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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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am Apparat«, sagte Barris.
    Da brat’ mir doch einer einen Storch, sagte Fred zu sich selbst. Er griff nach dem Regler der Abhöranlage und drehte die Lautstärke höher.
    »Mr. Arctor«, sagte der Anrufer, der seinen Namen
    immer noch nicht genannt hatte, langsam und mit leiser Stimme, »es tut mir leid, daß ich Sie so spät störe, aber es dreht sich um den Scheck, den Ihre Bank nicht annehmen –«
    »Ah ja«, sagte Barris. »Ich hatte ohnehin vor, Sie
    deswegen anzurufen. Die Situation ist die, Sir. Ich habe einen schweren Anfall von Darmgrippe, verbunden mit einem starken Absinken der Körpertemperatur sowie
    Pförtner- und Unterleibskrämpfen … Mir geht’s im Moment zu beschissen, daß ich die Sache mit diesem mick-rigen Zwanzig-Dollar-Scheck derzeit einfach nicht regeln kann, und offengestanden habe ich auch nicht die Absicht, sie überhaupt noch zu regeln.«
    »Wie bitte?« sagte der Mann. Er wirkte nicht sonderlich überrascht; seine Stimme klang rauh. Und drohend.
    »Ja, Sir«, sagte Barris nickend. »Sie haben mich schon richtig verstanden, Sir.«
    »Mr. Arctor«, sagte der Anrufer, »besagter Scheck ist jetzt schon zweimal von der Bank retourniert worden, 286
    und diese Grippe-Symptome, die Sie da beschreiben –«
    »Ich glaube, irgendwer hat mir was in den Kaffee getan«, sagte Barris mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.
    »Und ich glaube«, sagte der Mann, »daß Sie einer von diesen –« Er suchte nach dem richtigen Wort.
    »Glauben Sie doch, was Sie wollen«, sagte Barris,
    immer noch grinsend.
    »Mr. Arctor«, sagte der Mann und atmete vernehmlich ins Telefon, »ich werde mit dem Scheck zum Büro des Bezirks-Staatsanwalts gehen, und da ich Sie ohnehin gerade am Telefon habe, möchte ich Ihnen mal klipp und klar erzählen, was ich von Leuten halte, die –«
    »Turn on, tune out und tschüß«, sagte Barris und legte auf. Die mit der Abhöranlage gekoppelte Fangschaltung hatte automatisch die Telefonnummer des Anrufers aufgezeichnet, indem sie auf elektronischem Wege die beim Wählen entstandenen Impulsketten von einem unhörbaren Signal aufnahm, das in dem Augenblick erzeugt wurde, da die Verbindung zustande kam. Fred las die Nummer ab, die jetzt auf einem Anzeigegerät sichtbar wurde.
    Dann stoppte er den Bandtransport aller Holos, griff zu seinem Polizeitelefon und fragte an, welcher Teilnehmer zu dieser Nummer gehörte.
    »Schlosserei Englesohn, 1343 Harbor in Anaheim«,
    informierte ihn der diensttuende Beamte. »Lover Boy.«
    »Schlosserei«, sagte Fred. »Okay.« Er hatte sich das notiert und legte jetzt wieder auf. Ein Schlosser … zwanzig Dollars, eine runde Summe: Das deutete auf einen Job außerhalb des Ladens hin – möglicherweise auf einen 287
    Außeneinsatz zur Herstellung eines Nachschlüssels, weil der Schlüssel des »Besitzers« verlorengegangen war.
    Theorie. Barris hatte sich als Arctor ausgegeben und die Schlosserei Englesohn angerufen, um sich illegal einen »Zweit«-Schlüssel machen zu lassen, entweder für das Haus oder für den Wagen oder gar für beides. Wobei er Englesohn gegenüber vorgegeben hatte, seinen kompletten Schlüsselring verloren zu haben … aber dann hatte der Schlosser sozusagen als Rückversicherung plötzlich von Barris gefordert, zum Nachweis seiner Identität einen Scheck auszuschreiben. Barris war ins Haus zu-rückgegangen, hatte Arctors Scheckbuch geklaut, einen der Schecks ausgefüllt und ihn dem Schlosser gegeben.
    Der Scheck war nicht durchgegangen. Aber warum
    nicht? Arctor sorgte immer dafür, daß genug Geld auf seinem Konto war; ein Scheck über eine so geringe
    Summe würde auf jeden Fall gedeckt sein. Aber wenn
    der Scheck angenommen wurde, würde Arctor bei der
    Durchsicht der Kontoauszüge darauf stoßen und entdek-ken, daß nicht er, sondern Jim Barris den Scheck ausgeschrieben hatte. Also hatte Barris in Arctors Schränken herumgewühlt und – vielleicht schon zu einem früheren Zeitpunkt – ein altes Scheckbuch entdeckt, das zu einem längst aufgelösten Konto gehörte. Dieses Scheckbuch hatte er dann benutzt. Da das Konto nicht mehr bestand, war der Scheck retourniert worden. Und jetzt stand Barris das Wasser bis zum Halse.
    Aber warum ging Barris nicht einfach hin und bezahl-te die Rechnung in bar? So, wie die Dinge jetzt lagen, war der Gläubiger bereits sauer und rief dauernd an, und 288
    am Ende mochte er den Scheck vielleicht wirklich zum Bezirksstaatsanwalt bringen. Arctor würde alles heraus-kriegen, und eine

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