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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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griechische Alphabet, ist er ein ziemlicher Glückspilz, oder?«
    »Ich bete, dass die Sorgen, die wir heute haben, uns in fünf Jahren auch so klein vorkommen«, sagte Lady Meg, plötzlich untypisch bedrückt.
    Eine Weile arbeiteten sie schweigend. Schließlich richtete Nick sich auf, fuhr sich mit dem Ärmel über die Stirn und sah sie an. »Wird Euer Vater zur Krönung gehen, Lady Meg?«
    »Nie und nimmer.« Sie erwiderte seinen Blick unverwandt, scheinbar gleichmütig, aber sie sagte: »Ich bange um ihn, Nicholas. Ich fürchte, seine Opferbereitschaft an seine Prinzipien kennt keine Grenzen.«
    Nick schulterte das Beil. »Ich mache mir ehrlich gesagt mehr Sorgen um diejenigen unter uns, die ihre Prinzipien nur gar zu bereitwillig opfern.«

Waringham, Mai 1533
    Nick kam aus dem dämmrigen Torhaus in den Innenhof, zügelte Orsino und sah sich aufmerksam um. Das Lächeln, welches sich auf seinem Gesicht ausbreitete, wirkte ein wenig überrascht, denn der Anblick des Burghofs konnte ihn immer noch in Erstaunen versetzen: Dichter, frühlingsheller Rasen bedeckte den Hof, betupft mit Gänseblümchen, Löwenzahn und Schachblumen. Vor dem Wohnhaus auf der linken Hofseite hatte Lady Yolanda einen neuen Rosengarten angelegt – kleiner als der auf der Rückseite des Bergfrieds, aber Nick musste ihr zugestehen, dass er gut durchdacht und sehr hübsch anzusehen war. Kiespfade verbanden die einzelnen Gebäude miteinander, und wer sie verschmähte und eine Abkürzung über den Rasen nahm, riskierte Sumpfhexes Zorn ebenso wie Pollys. Wein rankte am Bergfried empor, und weil er so unermüdlich wuchs, hatte er bereits die Fenster der Halle erreicht. Er milderte den abweisenden Charakter der alten Festung, verlieh ihr etwas Verwunschenes, und das dichte Laub kaschierte den unerfreulichen Umstand, dass der linke vordere Eckturm nur mit rotbraunen Ziegelsteinen ausgebessert worden war, denn das war das Äußerste gewesen, was Nick sich hatte leisten können. Die Ziegel gewährleisteten mehr Stabilität als die abenteuerliche Balkenkonstruktion und machten den Bergfried weniger lebensgefährlich, aber sie waren ein so abscheulicher Anblick, dass Nick sich geschworen hatte, sie nach spätestens einem Jahr durch anständiges Mauerwerk zu ersetzen. Wie so viele Provisorien hatte sich indes auch dieses als ausgesprochen langlebig erwiesen, und Nick hatte erkannt, dass ein verhüllender Rankenbewuchs die preiswerteste Lösung war. Die Glasfenster der Halle fehlten auch immer noch, aber die Holzläden, die sie ersetzten, wirkten frisch gestrichen und einladend. Links des Eingangs zum Bergfried hatten Nicks Köchin Alice und Polly einen kleinen Kräuter- und Obstgarten angelegt, von einem niedrigen Zaun aus geflochtenen Haselzweigen umfriedet, und der Pferdestall und die wenigen anderen hölzernen Gebäude, die noch im Hof standen, waren von Efeu bewachsen oder verschwanden beinah hinter den mannshohen Stockrosen.
    Waringham Castle war – zumindest dem äußeren Anschein nach – ein Stückchen vom Garten Eden geworden.
    Im Schritt ritt Nick zum Stall hinüber, wo Adams jüngerer Bruder Jacob ihn schon erwartete, der nach dem Tod des alten Paul letzten Winter dessen Arbeit übernommen hatte. Der schlaksige Knabe versorgte die wenigen Reittiere, die hier oben noch gehalten wurden, hielt Lady Yolandas Kutsche instand und erledigte den Großteil der anfallenden Gartenarbeiten. Gut gelaunt, willig und meist pfeifend schuftete er von früh bis spät, und Nick hatte sich schon mehr als einmal beglückwünscht, dass er ausnahmsweise einmal erwachsen genug gewesen war, Sumpfhexes Wahl zuzustimmen, als sie ihn vorgeschlagen hatte.
    Jacob nahm Orsino beim Zügel. »Willkommen daheim, Mylord.«
    »Danke.« Nick klopfte seinem schönen fünfjährigen Apfelschimmel den Hals und glitt aus dem Sattel. »Und? Was gibt es Neues?«
    Jacob gehörte zu den Menschen, die immer alles über jeden zu wissen schienen. Das liege an seinem gutmütigen Naturell, behauptete Polly, die Menschen zögen ihn gern ins Vertrauen, weil er geduldig zuhöre und anscheinend für jede Torheit Verständnis aufbringen konnte.
    »Mein Vater und mein Bruder haben wieder über Geld gestritten«, berichtete der Junge getreulich. »Sie reden kein Wort mehr miteinander. Vater geht zuviel ins Wirtshaus, und wenn er wiederkommt, verprügelt er meine Stiefmutter. Die alte Martha Wheeler hat der Schlag getroffen, ich schätze, Himmelfahrt erlebt sie nicht mehr. Ein fremder Gentleman

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