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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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wenn ihr allein seid? Oder habe ich kein Recht, solch eine Frage zu stellen? Ich nehme mal an, dem ist so.«
    »Das wäre mir egal«, sagte sie und warf keck den Kopf herum, sodass ihr langer Zopf mitschwang. »Ich verstehe wenig von dem, was schicklich ist, wie einige so nett waren, zu betonen.« Aber sie freute sich nicht so sehr über seine niedergeschlagenen Augen und sein verlegenes Erröten, wie sie es erwartet hatte. Sie kannte Mädchen, die ebenso gern neckten wie flirteten – und manche neckten ziemlich heftig –, aber anscheinend fand sie keinen Gefallen daran. Ganz bestimmt hatte sie jedoch kein Interesse daran, ihre Krallen in ihn zu schlagen, daher fuhr sie in einem milderen Ton fort. »Wie auch immer, ich bin nicht mit ihm allein.«
    Aber ach, wie du lügst, dachte sie traurig und erinnerte sich, wie Thorin sie am Abend des Empfangsessens auf dem Flur umarmt und ihre Brüste befummelt hatte wie ein Kind, das die Hand ins Glas mit den Süßigkeiten schieben wollte; wie er ihr sagte, dass er sich nach ihr verzehre. Oh, du große Lügnerin.
    »Auf jeden Fall, Will, kann dich und deine Freunde kaum kümmern, was Hart von euch hält, oder? Ihr habt eine Aufgabe zu erledigen, das ist alles. Wenn er euch auf diese Weise helfen will, warum nehmt ihr es nicht einfach an und seid dankbar?«
    »Weil hier etwas nicht stimmt«, sagte er, und der ernste, fast todernste Klang seiner Stimme machte ihr etwas Angst.
    »Nicht stimmt? Mit dem Bürgermeister? Mit dem Pferdezüchterverband? Was redest du da?«
    Er sah sie fest an, dann schien er eine Entscheidung zu treffen. »Ich werde dir vertrauen, Susan.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich dein Vertrauen auch nur ein wenig mehr will als deine Liebe«, sagte sie.
    Er nickte. »Aber um die Aufgabe zu erledigen, derentwegen ich geschickt wurde, muss ich jemandem vertrauen. Kannst du das verstehen?«
    Sie sah ihm in die Augen und nickte.
    Er trat neben sie, so nahe, dass sie sich einbildete, sie könnte die Wärme seiner Haut spüren. »Sieh da runter. Sag mir, was du siehst.«
    Sie sah hin und zuckte die Achseln. »Die Schräge. Wie immer.« Sie lächelte verhalten. »Und hübsch wie immer. Das hier ist schon immer mein liebster Platz auf der ganzen Welt gewesen.«
    »Aye, es ist wunderschön, das stimmt. Was siehst du sonst noch?«
    »Pferde, ’ne ganze Herde.« Sie lächelte, um zu zeigen, dass es scherzhaft gemeint war (tatsächlich war es ein alter Scherz ihres Da’), aber er erwiderte das Lächeln nicht. Hübsch anzusehen und mutig, wenn die Geschichten stimmten, die man sich in der Stadt erzählte; und schnell im Denken wie im Handeln. Aber wirklich nicht viel Sinn für Humor. Nun, es gab schlimmere Unzulänglichkeiten. Einem Mädchen an den Busen zu fassen, wenn es nicht damit rechnete, mochte eine davon sein.
    »Pferde. Ja. Aber meinst du, es ist die richtige Anzahl? Du hast dein Leben lang Pferde auf der Schräge gesehen, und bestimmt wäre niemand außerhalb des Pferdezüchterverbandes so befähigt wie du, eine Antwort zu geben.«
    »Und denen traust du nicht?«
    »Sie haben uns alles gegeben, was wir wollten, und sind freundlicher als Hunde unter dem Esstisch, aber nein – ich glaube nicht.«
    »Aber mir vertraust du.«
    Er sah sie mit seinen wunderschönen und Furcht einflößenden Augen gelassen an – ein dunkleres Blau, als sie später annehmen würden, noch nicht in zehntausend Wandertagen von der Sonne ausgebleicht. »Ich muss jemandem vertrauen«, wiederholte er.
    Sie senkte den Blick, als hätte er sie zurechtgewiesen. Er streckte eine Hand aus, hielt ihr sanft die Finger unter das Kinn und hob das Gesicht wieder hoch. »Scheint es die richtige Anzahl zu sein? Denk gründlich nach!«
    Aber jetzt, wo er sie darauf aufmerksam gemacht hatte, musste sie nicht weiter darüber nachdenken. Sie hatte die Veränderung irgendwie schon seit geraumer Zeit bemerkt, aber die Veränderung war allmählich vonstatten gegangen und leicht zu übersehen gewesen.
    »Nein«, sagte sie schließlich. »Sie ist nicht richtig.«
    »Zu wenig oder zu viel? Was?«
    Sie blieb einen Moment stumm. Holte Luft. Ließ sie als lang gezogenen Seufzer entweichen. »Zu viele. Viel zu viele.«
    Will Dearborn hob die geballten Fäuste in Schulterhöhe und schüttelte sie einmal heftig. Seine blauen Augen blitzten wie die Funkenlichter, von denen ihr Grandda’ ihr erzählt hatte. »Ich wusste es«, sagte er. »Ich wusste es.«
     
     
    8
     
    »Wie viele Pferde sind da unten?«, fragte

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