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Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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welches Ausmaß.
    Die Lautsprecher waren eine Kriegsmaßnahme, dachte Susannah. Natürlich. Gott allein weiß, für welchen Krieg oder vor wie langer Zeit, aber es muß schon einige Jährchen her sein. Die Herrscher von Lud haben das Lautsprechersystem benützt, um Ansagen aus einem zentralen, bombensicheren Ort zu machen – einem Kommandobunker wie dem, in den sich Hitler und seine Stabschefs gegen Ende des Zweiten Weltkriegs zurückgezogen haben.
    Und sie konnte die Stimmen in den Ohren hören, die aus jenen Lautsprechern gedrungen waren – konnte sie so deutlich hören wie das Quietschen der Wagen, die durch River Crossing kamen, so deutlich wie das Knallen der Peitschen über den Rücken der schuftenden Ochsen.
    Rationierungszentren A und D sind heute geschlossen; bitte begeben Sie sich mit den gültigen Lebensmittelkarten zu den Zentren B, C, E und F.
    Milizschwadronen Neun, Zehn und Zwölf zum Ufer des Send vorrücken.
    Luftangriffe werden zwischen acht und zehn Uhr erwartet. Die Zivilbevölkerung wird aufgefordert, sich in den zugeteilten Luftschutzbunkern zu melden. Bringen Sie Ihre Gasmasken mit. Ich wiederhole: Bringen Sie Ihre Gasmasken mit.
    Ansagen, ja… und verhackstückelte Versionen der Nachrichten – eine militärische Propagandaversion, die George Orwell Zwiesprache genannt hätte. Und zwischen den Nachrichtensendungen und Ansagen schmetternde Marschmusik und Durchhalteparolen, die Toten dadurch zu ehren, daß man noch mehr Männer und Frauen in den roten Schlund des Gemetzels schickte.
    Dann war der Krieg zu Ende gegangen und Schweigen hatte sich herniedergesenkt… eine Weile. Irgendwann hatten die Lautsprecher dann wieder zu senden angefangen. Wie lange war das her? Hundert Jahre? Fünfzig? War es wichtig? Susannah fand nicht. Wichtig war, als die Lautsprecher reaktiviert wurden, sendeten sie nur eine einzige Bandschleife… das Band mit den Trommeln. Und die Nachkommen der ursprünglichen Stadtbewohner hatten es… wofür gehalten? Die Stimme der Schildkröte? Den Willen des Balkens?
    Susannah erinnerte sich plötzlich daran, wie sie ihren Vater, einen stillen, zutiefst zynischen Mann gefragt hatte, ob er glaubte, daß es einen Gott im Himmel gab, der den Lauf des menschlichen Schicksals bestimmte. Nun, hatte er gesagt, ich denke, es ist halb und halb, Odetta. Ich glaube, daß es einen Gott gibt, aber ich glaube nicht, daß Er sich heutzutage noch sehr um uns kümmert; ich glaube, nachdem wir Seinen Sohn getötet hatten, ist ihm endlich klargeworden, daß mit den Söhnen Adams und Töchtern Evas nichts mehr anzufangen war, und daher hat Er uns links liegenlassen. Kluger Mann.
    Sie hatte auf diese Antwort (die sie voll und ganz erwartet hatte; sie war elf und wußte ziemlich gut, wie das Denken ihres Vaters funktionierte) damit reagiert, daß sie ihm einen Ausschnitt aus der Kirchenseite der Lokalzeitung gezeigt hatte. Dort stand, daß Reverend Murdock von der Methodistenkirche Grace am Sonntag über das Thema ›Gott spricht jeden Tag zu uns‹ predigen würde – mit einem Bibeltext aus dem ersten Korintherbrief. Darüber hatte ihr Vater so lachen müssen, daß ihm Tränen in die Augen traten. Nun, ich glaube, wir hören alle jemanden sprechen, hatte er schließlich gesagt, und auf eines kannst du deinen allerletzten Dollar verwetten, Süße: Wir alle – einschließlich dieses Reverends Murdock – hören diese Stimme genau das sagen, was wir hören wollen. Das ist so bequem.
    Diese Menschen hatten aus der Tonbandaufzeichnung der Trommeln eindeutig eine Aufforderung zum rituellen Mord heraushören wollen. Und wenn die Trommeln heute aus den Hunderten oder Tausenden von Lautsprechern hämmerten – ein dröhnender Beat, bei dem es sich um das Schlagzeug eines Z. Z. Top-Songs mit dem Titel ›Velcro Fly‹ handelte, wenn Eddie recht hatte –, war das ihr Signal, die Henkerstricke aufzurollen und ein paar Leute an die nächsten Lautsprecherpfosten zu knüpfen.
    Wie viele? fragte sie sich, während Eddie sie im Rollstuhl schob, dessen zerschrammte Vollgummireifen über Glasscherben knirschten und durch zerknittertes Altpapier raschelten. Wie viele mußten im Lauf der Jahre sterben, weil ein elektronischer Schaltkreis unter der Stadt den Schluckauf hat? Hat es angefangen, weil sie das grundsätzlich Fremde an der Musik erkannt haben, die – wie wir, das Flugzeug und einige der Autos auf den Straßen – aus einer anderen Welt stammt?
    Sie wußte es nicht, sie wußte nur, sie hatte den

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