Der Dunkle Turm 3 - Tot
Schulgeld 22000 Dollar jährlich betrug), nur der Grips. Wahrscheinlich hatten viele in diesem Sommer eine Reise versprochen bekommen, wenn ihre Noten gut genug waren. Möglicherweise würden die Eltern einiger glücklicher Gewinner sogar mitkommen. Möglicherweise…
»John, fühlst du dich nicht wohl?« fragte Mr. Bissette.
»Doch«, sagte Jake. »Prima. Ich hab’ heute morgen ein wenig verschlafen. Schätze, ich bin noch nicht richtig wach.«
Mr. Bissetts Gesicht entspannte sich; er lächelte. »Passiert den Besten von uns.«
Meinem Dad nicht. Der Meister des Killens verschläft nie.
»Bist du für die Abschlußprüfung in Französisch bereit?« fragte Mr. Bissette. »Voulez-vous examiner a moi cette midi?«
»Ich glaube schon«, sagte Jake. In Wahrheit wußte er nicht, ob er für die Abschlußprüfung bereit war oder nicht. Er konnte sich nicht einmal erinnern, ob er für die Abschlußarbeit gelernt hatte oder nicht. An diesem Tag schien nichts besonders wichtig zu sein, abgesehen von den Stimmen in seinem Kopf.
»Ich möchte dir noch einmal sagen, was es mir für eine Freude war, dich dieses Jahr in meinem Unterricht zu haben, John. Ich wollte es auch deinen Eltern sagen, aber sie sind nicht zum Elternabend gekommen…«
»Sie sind ziemlich beschäftigt«, sagte Jake.
Mr. Bissette nickte. »Nun, es war mir ein Vergnügen. Das wollte ich dir nur sagen… und daß ich mich darauf freue, wenn du nächstes Jahr Französisch II besuchst.«
»Danke«, sagte Jake und fragte sich, was Mr. Bissette sagen würde, sollte er noch hinzufügen: Aber ich glaube nicht, daß ich nächstes Jahr Französisch II belegen werde, es sei denn, ich kann einen Fernkurs via Postfach im guten alten Sunnyvale bekommen.
Joanne Franks, die Schulsekretärin, erschien mit ihrer kleinen, silberlegierten Glocke in der Hand unter der Tür des Gemeinschaftszimmers. In der Piper School wurden alle Glocken von Hand geläutet. Jake vermutete, für die Eltern gehörte das zu den charmanten Eigenheiten. Erinnerungen ans kleine rote Dorfschulhaus und so weiter. Er selbst konnte es nicht ausstehen. Der Klang dieser Glocke schien einem regelrecht den Kopf zu sprengen…
Ich halte nicht mehr lange durch, dachte er verzweifelt. Es tut mir leid, aber ich dreh durch. Ich dreh wirklich und wahrhaftig durch.
Mr. Bissette hatte Ms. Franks gesehen. Er wandte sich ab, dann drehte er sich wieder um. »Dir fehlt doch wirklich nichts, John? In den vergangenen Wochen hast du so gedankenverloren gewirkt. Besorgt. Liegt dir etwas auf dem Herzen?«
Die freundliche Stimme von Mr. Bissette lockte Jake fast aus der Reserve, aber dann überlegte er sich, wie Mr. Bissette dreinschauen würde, sollte er antworten: Ja. Mir liegt etwas auf dem Herzen. Ein verdammt garstiges kleines Tatsächelchen. Sehen Sie, ich bin gestorben und in eine andere Welt gekommen. Und dann bin ich wieder gestorben. Sie sagen, so etwas passiert nicht, und Sie haben selbstverständlich recht, und mit einem Teil meines Verstandes weiß ich, daß Sie recht haben, aber der größte Teil weiß, daß Sie sich irren. Es ist passiert. Ich bin gestorben.
Wenn er so etwas sagte, würde Mr. Bissette sofort mit Elmer Chambers telefonieren, und Jake war überzeugt, das Sunnyvale-Sanatorium würde wahrscheinlich wie ein Erholungsheim wirken, nachdem sein Vater alles abgelassen hatte, was er über Jungs zu sagen wußte, die kurz vor Ende des Schuljahres plötzlich seltsame Anwandlungen bekamen. Jungs, die etwas machten, worüber man nicht beim Essen oder bei Cocktails sprechen konnte. Jungs, die ERWARTUNGEN NICHT ERFÜLLTEN.
Jake zwang sich, Mr. Bissette zuzulächeln. »Ich mache mir etwas Sorgen wegen der Prüfungen.«
Mr. Bissette blinzelte. »Schaffst du spielend.«
Ms. Franks läutete die Versammlungsglocke. Jeder Schlag bohrte sich in Jakes Ohren und schien wie eine kleine Rakete durch sein Gehirn zu jagen.
»Komm mit«, sagte Mr. Bissette. »Wir kommen zu spät. Und am ersten Tag der Abschlußprüfungen sollte man nicht zu spät dran sein, oder?«
Sie gingen hinein, vorbei an Ms. Franks und ihrer schrillen Glocke. Mr. Bissette näherte sich einer Sitzreihe, die er Fakultätschor nannte. In der Piper School gab es eine Menge niedliche Namen wie diesen; das Auditorium nannte man das Gemeinschaftszimmer, die Mittagspause hieß Freizeit, Siebt- und Achtkläßler waren Oberjungs und -mädchen, und die Klappstühle beim Klavier (mit dem Ms. Franks bald ebenso unbarmherzig umgehen würde wie mit
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