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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Möglichkeiten eingetreten, und welche es auch sein mag, ich bin immer noch in Oxford, Mississippi. Dies alles ist nicht wirklich.«
    Sie sprach weiter. Wäre ihre Stimme lauter (oder er nicht verliebt) gewesen, hätte es fast eine Moralpredigt sein können. Aber so hörte es sich mehr wie Poesie denn wie eine Moralpredigt an.
    Davon abgesehen, mußte er sich vergegenwärtigen, daß alles Bockmist ist, und davon mußt du sie überzeugen. Ihretwegen.
    »Ich habe vielleicht eine Kopfverletzung abbekommen«, sagte sie. »In Oxford Town haben sie berüchtigte Axtstiel- und Keulenschwinger.«
    Oxford Town.
    Das löste einen leisen Akkord des Erkennens ganz hinten in Eddies Verstand aus. Sie sprach die Worte mit einem Rhythmus aus, den er aus irgendwelchen Gründen mit Henry assoziierte… mit Henry und nassen Windeln. Warum? Was? War jetzt einerlei.
    »Du willst mir erzählen, du hältst das alles hier für eine Art Traum, den du hast, während du bewußtlos bist?«
    »Oder im Koma«, sagte sie. »Und du solltest mich nicht ansehen, als hieltest du das für lächerlich, das ist es nämlich nicht. Schau her.«
    Sie teilte das Haar sorgfältig auf der linken Seite, und Eddie sah, daß sie es nicht nur seitlich gescheitelt hatte, weil ihr das gefiel. Die alte Verletzung unter dem seitlichen Haarschopf war vernarbt und häßlich, nicht braun, sondern grauweiß.
    »Schätze, du hast zu deiner Zeit ‘ne Menge Pech gehabt«, sagte er.
    Sie zuckte ungeduldig die Schultern. »Eine Menge Pech und eine Menge angenehmes Leben«, sagte sie. »Vielleicht gleicht sich alles aus. Ich habe dir das nur gezeigt, weil ich mit fünf Jahren schon einmal drei Wochen im Koma lag. Damals habe ich eine Menge geträumt. Ich kann mich nicht an die Träume erinnern, aber ich erinnere mich, meine Mama hat gesagt, sie wußte, daß ich nicht sterben würde, solange ich redete, und es schien, als würde ich ständig reden, obwohl sie sagte, sie konnten von einem Dutzend Worten höchstens eins verstehen. Ich erinnere mich aber, daß die Träume sehr lebhaft waren.«
    Sie machte eine Pause und sah sich um.
    »So lebhaft, wie dieser Ort zu sein scheint. Und du, Eddie.«
    Als sie seinen Namen aussprach, kribbelten seine Arme. Oh, es hatte ihn tatsächlich erwischt. Schlimm erwischt.
    »Und er.« Sie zitterte. »Er scheint der lebhafteste von allen zu sein.«
    »Wir sind wirklich, was du auch denken magst.«
    Sie lächelte ihn freundlich an. Und vollkommen ungläubig.
    »Wie ist das passiert?« sagte er. »Dieses Ding an deinem Kopf?«
    »Das ist nicht wichtig. Ich wollte nur zeigen, daß etwas, das einmal passiert ist, wieder passieren kann.«
    »Nein, aber ich bin neugierig.«
    »Ich wurde von einem Backstein getroffen. Es war unsere erste Reise nach Norden. Wir kamen in die Stadt Elizabeth, New Jersey. Wir kamen in einem Jim Crow-Wagen.«
    »Was ist das?«
    Sie sah ihn ungläubig, beinahe verabscheuend an. »Wo hast du denn gelebt, Eddie? In einem Atomschutzbunker?«
    »Ich stamme aus einer anderen Zeit«, sagte er. »Dürfte ich fragen, wie alt du bist, Odetta?«
    »Alt genug zu wählen, aber noch nicht alt genug für die Rente.«
    »Nun, schätze, das verweist mich auf meinen Platz.«
    »Aber sanft, hoffe ich«, sagte sie und lächelte wieder dieses strahlende Lächeln, das seine Arme kribbeln ließ.
    »Ich bin dreiundzwanzig«, sagte er, »aber ich wurde 1964 geboren – dem Jahr, in dem du gelebt hast, als Roland dich geholt hat.«
    »Das ist Unsinn.«
    »Nein, ich habe 1987 gelebt, als er mich geholt hat.«
    »Nun«, sagte sie nach einem Augenblick, »das stützt deine Argumentation, dies alles wäre die Wirklichkeit, in der Tat, Eddie.«
    »Der Jim Crow-Wagen… war das, wo sich die schwarze Bevölkerung aufhalten mußte?«
    »Die Neger«, sagte sie. »Einen Neger schwarz zu nennen, ist etwas unhöflich, findest du nicht?«
    »Um 1980 oder so werdet ihr euch alle selbst so nennen«, sagte Eddie. »Als ich ein Kind war, brachte es einem höchstwahrscheinlich Prügel ein, wenn man einen schwarzen Jungen Neger nannte. Es war fast, als hätte man ihn Nigger genannt.«
    Sie sah ihn einen Augenblick unsicher an, dann schüttelte sie den Kopf.
    »Dann erzähl mir von dem Backstein.«
    »Die jüngste Schwester meiner Mutter heiratete«, sagte Odetta. »Ihr Name war Sophie, aber meine Mutter nannte sie fast immer Schwester Blau, weil sie diese Farbe immer so gerne mochte. ›Jedenfalls mochte sie es, sie zu mögen‹, pflegte meine Mutter es immer

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