Der Dunkle Turm 4 - Glas
Gesicht und schüttelte dann den Kopf. »Noch nicht.« Er betrachtete den Streckenplan. Blaine hatte kein Gesicht, daher musste die Karte als Ansprechpartner dienen. Der blinkende grüne Punkt war jetzt noch näher an Rilea herangerückt. Susannah fragte sich kurz, wie die Landschaft wohl aussehen mochte, durch die sie gerade fuhren, entschied dann aber, dass sie es eigentlich gar nicht wissen wollte. Nicht nach dem, was sie nach Verlassen der Stadt Lud alles gesehen hatten.
»Blaine!«, rief Roland.
»JA.«
»Kannst du den Raum verlassen? Wir müssen uns beraten.«
Du bist nicht bei Verstand, wenn du glaubst, dass er das tun wird, dachte Susannah, aber Blaine antwortete schnell und eifrig.
»JA, REVOLVERMANN. ICH WERDE SÄMTLICHE SENSOREN IM BARONSWAGEN ABSCHALTEN. WENN EURE KONFERENZ BEENDET IST UND IHR BEREIT SEID, MIT DEN RÄTSELN ZU BEGINNEN, WERDE ICH WIEDERKOMMEN.«
»Klar, du und General MacArthur«, murmelte Eddie.
»WAS HAST DU GESAGT, EDDIE VON NEW YORK?«
»Nichts. Nur Selbstgespräche geführt.«
»UM MICH ZU RUFEN, MÜSST IHR EINFACH NUR DIE KARTE BERÜHREN«, sagte Blaine. »SOLANGE DIE KARTE ROT IST, SIND MEINE SENSOREN ABGESCHALTET. SEE YOU LATER, ALLIGATOR. AFTER AWHILE, CROCODILE. VERGISS NICHT ZU SCHREIBEN.« Eine Pause. Dann: »OLIVENÖL, ABER NIEMALS CASTORIA.«
Das Rechteck mit dem Streckenplan im vorderen Teil der Kabine wurde plötzlich so grellrot, dass Susannah es nicht ansehen konnte, ohne die Augen zuzukneifen.
»Olivenöl, aber niemals Castoria?«, sagte Jake. »Was, zum Henker, soll das bedeuten?«
»Ist nicht wichtig«, sagte Roland. »Wir haben nicht viel Zeit. Die Bahn rast ebenso schnell ihrem Ziel entgegen, ob Blaine nun bei uns ist oder nicht.«
»Du glaubst doch nicht, dass er wirklich weg ist, oder?«, fragte Eddie. »Ein aalglatter Schwindler wie er? Komm schon, werd erwachsen. Er horcht, jede Wette.«
»Das bezweifle ich sehr«, sagte Roland, und Susannah kam zum Ergebnis, dass sie ihm da zustimmen musste. Wenigstens vorerst. »Man konnte hören, wie aufgeregt er war, dass er nach so vielen Jahren wieder Rätsel knacken darf. Und…«
»Und er ist von sich eingenommen«, sagte Susannah. »Er geht davon aus, dass er mit unseresgleichen nicht viel Mühe haben wird.«
»Wird er das?«, fragte Jake den Revolvermann. »Wird er Mühe mit uns haben?«
»Ich weiß nicht«, sagte Roland. »Ich habe kein Ass im Ärmel versteckt, wenn du das meinst. Es ist ein Spiel mit gleichen Chancen… aber wenigstens eines, das ich schon gespielt habe. Das wir alle schon gespielt haben, zumindest in gewissem Maße. Und wir haben das hier.« Er nickte zu dem Buch hin, das Jake inzwischen von Oy zurückgenommen hatte. »Es sind Mächte hier am Werk, gewaltige Mächte, und nicht alle versuchen, uns vom Turm fern zu halten.«
Susannah hörte ihm zu, musste aber an Blaine denken – Blaine, der weggegangen war und sie allein gelassen hatte wie ein Kind, das »dran« war und gehorsam die Augen schloss, während seine Spielkameraden sich versteckten. Aber waren sie nicht genau das? Blaines Spielkameraden? Der Gedanke war irgendwie schlimmer als die Vorstellung, wie sie versuchte, durch die Luke zu entkommen, und ihr der Kopf abgerissen wurde.
»Also, was sollen wir tun?«, sagte Eddie. »Du musst einen Plan haben, sonst hättest du ihn nicht weggeschickt.«
»Seine hohe Intelligenz könnte ihn – in Verbindung mit seiner langen Einsamkeit und erzwungenen Untätigkeit – menschlicher gemacht haben, als ihm selbst klar ist. Jedenfalls ist das meine Hoffnung. Zuerst müssen wir eine Art Geografie erstellen. Wir müssen herausfinden, sofern wir es können, wo seine Stärken und Schwächen liegen. Wo er sich seiner Sache sicher ist und wo er sich nicht so sicher ist. Bei Rätseln geht es nicht nur um die Intelligenz dessen, der sie stellt, glaubt das nur nicht. Es geht auch um die blinden Flecken dessen, der sie gestellt bekommt.«
»Hat er blinde Flecken?«, fragte Eddie.
»Wenn nicht«, sagte Roland gelassen, »werden wir in diesem Zug sterben.«
»Ich mag die Art, wie du es verstehst, uns zu beruhigen«, sagte Eddie mit einem dünnen Lächeln. »Das ist auch so einer deiner zahlreichen Vorzüge.«
»Wir werden ihm für den Anfang vier Rätsel stellen«, sagte Roland. »Leicht, nicht ganz so leicht, schwer und sehr schwer. Er wird alle vier lösen, davon bin ich überzeugt, aber wir werden darauf achten, wie er sie beantwortet.«
Eddie nickte, und Susannah spürte einen schwachen,
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