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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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vor.
    »Du weißt ganz genau, dass ich keinem Menschen auf der Welt so vertraue wie dir, Tochter«, gab er ernst zurück.
    »Aber wie kann es dann sein …«
    »Ich schweige, um uns zu beschützen«, fiel er ihr ins Wort, untypisch scharf. »Dich, deinen Gemahl und deine Kinder, deine Stiefmutter, deine Geschwister, mich selbst. Niemand wird je ein Wort von mir gegen die Heirat des Königs mit Lady Anne Boleyn hören, und wenn man dich eines Tages auf die Bibel schwören lässt, wahrheitsgetreu und umfassend zu berichten, was ich dir gegenüber zu diesem Thema geäußert habe, wirst du im Angesicht Gottes antworten können: Gar nichts .«
    »Und Schweigen gilt vor dem Gesetz als Zustimmung«, murmelte Nick vor sich hin. Er sah Sir Thomas ins Gesicht. »Das habt Ihr mich gelehrt. An dem Tag, als Ihr mich heimgeschickt habt.«
    More nickte. »Da Ihr es noch wisst, solltet auch Ihr vielleicht öfter einmal innehalten und überlegen, was Ihr vor welchen Zeugen sagt. Eure Freundschaft zu Prinzessin Mary ehrt Euch, aber sie macht Euch politisch angreifbar.«
    »Und wenn schon. Meine Freunde suche ich mir selbst aus, und ich sage, was mir passt«, erklärte Nick rebellisch.
    »Dann seid Ihr ein Narr.«
    »Das habe ich nie bestritten.«
    Wie in alten Zeiten begleitete Nick Lady Meg in die Armenküche, und als die Speisung der Bettler vorüber war, ging er in den Hof neben der Küche und hackte Brennholz, denn der Vorrat an Scheiten, die unter einem Vordach neben der Küchentür aufgestapelt lagen, war fast aufgebraucht.
    »Mein Vater hat es selbst versucht«, erzählte Lady Meg. »Aber auch ein so außergewöhnlicher Mann wie Sir Thomas More kann nicht alles , Mylord.« Ihr schönes Lachen hatte nichts von seinem Zauber verloren, stellte Nick fest.
    Geschickt trieb er die Klinge in einen dicken Eichenklotz, hob das Beil mitsamt dem Holz über den Kopf, als sei es federleicht, und ließ es auf den Block niedersausen. Die zwei Hälften des Eichenklotzes fielen ins Gras. »Ich habe gesehen, dass nicht mehr viele Diener hier sind«, bemerkte er. »Aber es kann wohl kaum so schlimm sein, dass er sein Brennholz selber hacken muss, oder?«
    »Nein. Ihr wisst doch, wie er ist. Die verbliebenen Diener beklagten sich über die viele Arbeit, und da hat er sich in den Kopf gesetzt, sich einen Vormittag in der Woche nützlich zu machen.«
    Nick hob die eine Hälfte des Eichenklotzes auf und stellte sie auf den Block. »Das wird sie lehren, ihm in Zukunft nichts mehr vorzujammern«, mutmaßte er.
    »Vielleicht war genau das seine Absicht«, gab sie zurück. »Ihr macht das übrigens sehr geschickt, Mylord. Für einen Edelmann, meine ich.«
    Über die Schulter warf er ihr ein Grinsen zu, dann richtete er den Blick wieder auf das Beil. »Ich bin so arm, dass mir nichts anderes übrig bleibt, als fleißig zu sein und im Schweiße meines Angesichts mein Brot zu verdienen.«
    »Nun, genau das ist es, was Gott von uns will. Aber ich dachte, Euer Gestüt blüht und gedeiht.«
    Wieder fuhr das Beil nieder, und Nick bückte sich, um die Scheite auf den unordentlichen Haufen zu seiner Linken zu werfen. »Es sieht oberflächlich betrachtet besser aus als früher, nicht mehr so heruntergekommen. Und ich habe mehr Pferde. Aber sie bringen nicht genug ein, und letztes Frühjahr ist mir eine Stute beim Fohlen verendet.« Was er verdiente, musste er obendrein zu einem Drittel an seine Stiefmutter ausbezahlen, er stotterte immer noch seine Schulden ab, und der Gutsbetrieb von Waringham brachte so gut wie nichts ein. »Aber ich will mich nicht beklagen wie Eure Dienerschaft, Lady Meg«, schloss er achselzuckend. »Ich komme über die Runden. Das kann heutzutage nicht jeder Landedelmann von sich sagen.«
    »Nein«, stimmte sie zu, trat näher und half ihm, das gespaltene Holz aufzulesen und zu stapeln.
    Unauffällig – so hoffte er – atmete er tief ein, als sie neben ihm stand, und erhaschte einen Hauch ihres Duftes. »Wo ist Eure Kinderschar?«
    »Mary besucht seit letztem Jahr Vaters Schule«, antwortete Lady Meg mit unverhohlenem Stolz. »Sie lernt schon Griechisch.«
    »Lieber sie als ich«, murmelte Nick und wurde mit einem neuerlichen Ausbruch von Heiterkeit belohnt.
    »Ach ja, ich entsinne mich, das war nicht Eure Stärke, richtig?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Aber trotzdem denke ich gern an die Zeit hier zurück. Vermutlich wusste ich es nicht ausreichend zu schätzen, aber wenn ein Junge keine größeren Sorgen hat als das

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