopfte, aus, schlug um sich und öffnete seine Augen, die verquollen und verwirrt ins Leere starrten.
    »Äh, es scheint ihm jetzt wieder besserzugehen«, sagte Barris glatt in das Telefon. »Vielen Dank; anscheinend braucht er jetzt doch keine Hilfe mehr.« Rasch legte er den Hörer auf.
    »Himmel«, murmelte Luckman undeutlich, während
    er sich aufsetzte. »Scheiße«. Er schnaubte geräuschvoll, hustete und schnappte nach Luft.
    »Wieder okay?« fragte Barris voller Besorgnis.
    »Ich muß was in die falsche Kehle gekriegt haben. Bin ich ohnmächtig geworden?«
    »Nicht eigentlich ohnmächtig. Du bist allerdings in einen anderen Bewußtseinszustand übergewechselt. Für ein paar Sekunden. Vielleicht in einen Alpha-Zustand.«
    »Gott! Ich hab’ mich vollgesaut!« Obwohl er taumelte und vor Schwäche zitterte, schaffte Luckman es doch irgendwie, auf die Füße zu kommen; schließlich stand er 250
    da, haltsuchend an die Wand gelehnt, und schwankte vor und zurück. »Ich verkomme langsam wirklich«, murmelte er angeekelt. »Wie ein alter Weinsäufer.« Mit unsiche-ren Schritten tappte er in Richtung Ausguß, um sich zu waschen.
    Fred, der alles beobachtete, fühlte, wie die in ihm auf-gestaute Angst wieder verschwand. Luckman würde bald wieder ganz okay sein. Aber Barris! Was für eine Art von Mensch war das bloß? Luckman hatte sich nicht
    dank, sondern trotz seiner »Hilfe« erholt. Was für ein Freak, dachte Fred. Was für ein bekloppter Freak. Was muß eigentlich in seinem Kopf los sein, daß er in einer solchen Situation einfach müßig rumstehen kann?
    »Man könnte durch so etwas abkratzen«, sagte Luck-
    man, während er sich am Ausguß mit Wasser bespritzte.
    Barris lächelte.
    »Gut, daß ich so eine kräftige Konstitution hab’«, sagte Luckman. In großen Schlucken leerte er eine Tasse mit Wasser. »Was hast du eigentlich gemacht, als ich da lag?
    Dir einen runtergeholt?«
    »Du hast doch gesehen, daß ich telefoniert habe«, sagte Barris. »Ich wollte einen Rettungswagen rufen. Ich habe sofort gehandelt, als –«
    »Wichs«, sagte Luckman säuerlich und kippte immer
    mehr

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