Der Dunkle Turm 3 - Tot
glaubte nicht, daß das der einzige Grund war; er stellte fest, daß der Junge tellerweise in sich hineinschaufelte (und alle paar Minuten dem Bumbler zu seinen Füßen ein Stück von etwas abgab), und Jake war noch keine Woche hier.
Es gab Schüsseln mit Stew (Stücke von Büffelfleisch schwammen in einer dicken braunen Soße mit Gemüse), Platten mit frischen Biskuits, Schalen mit frischer weißer Butter und Schüsseln mit Blättern, die wie Spinat aussahen, aber keiner war… nicht genau. Eddie war nie besonders verrückt nach Gemüse gewesen, aber als er davon gekostet hatte, wachte ein unterernährter Teil von ihm auf und schrie danach. Er aß von allem reichlich, aber sein Bedarf nach dem grünen Blattgemüse nahm die Ausmaße von Gier an, und er sah, daß auch Susannah sich immer wieder damit den Teller füllte.
Die alte Frauen und die Albinozwillinge räumten die Schüsseln ab. Sie kehrten mit Kuchenstückchen zurück, die hoch auf zwei dicken Keramikplatten aufgeschichtet waren, und dazu gehörte eine Schüssel Schlagsahne. Der Kuchen verströmte einen süßlichen Wohlgeruch, bei dem Eddie den Eindruck hatte, als wäre er gestorben und in den Himmel gekommen.
»Nur Büffelsahne«, sagte Tante Talitha wegwerfend. »Keine Kühe mehr – die letzte hat vor dreißig Jahren das Zeitliche gesegnet. – Büffelsahne ist nichts Besonderes, aber besser als nichts, bei Daisy!«
Wie sich herausstellte, war der Kuchen mit Blaubeeren gefüllt. Eddie fand, daß er jedem Kuchen, den er bisher gegessen hatte, eine Landmeile voraus war. Er aß drei Stücke, lehnte sich zurück und rülpste schallend, ehe er sich die Hand vor den Mund halten konnte. Er sah sich schuldbewußt um.
Mercy, die blinde Frau, gackerte. »Das hab’ ich gehört! Jemand dankt der Köchin, Tantchen!«
»Ay«, sagte Tante Talitha, die selbst lachte. »So ist es.«
Die beiden Frauen, die das Essen serviert hatten, kamen wieder zurück. Eine trug einen dampfenden Krug; die andere balancierte eine Anzahl Keramiktassen auf einem Tablett.
Tante Talitha saß am Kopf der Tafel, Roland rechts von ihr. Jetzt beugte er sich zu ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie hörte zu, ihr Lächeln ließ ein wenig nach, dann nickte sie.
»Si, Bill und Till«, sagte sie. »Ihr drei bleibt. Wir ziehen uns zu einem kurzen Palaver mit diesem Revolvermann und seinen Freunden zurück, weil diese noch am heutigen Nachmittag weiterziehen wollen. Ihr anderen trinkt euren Kaffee in der Küche und seid leise. Und vergeßt nicht die guten Manieren, bevor ihr geht!«
Bill und Till, die Albinozwillinge, blieben am unteren Ende der Tafel sitzen. Die anderen stellten sich in einer Reihe auf und gingen langsam an den Reisenden vorbei. Jeder gab Eddie und Susannah die Hand und küßte Jake auf die Wange. Der Junge ließ es mit Anstand über sich ergehen, aber Eddie konnte sehen, daß er überrascht und verlegen zugleich war.
Wenn sie zu Roland kamen, knieten sie vor ihm nieder und berührten den Sandelholzgriff des Revolvers, der aus dem Halfter an der linken Hüfte ragte. Er legte ihnen die Hände auf die Schultern und küßte jedem die runzlige Stirn. Mercy war die letzte; sie schlang die Arme um Rolands Taille und gab ihm einen feuchten, schallenden Schmatz auf die Wange.
»Gott schütze und behüte Euch, Revolvermann! Wenn ich Euch nur sehen könnte!«
»Vergiß deine Manieren nicht, Mercy!« sagte Tante Talitha schneidend, aber Roland achtete nicht auf sie und beugte sich über die blinde Frau.
Er nahm ihre Hände sanft, aber fest in seine und führte sie zu seinem Gesicht. »Sieh mich damit, meine Schöne«, sagte er und machte die Augen zu, als sich ihre runzligen und von Arthritis deformierten Finger langsam über Stirn, Wangen, Lippen und Kinn tasteten.
»Ay, Revolvermann!« hauchte sie und hob ihre toten Augenhöhlen seinen blauen Augen entgegen. »Ich sehe dich ausgezeichnet! Ein schönes Gesicht ist es, doch voll Traurigkeit und Anteilnahme. Ich habe Angst um Euch und die Euren.«
»Und doch wurden wir voll des Guten, oder nicht?« sagte er und drückte einen sanften Kuß auf die runzlige Haut ihrer Stirn.
»Ay – das sind wir. Das sind wir. Danke für Euren Kuß, Revolvermann. Aus ganzem Herzen danke ich Euch.«
»Geh weiter, Mercy«, sagte Tante Talitha mit sanfterer Stimme. »Trink deinen Kaffee.«
Mercy stand auf. Der alte Mann mit Krücke und Holzbein führte ihre Hand zum Hosenbund. Sie ergriff ihn und ließ sich nach einem letzten Gruß an Roland
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