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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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plötzliche Gegenwind wird Cromwell nur umso entschlossener machen, diejenigen zu vernichten, die er für seine Feinde hält oder die ihm gefährlich werden könnten.«
    »Gut möglich«, musste Nick einräumen. »Aber noch bin ich nicht versucht, davonzulaufen. Cromwell war verzweifelt genug, um mir einen Gefallen abpressen zu wollen. Das zeigt wohl, dass er am Ende seiner Weisheit ist. Also warte ich ein paar Tage ab, um zu sehen, wie diese Farce weitergeht.«
    Cranmer und Cromwell hatten in den vergangenen Jahren eng zusammengearbeitet, um ihre reformatorischen Ziele zu verfolgen. Eine autorisierte Bibelübersetzung gehörte zu ihren größten Erfolgen, und sie hatten durchgesetzt, dass in jeder Pfarrkirche in England ein Exemplar auszuliegen habe, damit auch Laien unmittelbaren Zugang zum Wort Gottes finden konnten. Denn allein das Wort Gottes, beharrten sie, und nicht die Regeln der Kirche und ihrer Priester seien maßgeblich für den Glauben und die Ausübung der Religion.
    Doch der König war in seinem Herzen immer ein Konservativer geblieben, und als der Kaiser, der Papst und der König von Frankreich sich gegen ihn zu verbünden drohten, setzte er mit der Unterstützung des Bischofs von Winchester – Stephen Gardiner – und des Duke of Norfolk die Verabschiedung sechs elementarer Glaubensartikel durch. Der wichtigste war die uneingeschränkte Anerkennung der Transsubstantiation, also der Verwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi, die die Reformer bestritten. Das zu tun war jetzt bei Todesstrafe verboten. Auch das Sakrament der Buße – die Beichte vor einem Priester – wurde in seiner Gültigkeit bestätigt und die Geistlichkeit zum Zölibat verpflichtet.
    »Meinen Segen haben die Sechs Artikel jedenfalls«, bemerkte Simon. »Es ist die erste Religionsgesetzgebung seit Jahren, bei der nicht Satan die Feder geführt hat.«
    »Wohl wahr«, murmelte Nick. »Sogar Prinzessin Mary hat lobende Worte dafür gefunden, wenngleich nichts außer einer Rückkehr in den Schoß der römischen Kirche sie je zufriedenstellen wird.«
    Simon Neville strich versonnen mit der Hand über die alte Bibel, die Nick mit heimgebracht und auf den Tisch gelegt hatte. »Selbst wenn es je dazu käme«, sagte der Geistliche, »wird nichts die Kunstschätze und die Gotteshäuser zurückbringen, die bei der Aufhebung der Klöster zerstört wurden.«
    Gemälde, Heiligenstatuen und Reliquiare waren zertrümmert worden und ganze Klosterbibliotheken verbrannt. Die Kirchengebäude, die die Augmentationskammer an die Meistbietenden verscherbelte, wurden regelrecht geschleift: Glasfenster wurden ausgebaut und verkauft, das Blei der Dächer abgedeckt und ebenfalls verhökert, die Gemäuer als Steinbruch zur Errichtung neuer Bauwerke genutzt.
    Simon schlug die Bibel auf, betrachtete eine der kunstvoll verzierten Initialen und drehte das Buch dann zu Nick und Madog um. »Seht nur, wie wundervoll. Tausend Jahre lang haben Mönche zur Ehre Gottes und zur Mehrung des Wissens in der Welt Bücher hergestellt. Sie haben sie in ihrer schönsten Schrift verfasst oder kopiert, haben sie bebildert, gebunden und in ihren Bibliotheken verwahrt und gehütet. Als ich ins Kloster eintrat, war die Buchherstellung natürlich schon eingestellt worden, weil die Drucker sie heutzutage erledigen. Aber der Geist war noch da. Die Stille und Frömmigkeit und Demut der Skriptorien lebte in den Bibliotheken fort …« Mit einem unterdrückten Seufzen riss er sich aus seiner Nostalgie und nahm die Hand von dem alten Manuskript. »Ich sage euch, Cromwell hatte mit vielem recht, was er an den Klöstern bemängelt hat. Das Lotterleben, die fetten Äbte, die auf Kosten ihrer geknechteten Bauern immer fetter wurden, die lasterhaften Nonnen und Mönche – all das hat es in den Klöstern gegeben. Aber sie aufzulösen war trotzdem ein Verbrechen. Eine ganze Kultur ist dadurch verloren gegangen, und nichts wird sie je zurückbringen.«
    Nick gab ihm recht.
    Madog leerte seinen Becher und stand auf. »Ich widerspreche dir nicht, Simon, aber ohne das preiswerte Glas aus den vielen Klosterkirchen hätten wir die Fenster der Halle unten nie und nimmer erneuern lassen können.«
    »Und das soll heißen?«, fragte der Priester spöttisch. »Auch das größte Übel birgt immer etwas Gutes? Binsenweisheiten als Betthupferl?«
    Madog klopfte ihm grinsend die Schulter, gähnte herzhaft und legte mit einiger Verspätung die Hand vor den Mund. »Gute Nacht, Gentlemen. Lord

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