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Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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auszudrücken. Daher habe ich sie immer Tante Blau genannt, schon bevor ich sie kennengelernt habe. Es war eine wunderschöne Hochzeit. Hinterher wurde ein Fest gefeiert. Ich erinnere mich an die vielen Geschenke.«
    Sie lachte.
    »Wenn man ein Kind ist, sehen Geschenke immer so wunderbar aus, findest du nicht auch, Eddie?«
    Er lächelte. »Ja, da hast du recht. Geschenke vergißt man nie. Nicht, was man selbst, und auch nicht, was jemand anders bekommen hat.«
    »Mein Vater verdiente mittlerweile schon viel Geld, aber ich wußte nur, daß wir zurechtkamen. So hat meine Mutter es immer genannt, und als mich ein kleines Mädchen, mit dem ich spielte, einmal fragte, ob mein Vater reich wäre, da sagte sie mir, das sollte ich immer antworten, wenn mir jemand diese Frage stellte: daß wir zurechtkamen.
    Daher konnten sie es sich leisten, Tante Blau ein hübsches Porzellanservice zu schenken, und ich erinnere mich…«
    Ihre Stimme erstarb. Sie griff sich mit einer Hand an die Schläfe und rieb dort abwesend, als würden sich Kopfschmerzen ankündigen.
    »Erinnerst du dich an was, Odetta?«
    »Ich erinnere mich, daß meine Mutter ihr etwas Besonderes schenkte.«
    »Was?«
    »Tut mir leid. Ich habe Kopfschmerzen. Das verwirrt meine Zunge. Ich weiß sowieso nicht, warum ich mir die Mühe mache, dir das alles zu erzählen.«
    »Macht es dir etwas aus?«
    »Nein, es macht mir nichts aus. Ich wollte sagen, Mutter schenkte ihr einen ganz besonderen Teller. Er war weiß und hatte ein feines blaues Muster um den ganzen Rand herum.« Odetta lächelte ein wenig. Eddie fand, daß es kein vollkommen behagliches Lächeln war. Etwas an dieser Erinnerung machte ihr zu schaffen, und die Tatsache, daß das Vorrang vor der seltsamen Situation erlangte, in der sie sich befand und die ihre gesamte Aufmerksamkeit hätte in Anspruch nehmen sollen, machte ihm zu schaffen.
    »Ich sehe diesen Teller so deutlich vor mir, wie ich dich jetzt vor mir sehe, Eddie. Meine Mutter gab ihn Tante Blau, und sie hat darüber geweint und geweint. Ich glaube, sie hatte so einen Teller einmal gesehen, als sie und meine Mutter noch Kinder waren, aber ihre Eltern hätten sich so einen Teller natürlich nie leisten können. Keine von ihnen hatte als Kind etwas so Besonderes bekommen. Nach der Feier brachen Tante Blau und ihr Mann in die Flitterwochen nach Great Smokies auf. Sie fuhren mit dem Zug.« Sie sah Eddie an.
    »In dem Jim Crow-Wagen«, sagte er.
    »Ganz recht! Im Jim Crow-Wagen! Damals fuhren Neger damit, und dort aßen sie auch. Und wir versuchen in Oxford Town, das zu ändern.«
    Sie sah ihn an, erwartete eindeutig, er würde darauf bestehen, daß sie hier war, aber er war wieder im Netz seiner eigenen Erinnerungen gefangen: nasse Windeln und diese Worte. Oxford Town. Doch plötzlich fielen ihm andere Worte ein, nur eine einzige Zeile, aber er erinnerte sich, Henry hatte sie immer wieder gesungen, bis seine Mutter gefragt hatte, ob er endlich damit aufhören würde, damit sie Walter Cronkite hören konnte.
    Somebody better investigate soon. Das waren die Worte. Henry hatte sie immer wieder mit einer näselnden, monotonen Stimme gesungen. Er suchte nach mehr, fand aber nichts, aber war das wirklich so überraschend? Er konnte damals höchstens drei gewesen sein. Somebody better investigate soon. Die Worte machten ihn frösteln.
    »Eddie, alles in Ordnung?«
    »Ja. Warum?«
    »Du hast gezittert.«
    Er lächelte. »Donald Duck muß über mein Grab geschritten sein.«
    Sie lachte. »Wie auch immer, es hat wenigstens die Hochzeit nicht verdorben. Es geschah, als wir auf dem Rückweg zum Bahnhof waren. Wir übernachteten bei einem Freund von Tante Blau, und am nächsten Morgen rief mein Vater ein Taxi. Das Taxi kam sofort, aber als der Fahrer sah, daß wir schwarz waren, fuhr er davon als würde sein Kopf brennen und sein Arsch Feuer fangen. Der Freund von Tante Blau war schon mit dem Gepäck vorausgegangen – wir hatten eine Menge, weil wir eine Woche in New York verbringen wollten. Ich erinnere mich, mein Vater sagte, er könne es gar nicht abwarten, mein Gesicht leuchten zu sehen, wenn die Uhr im Central Park die volle Stunde schlug und alle Tiere tanzten.
    Mein Vater sagte, wir könnten auch zu Fuß zum Bahnhof gehen. Meine Mutter stimmte so schnell wie ein Speichellecker zu, sie sagte, das wäre eine gute Idee, es wäre kaum eine Meile und es wäre schön, sich die Beine zu vertreten, nachdem wir drei Tage in einem Zug hinter uns und einen halben Tag in

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