Der Dunkle Turm 4 - Glas
fast widerwilligen Funken Hoffnung. Es hörte sich an, als wäre das genau die richtige Vorgehensweise.
»Dann werden wir ihn ein weiteres Mal wegschicken und wieder ein Palaver halten«, sagte der Revolvermann. »Womöglich bekommen wir eine Vorstellung davon, in welche Richtung wir unsere Pferde zu schicken haben. Diese ersten Rätsel können aus sämtlichen Bereichen stammen, aber«, er wies ernst mit dem Kopf auf das Buch, »wenn ich Jakes Geschichte aus der Buchhandlung zugrunde lege, muss die Antwort irgendwo da drinnen sein, nicht in meinen Erinnerungen an Jahrmarktsrätsel. Sie muss da drinnen sein.«
»Frage«, sagte Susannah.
Roland sah sie an und zog die Brauen über die blassen, gefährlich wirkenden Augen hoch.
»Wir suchen nach einer Frage, nicht nach einer Antwort«, sagte sie. »Diesmal könnten Antworten möglicherweise unser Tod sein.«
Der Revolvermann nickte. Er sah verwirrt aus – sogar verzweifelt –, und diesen Gesichtsausdruck sah Susannah nicht gern bei ihm. Diesmal nahm Roland das Buch jedoch entgegen, als Jake es ihm reichte. Er hielt es einen Augenblick lang in Händen (der verblasste, aber immer noch fröhlich rote Einband sah in den großen, sonnenverbrannten Händen ausgesprochen seltsam aus… besonders in der rechten mit den fehlenden zwei Fingern), dann gab er es an Eddie weiter.
»Leicht zu knacken, das ist dein Part«, sagte Roland und drehte sich zu Susannah um.
»Schon möglich«, antwortete sie mit dem Anflug eines Lächelns, »trotzdem ist es nicht sehr höflich, so etwas zu einer Dame zu sagen, Roland.«
Er wandte sich an Jake. »Du kommst als Zweiter mit einem, das etwas schwerer ist. Ich komme als Dritter. Und du als Letzter, Eddie. Nimm eines aus dem Buch, das schwer aussieht…«
»Die schweren sind eher hinten«, ließ Jake wissen.
»… aber verkneif dir deine Witze. Es geht um Leben und Tod. Die Zeit für Witze ist vorbei.«
Eddie sah ihn an – den alten Langen, Großen und Hässlichen, und Gott allein wusste, wie viel hässliche Dinge dieser schon getan hatte, um seinen Turm zu erreichen – und fragte sich, ob Roland überhaupt eine Ahnung davon hatte, wie sehr das wehtat. Allein diese beiläufige Ermahnung, sich jetzt, wo ihrer aller Leben auf dem Spiel stand, nicht wie ein Kind zu benehmen, zu grinsen und Witze zu reißen.
Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen – ein Eddie-Dean-Special, das witzig und spitz zugleich sein würde, eine Bemerkung von der Sorte, wie sie seinen Bruder Henry immer auf die Palme brachte –, doch dann machte er ihn wieder zu. Vielleicht hatte der Lange, Große und Hässliche ja Recht; vielleicht war es an der Zeit, die Bonmots und kindischen Witzchen zu lassen. Vielleicht war es an der Zeit, endlich erwachsen zu werden.
3
Nachdem sie sich drei Minuten murmelnd unterhalten und Eddie und Susannah rasch in Ringelrätselreihen geblättert hatten (Jake wusste bereits, welches er Blaine zuerst aufgeben wollte, wie er sagte), ging Roland zur vorderen Wand des Baronswagens und legte die Hand auf das grell leuchtende Rechteck. Sofort erschien der Streckenplan wieder. Obwohl man in der geschlossenen Kabine kein Gefühl von Bewegung wahrnehmen konnte, war der grüne Punkt wiederum näher an Rilea herangerückt.
»ALSO, ROLAND, SOHN DES STEVEN!«, sagte Blaine. Eddie fand, dass er sich jovialer anhörte, fast schon ausgelassen. »IST DEIN KA-TET BEREIT ZU BEGINNEN?«
»Ja. Susannah von New York wird die erste Runde eröffnen.« Er drehte sich zu ihr um, dämpfte die Stimme etwas (Susannah ging nicht davon aus, dass das viel nützen würde, wenn Blaine mithören wollte) und sagte: »Wegen deiner Beine musst du nicht vortreten wie wir anderen, aber sprich aufrichtig, und rede ihn jedes Mal persönlich mit Namen an, wenn du dich an ihn wendest. Falls – wenn – er dein Rätsel richtig löst, sagst du ›Danke-sai, Blaine, du hast richtig geantwortet.‹ Dann wird Jake in den Mittelgang treten, und er ist an der Reihe. Alles klar?«
»Und wenn seine Antwort falsch ist oder er gar nicht antwortet?«
Roland lächelte grimmig. »Ich glaube, darum müssen wir uns jetzt noch keine Gedanken machen.« Er sprach mit lauter Stimme weiter. »Blaine?«
»JA, REVOLVERMANN?«
Roland holte tief Luft. »Es geht los.«
»AUSGEZEICHNET!«
Roland nickte Susannah zu. Eddie drückte ihr eine Hand; Jake tätschelte die andere. Oy sah sie mit seinen goldgeränderten Augen gebannt an.
Susannah lächelte ihnen nervös zu, dann sah
Weitere Kostenlose Bücher