Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
den Gang auf einen Abschnitt voll Glasscherben und zersplitterter Holzbalken zugeschleudert. Schlitzer fing ihn und stieß ihn wieder vorwärts. »Lauf, du ungeschickter Bengel! Kannste nich laufen? Wenn der Ticktackmann nich wär, würd ich dich gleich hier in Arsch ficken und dir dabei die Kehle durchschneiden, ay, das würd ich!«
    Jake lief in einem Nebel, wo nur Schmerzen und die gelegentlichen Hiebe von Schlitzers Fäusten auf seinem Rücken und dem Hinterkopf existierten. Als er schließlich sicher war, daß er nicht mehr laufen konnte, packte Schlitzer ihn am Hals und zerrte ihn so ruckartig zum Stillstand, daß Jake mit einem erstickten Würgen gegen ihn prallte.
    »Jetzt kommt ein kitzliges kleines Stückchen!« keuchte Schlitzer liebenswürdig. »Schau gradaus, dann siehste zwei Drähte, die sich unten am Boden wie’n X überkreuzen. Siehste se?«
    Zuerst sah Jake sie nicht. Es war düster hier; Berge von Kupferkesseln waren links aufgetürmt, und rechts Stahltanks, die wie Taucherausrüstungen aussahen. Jake dachte, daß er letztere mit einem starken Atemzug in einen Erdrutsch verwandeln konnte. Er fuhr mit den Unterarmen über die Stirn, strich sich Haarsträhnen aus den Augen und versuchte, nicht daran zu denken, wie er aussehen würde, wenn schätzungsweise sechzehn Tonnen dieser Stahltanks auf ihm lagen. Er sah blinzelnd in die Richtung, in die Schlitzer deutete. Ja, jetzt konnte er – gerade – zwei dünne silberne Fäden erkennen, die wie Gitarren- oder Banjosaiten aussahen. Sie führten von entgegengesetzten Seiten des Durchgangs herab und überkreuzten sich etwa fünfzig Zentimeter über dem Boden.
    »Kriech drunter, mein Herzblatt. Und sei vorsichtig, denn wennde so nen Draht auch nur anhauchst, stürzen dir die halben Beton- und Stahlabfälle dieser Stadt auffen süßen kleinen Kopf. Auf mein’ auch, aber ich denk, das würd dich nich weiter stören, oder? Jetzt kriech!«
    Jake streifte den Ranzen ab, legte sich hin und schob ihn durch die Lücke vor sich. Und als er sich unter den dünnen, straffen Drähten hindurchschob, stellte er fest, daß er doch noch ein wenig länger leben wollte. Ihm war, als könnte er die tausend Tonnen sorgfältig ausbalancierten Mülls, die nur darauf warteten, auf ihn herunterzustürzen, förmlich spüren. Diese Drähte halten wahrscheinlich zwei sorgfältig ausgesuchte Ecksteine an Ort und Stelle, dachte er. Wenn einer davon bricht… ashes, ashes, we all fall down. Er streifte mit dem Rücken an einem der Drähte und hörte hoch über sich etwas knirschen.
    »Vorsicht, Jüngelchen!« stöhnte Schlitzer fast. »Ach so vorsichtig!«
    Jake robbte auf Knien und Ellbogen unter den beiden Drähten durch. Das stinkende, schweißnasse Haar fiel ihm wieder in die Augen, aber er wagte nicht, es wegzustreichen.
    »Du bist durch«, grunzte Schlitzer schließlich und kroch mit der Behendigkeit langer Übung unter der Stolperfalle durch. Er stand auf und schnappte sich Jakes Ranzen, ehe dieser ihn wieder aufziehen konnte. »Was ist da drin, Jüngelchen?« fragte er, machte die Gurte auf und sah hinein. »Haste was Hübsches für dein’ alten Kumpel drin? Der Schlitzermann liebt Überraschungen, so isses!«
    »Da ist nichts drin, außer…«
    Schlitzers Hand schnellte vorwärts und schleuderte Jakes Kopf mit einer ruckartigen Bewegung zurück, bei der wieder blutiger Schaum aus der Nase des Jungen spritzte.
    »Warum haben Sie das gemacht?« fragte Jake wütend und verletzt.
    »Weilde mir was gesagt hast, was ich mit mein’ eigenen Scheißaugen sehn kann!« schrie Schlitzer und warf Jakes Ranzen beiseite. Er fletschte die verbliebenen Zähne zu einem bedrohlichen Grinsen und sah den Jungen an. »Und weilde fast die ganze beschissene Anlage auf uns hast stürzen lassen!« Er verstummte, dann fügte er mit leiser Stimme hinzu: » Und weil ich Lust dazu gehabt hab’, das muß ich zugem. Dein dummes Schafsgesicht versetzt mich ziemlich inne Draufschlagstimmung, so isses!« Das Grinsen wurde breiter und entblößte weißes, triefendes Zahnfleisch, ein Anblick, auf den Jake hätte verzichten können. »Wenn dein hartgesottener Freund uns bis hierher folgen sollte, wird er ne Überraschung erleben, wenner gegen diese Drähte läuft, was?« Schlitzer sah immer noch grinsend auf. »Soweit ich mich erinnern kann, balanciert da oben irgendwo ‘n städtischer Bus.«
    Jake fing an zu weinen – müde, hoffnungslose Tränen, die schmale Kanäle in der Staubschicht auf seinem Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher