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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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nicht so wichtig genommen; er hatte sich nie einen Bart wachsen lassen, aber manchmal dauerte es drei oder vier Tage, bis Mutter ihn gedrängt hatte, ›die Stoppeln zu mähen‹.
    Aber als er zurückkam, war Henry diesbezüglich besessen gewesen (und bezüglich einiger anderer Gepflogenheiten auch, zum Beispiel Fußpuder nach dem Duschen; drei- bis viermal täglich Zähneputzen, gefolgt von einer Munddusche; immer die Kleidung aufhängen), und er hatte Eddie ebenfalls zum Fanatiker gemacht. Die Stoppeln wurden jeden Morgen und jeden Abend gemäht. Jetzt war ihm diese Gewohnheit so in Fleisch und Blut übergegangen wie viele andere, die ihm Henry beigebracht hatte. Einschließlich der, für die man eine Nadel brauchte.
    »Zu glatt rasiert?« fragte er sie grinsend.
    »Zu weiß«, sagte sie knapp und schaute dann einen Augenblick stumm und ernst aufs Meer hinaus. Eddie war auch still. Wenn es auf so etwas eine Antwort gab, so wußte er sie nicht.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Das war sehr unfreundlich, sehr unfair und sieht mir gar nicht ähnlich.«
    »Schon gut.«
    »Ist es nicht. Es ist, als würde eine weiße Person zu jemand mit sehr heller Haut sagen: ›Herrje, hätte mir nie träumen lassen, daß du ein Nigger bist.‹«
    »Du hältst dich sonst für weniger voreingenommen«, sagte Eddie.
    »Wofür wir uns halten und wie wir wirklich sind, das hat selten viel miteinander gemeinsam, glaube ich, aber, ja – ich halte mich für unvoreingenommener. Daher solltest du meine Entschuldigung bitte annehmen, Eddie.«
    »Unter einer Bedingung.«
    »Und die wäre?« Sie lächelte wieder ein wenig. Das war gut. Es gefiel ihm, wenn er sie zum Lächeln bringen konnte.
    »Gib dem hier eine faire Chance. Das ist die Bedingung.«
    »Gib was eine faire Chance?« Sie hörte sich etwas belustigt an.
    Bei jedem anderen wäre Eddie angesichts dieses Tonfalls wahrscheinlich der Geduldsfaden gerissen, hätte er es satt gehabt, aber bei ihr war es etwas anderes. Bei ihr machte es nichts. Er vermutete, daß bei ihr überhaupt nichts etwas machen würde.
    »Das ist die dritte Möglichkeit. Daß dies wirklich geschieht. Ich meine…« Eddie räusperte sich. »Ich bin in Philosphie nicht sehr gut, du weißt schon, Metamorphose oder wie man es immer nennen will…«
    »Meinst du Metaphysik?«
    »Vielleicht. Weiß nicht. Glaube schon. Aber du weißt, du kannst nicht herumspazieren und dem nicht glauben, was dir deine Sinne sagen. Wenn deine Überzeugung, dies alles ist ein Traum, richtig ist…«
    »Ich habe nicht gesagt ein Traum …«
    »Was du auch immer gesagt hast, darauf läuft es doch hinaus, nicht? Eine Scheinwirklichkeit?«
    Hatte ihre Stimme vor einem Augenblick noch etwas leicht Gönnerhaftes gehabt, so war es jetzt verschwunden. »Philosophie und Metaphysik sind vielleicht nicht dein Gedöns, Eddie, aber du mußt in der Schule ein verflucht interessanter Diskussionspartner gewesen sein.«
    »Ich war nie in Diskussionsklassen. Die waren für Schwule und Lesben und Spinner. Wie der Schachklub. Was meinst du damit, mein Gedöns? Was ist ein Gedöns?«
    »Einfach etwas, das du magst. Und was meinst du mit Schwulen? Was sind Schwule?«
    Er sah sie einen Augenblick an, dann zuckte er die Achseln. »Homos. Tunten. Vergiß es. Wir könnten uns den ganzen Tag über Umgangssprache unterhalten. Das bringt uns nicht weiter. Ich will damit sagen, wenn alles ein Traum ist, könnte es auch meiner sein, nicht deiner. Du könntest ein Trugbild meiner Fantasie sein.«
    Ihr Lächeln verschwand. »Du… niemand hat dich gehauen.«
    »Dich hat auch niemand gehauen.«
    Jetzt war ihr Lächeln völlig verschwunden. »Niemand, an den ich mich erinnern könnte«, verbesserte sie ihn mit einiger Schärfe.
    »Ich auch nicht!« sagte er. »Du hast mir gesagt, sie sind in Oxford ziemlich rauh. Nun, diese Zollburschen waren auch nicht gerade vor Freude am Platzen, als sie den Stoff nicht finden konnten, den sie suchten. Einer hätte mir mit dem Pistolenkolben auf den Kopf hauen können. Ich könnte momentan in der Intensivstation des Bellevue liegen und von dir und Roland träumen, während sie ihre Berichte schreiben und erklären, wie ich während des Verhörs plötzlich gewalttätig wurde und sie mir eine verpassen mußten.«
    »Das ist nicht dasselbe.«
    »Warum nicht? Weil du diese intelligente, gesellschaftlich engagierte schwarze Dame ohne Beine bist, und ich nur ein Durchhänger aus Co-Op City?« Er sagte es mit einem Grinsen, meinte es als

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