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Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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der Silberglocke) waren selbstverständlich der Fakultätschor. Das war alles Bestandteil der Tradition, vermutete Jake. Wenn man als Eltern wußte, das Kind verbrachte seine Freizeit im Gemeinschaftszimmer und schlang nicht nur in der Mensa ein Thunfischsandwich hinunter, entspannte man sich in dem sicheren Gefühl, daß an der Ausbildungsfront alles bestens in Ordnung war.
    Er nahm auf einem Stuhl im hinteren Teil Platz und ließ die morgendlichen Ankündigungen über sich hinwegrauschen. Das Grauen brandete endlos durch sein Gehirn und vermittelte ihm ein Gefühl, als wäre er eine im Laufrad gefangene Ratte. Und wenn er versuchte, in eine kommende, bessere Zeit zu sehen, sah er nur Dunkelheit.
    Das Schiff war seine geistige Gesundheit, und es ging unter.
    Mr. Harley, der Rektor, näherte sich dem Podium und ließ einen kurzen Vortrag ab, wie wichtig die Abschlußprüfung war und daß die Zensuren einen weiteren Schritt auf der GROSSEN STRASSE DES LEBENS bedeuteten. Er sagte ihnen, daß die Schule von ihnen abhängig war, er war von ihnen abhängig, und ihre Eltern waren von ihnen abhängig. Er sagte ihnen nicht, daß die gesamte freie Welt von ihnen abhängig war, deutete aber vielsagend an, daß das so sein könnte. Abschließend offenbarte er ihnen, daß während der Woche der Prüfung keine Glocken geläutet würden (für Jake die erste gute Nachricht dieses Morgens). *Ms. Franks, die am Klavier Platz genommen hatte, schlug einen einleitenden Akkord an. Die Schülerschaft, die ausnahmslos in einer ordentlichen und adretten Weise gekleidet war, welche Geschmack und finanzielle Sicherheit der Eltern verriet, erhob sich wie ein Mann und stimmte die Schulhymne an. Jake sang die Worte und dachte an den Ort, wo er nach seinem Tod aufgewacht war. Zuerst hatte er gedacht, er wäre in der Hölle… und als der Mann in der schwarzen Kapuzenrobe des Wegs gekommen war, war er sich dessen gewiß gewesen.
    Dann war natürlich der andere gekommen. Ein Mann, den Jake fast ins Herz geschlossen hatte.
    Aber er hat mich abstürzen lassen. Er hat mich getötet.
    Er konnte spüren, wie ihm kribbelnd der Schweiß am Hals und zwischen den Schulterblättern ausbrach.
     
    »Drum grüße ich dich, Piper,
    Gebe deiner Flagge den Gruß,
    Heil dir, meine Alma Mater,
    Getreu dir, bis ich sterben muß!«
     
    Großer Gott, was für ein beschissenes Lied, dachte Jake, und plötzlich mußte er daran denken, daß es seinem Vater gefallen würde.
     
     
    2
     
    Das erste Fach war vergleichende englische Literatur, das einzige, in dem keine Abschlußprüfung stattfand. Sie hatten aber als Hausaufgabe einen Aufsatz schreiben müssen. Dabei sollte es sich um ein maschinengeschriebenes Dokument zwischen fünf und zehn Seiten handeln. Als Thema hatte Ms. Avery vorgegeben: Mein Verständnis von Wahrheit. Dieser Abschlußaufsatz würde fünfundzwanzig Prozent der Semesternote bilden.
    Jake trat ein und setzte sich auf seinen Stuhl in der dritten Reihe. Alles in allem waren sie nur elf Schüler. Jake erinnerte sich an den Orientierungstag im letzten September, als Mr. Harley ihnen gesagt hatte, Piper besäße DAS BESTE LEHRER-SCHÜLER-VERHÄLTNIS ALLER PRIVATSCHULEN IM OSTEN. Er hatte, um das zu bekräftigen, mehrmals mit der Faust auf das Pult im Gemeinschaftszimmer geschlagen. Jake hatte es nicht über Gebühr beeindruckt, aber er hatte die Information seinem Vater weitergegeben. Er hatte gedacht, sein Vater würde beeindruckt sein, und damit hatte er sich nicht geirrt.
    Er machte den Reißverschluß des Schulranzens auf und nahm behutsam die Mappe mit seinem Abschlußaufsatz heraus. Er legte ihn auf den Schreibtisch und wollte einen letzten Blick darauf werfen, als seine Aufmerksamkeit auf die Tür an der linken Seite des Zimmers gelenkt wurde. Er wußte, sie führte zur Garderobe, aber heute war sie abgeschlossen, weil es in New York einundzwanzig Grad hatte und niemand einen Mantel trug, der verstaut werden mußte. Da drinnen befand sich nichts, außer vielen Kleiderhaken aus Messing an der Wand und einer langen Gummimatte für Stiefel auf dem Boden. Ein paar Schachteln mit Schulbedarf – Kreide, Verzeichnisse und so weiter – waren in der gegenüberliegenden Ecke gestapelt.
    Nichts Besonderes.
    Dennoch stand Jake von seinem Sitz auf, ließ den Ordner ungeöffnet auf dem Pult liegen und ging zu der Tür. Er konnte hören, wie seine Klassenkameraden leise miteinander murmelten und mit Papier raschelten, während sie ihre eigenen

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