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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Balken zum Anbinden der Pferde und wippte mit den Schwanzfedern. Als die Taube in Rolands Hand hüpfte, sah er, dass einer ihrer Flügel seltsam ausgefranst war. Ein Tier – wahrscheinlich eine Katze – musste sich dicht genug angeschlichen haben, um einen Pfotenhieb auszuteilen, wie er vermutete.
    Die Nachricht, die die Taube an ihrem Bein beförderte, war kurz, erklärte aber einen Großteil dessen, was sie nicht verstanden hatten.
    Ich muss sie wiedersehen, dachte Roland, nachdem er die Nachricht gelesen hatte, und fühlte, wie eine Woge des Glücks ihn überschwemmte. Sein Puls schlug schneller, und er lächelte im kalten silbernen Licht des Hausierermonds.

Kapitel 9
    CITGO
     
    1
     
    Der Hausierermond nahm ab; er würde den heißesten, schönsten Teil des Sommers mit sich nehmen, wenn er ging. An einem Nachmittag vier Tage nach Vollmond kam der alte mozo vom Haus des Bürgermeisters (Miguel war schon lange vor Hart Thorins Zeit da gewesen und würde wahrscheinlich noch lange, nachdem Thorin wieder auf seine Ranch zurückgekehrt war, da sein) zu dem Haus, das Susan mit ihrer Tante bewohnte. Er führte eine wunderschöne Fuchsstute am Zügel. Es war das zweite von drei Pferden, die ihnen versprochen worden waren, und Susan erkannte Felicia sofort. Die Stute war in ihrer Kindheit eines ihrer Lieblingspferde gewesen.
    Susan umarmte Miguel und bedeckte sein bärtiges Gesicht mit Küssen. Der alte Mann grinste so breit, dass man sämtliche Zähne in seinem Mund hätte sehen können, wenn er noch welche gehabt hätte. »Gracias, gracias, tausend Dank, altes Väterchen«, sagte sie zu ihm.
    »De nada«, entgegnete er und gab ihr die Zügel. »Es ist das aufrichtige Geschenk des Bürgermeisters.«
    Sie sah ihm hinterher, während er wieder ging, und das Lächeln verschwand langsam von ihren Lippen. Felicia stand friedlich neben ihr, und das dunkle, rötlich braune Fell des Tiers glänzte im Sommersonnenschein wie ein Traum. Aber es war kein Traum. Anfangs war es ihr wie einer vorgekommen – das Gefühl des Unwirklichen war auch ein Grund gewesen, dass sie in die Falle getappt war, inzwischen wusste sie das –, aber dies war kein Traum. Ihre Ehrbarkeit war bestätigt worden, nun sah sie sich als Empfängerin »aufrichtiger Geschenke« eines reichen Mannes. Der Ausdruck war natürlich ein konventionelles Zugeständnis… oder ein bitterer Witz, je nach Stimmung und Einstellung. Felicia war ebenso wenig ein Geschenk, wie Pylon eines gewesen war – es handelte sich um die schrittweise Erfüllung des Vertrages, auf den sie sich eingelassen hatte. Tante Cord mochte noch so schockiert tun, aber Susan kannte die Wahrheit: was ihr unmittelbar bevorstand, war das Dasein einer Hure, schlicht und einfach.
    Tante Cord stand am Küchenfenster, als Susan ihr Geschenk (bei dem es sich ihrer Meinung nach lediglich um ihren Besitz handelte, den sie zurückbekam) in den Stall brachte. Sie rief etwas gequält Fröhliches, dass das Pferd ein Segen wäre, dass die Fürsorge für es Susan weniger Zeit für ihre Launen lassen würde. Susan spürte eine hitzige Antwort auf der Zunge, hielt sie aber zurück. Seit dem Streit wegen des Hemdes herrschte ein behutsamer Waffenstillstand zwischen den beiden, und Susan wollte nicht diejenige sein, die ihn brach. Zu viel ging ihr durch den Kopf und lag ihr auf dem Herzen. Sie dachte, noch ein Streit mit ihrer Tante, und sie würde einfach wie ein trockener Zweig unter einer Stiefelsohle brechen. Weil Schweigen oft das Beste ist, hatte ihr Vater ihr einmal gesagt, als sie ihn im Alter von etwa zehn Jahren fragte, warum er immer so still sei. Damals hatte die Antwort sie verwirrt, aber jetzt verstand sie sie um einiges besser.
    Sie stellte Felicia neben Pylon in den Stall, striegelte sie und gab ihr zu fressen. Während die Stute ihren Hafer mampfte, untersuchte Susan die Hufe. Der Zustand der Eisen, die das Tier trug, gefiel ihr nicht besonders – es war typisch Seafront –, daher nahm sie den Hufeisenbeutel ihres Vaters vom Haken neben der Stalltür, schlang sich den Gurt über Kopf und Schulter und ging dann die zwei Meilen zu Hookeys Stall. Als sie den Lederbeutel an der Hüfte spürte, überkamen sie so frische und deutliche Erinnerungen an ihren Vater, dass sie wieder einmal von Kummer überwältigt wurde und ihr zum Weinen zumute war. Sie glaubte, dass er entsetzt über ihre derzeitige Lage gewesen wäre, vielleicht sogar angewidert. Und er hätte Will Dearborn gemocht, da war sie sich ganz

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