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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Steinen, kleinen verstümmelten Tieren und wirbelndem Laub folgte hinterher. Die Hirschkuh wurde durch die Erschütterung von Blaines Durchreise augenblicklich getötet. Obwohl sie zu groß war, um in den Luftsog der Einschienenbahn gerissen zu werden, wurde sie doch fast siebzig Meter weit mitgeschleift, während Wasser von ihrer Schnauze und den Hufen tropfte. Der größte Teil ihres Fells (und das wirbellose fünfte Bein) wurde ihr vom Leib gestreift und wie ein abgelegtes Kleidungsstück hinter Blaine hergezogen.
    Es folgte eine kurze Stille, dünn wie neue Haut oder frühes Eis auf einem Teich an Jahresausklang, und dann folgte der Überschallknall wie ein lärmendes Geschöpf, das sich beim Hochzeitsempfang verspätet hatte; er zerriss die Stille und schlug einen mutierten Vogel – es könnte ein Rabe gewesen sein – tot aus der Luft. Der Vogel fiel wie ein Stein herab und landete platschend im Bach.
    In der Ferne ein schwindendes rotes Auge: Blaines Rücklicht.
    Am Himmel kam der Vollmond hinter einer Wolkenbank hervor und überzog Lichtung und Bach mit den kitschigen Farben von Pfandleihhausjuwelen. Der Mond hatte ein Gesicht, aber keines, das Liebende gern angesehen haben würden. Es schien das schmucklose Gesicht eines Totenschädels zu sein, wie diejenigen im Traveller’s Hotel in Candleton; ein Gesicht, das mit der Heiterkeit eines Irren auf die wenigen Überlebenden, die sich unten abquälten, hinabsah. Bevor sich die Welt weiterbewegt hatte, war der Vollmond an Jahresausklang in Gilead auch Dämonenmond genannt worden, und angeblich sollte es Unglück bringen, ihn unmittelbar anzusehen.
    Jetzt spielte das freilich keine Rolle mehr. Jetzt gab es überall Dämonen.
     
     

    2
     
    Susannah betrachtete den Streckenplan und sah, dass sich das grüne Licht, das ihre Position anzeigte, inzwischen fast auf halber Strecke zwischen Candleton und Rilea befand, Blaines nächstem Halt. Aber wer hält?, dachte sie.
    Von dem Streckenplan drehte sie sich zu Eddie um. Eddie hatte den Blick immer noch auf die Decke des Baronswagens gerichtet. Sie folgte dem Blick und sah ein Quadrat, bei dem es sich nur um eine Falltür handeln konnte (nur, wenn man es mit einem futuristischen Scheißdreck wie einem sprechenden Zug zu tun hatte, nannte man es vermutlich Schleuse oder irgendwie noch cooler). Die rote Strichzeichnung eines Mannes, der durch eine Öffnung trat, befand sich darauf. Susannah versuchte sich vorzustellen, jemand würde den Anweisungen der Zeichnung Folge leisten und bei über achthundert Meilen pro Stunde zu dieser Schleuse hinausgehen. Sie sah kurz, aber deutlich das Bild einer Frau vor sich, deren Kopf wie eine Blüte von einer Blume vom Rumpf gerissen wurde; sie sah den Kopf über die ganze Länge des Baronswagens fliegen, wo er vielleicht ein einziges Mal aufprallen würde, um dann mit glotzenden Augen und peitschendem Haar in der Dunkelheit zu verschwinden.
    Sie verdrängte das Bild, so schnell sie konnte. Die Luke dort oben war wahrscheinlich sowieso mit ziemlicher Sicherheit verriegelt. Blaine der Mono hatte nicht die Absicht, sie gehen zu lassen. Möglicherweise gewannen sie ihren Weg ins Freie, aber Susannah hielt das nicht für ausgemacht, selbst wenn es ihnen gelingen sollte, Blaine mit einem Rätsel zu verblüffen.
    Ich sag’s nicht gern, aber für mich hört sich das ganz nach einem verlogenen blassn Wichsah an, meine Liebe, dachte sie mit einer geistigen Stimme, die nicht ganz der von Detta Walker entsprach. Ich trau deinem mechanischen Arsch nicht. Ich glaube, nach einer Niederlage bist du gefährlicher als mit dem blauen Siegerabzeichen an deinem Gedächtnisspeicher.
    Jake hielt dem Revolvermann sein zerfleddertes Rätselbuch hin, als wollte er nicht mehr die Verantwortung dafür übernehmen. Susannah wusste, wie sich der Junge fühlen musste; möglicherweise hing ihr Leben von diesen schmutzigen, abgegriffenen Seiten ab. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihrerseits gern die Verantwortung dafür übernehmen würde, dass alles von diesem Buch abhing.
    »Roland«, flüsterte Jake. »Möchtest du das?«
    »Möch!«, sagte Oy und warf dem Revolvermann einen abweisenden Blick zu. »Olan-möcht-as!« Der Bumbler schlug die Zähne in das Buch, nahm es Jake aus der Hand, streckte Roland den unverhältnismäßig langen Hals zu und überreichte ihm Ringelrätselreihen. Denksportaufgaben und Logeleien für alle.
    Roland betrachtete das Buch einen Moment lang mit geistesabwesendem und nachdenklichem

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