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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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darüber; es war nicht nötig. Beide wussten, wenn Roland dem hübschen Mädchen den Hof machte, das Bürgermeister Thorin als sein Feinsliebchen haben wollte (und von wem sonst hätte das blonde Haar stammen können?), würden sie in böse Schwierigkeiten geraten. Aber Roland führte keinen Balztanz auf, sie fanden keine blonden Haare mehr an seinem Kragen, und heute Abend schien er wieder mehr bei sich zu sein, so als hätte er diesen Mantel der Zerstreutheit abgelegt. Vielleicht leider nur vorübergehend. Für immer, wenn sie Glück hatten. Sie konnten nur abwarten. Am Ende würde das Ka es verraten, wie immer.
    Etwa eine Meile von den Felsen entfernt ließ der starke Wind vom Meer, der ihnen den ganzen Ritt in den Rücken geblasen hatte, plötzlich nach, und sie hörten das leise, atonale Heulen aus der Schlucht des Eyebolt Canyon. Alain blieb stehen und verzog das Gesicht wie ein Mann, der in eine über die Maßen saure Frucht gebissen hatte. Er konnte nur an eine Hand voll Kieselsteine denken, die von einer kräftigen Faust zusammengedrückt und zermalmt wurden. Geier kreisten über der Schlucht, als hätte das Geräusch sie angezogen.
    »Dem Wachposten gefällt es hier nicht, Will«, sagte Cuthbert und klopfte mit den Knöcheln auf den Krähenschädel. »Und mir auch nicht besonders. Weshalb sind wir eigentlich hier?«
    »Um zu zählen«, sagte Roland. »Wir sind geschickt worden, um alles zu zählen und zu sehen, und das hier ist etwas, was wir zählen und sehen sollten.«
    »Aha, aye«, sagte Cuthbert. Er hielt sein Pferd mühsam zurück; das leise, knirschende Wimmern der Schwachstelle hatte es unruhig werden lassen. »Sechzehnhundertundvierzehn Fischernetze, siebenhundertundzehn kleine Boote, zweihundertundvierzehn große Boote, siebzig Ochsen, die niemand offen zugeben will, und nördlich der Stadt eine Schwachstelle. Was immer zum Teufel das sein mag.«
    »Wir werden es herausfinden«, sagte Roland.
    Sie ritten in das Geräusch hinein, und obwohl es keinem gefiel, machte niemand den Vorschlag, wieder umzukehren. Sie hatten den weiten Weg zurückgelegt, und Roland hatte Recht – es war ihre Aufgabe. Außerdem waren sie neugierig.
    Der Eingang des Canyons war weitgehend mit Ästen versperrt, so wie Susan es Roland erzählt hatte. Im Herbst würde es wahrscheinlich weitgehend trocken sein, aber jetzt trugen die aufgeschichteten Äste noch so viel Laub, dass man kaum in das Tal hineinsehen konnte. Ein Pfad führte mitten durch den Haufen der Äste, aber er war zu schmal für die Pferde (die sich wahrscheinlich ohnehin geweigert hätten, dort hindurchzugehen), und in dem düsteren Licht konnte Roland kaum etwas erkennen.
    »Gehen wir rein?«, sagte Cuthbert. »Ich möchte für das Protokoll festhalten, dass ich dagegen bin, auch wenn ich keine Meuterei vom Zaun brechen will.«
    Roland hatte nicht die Absicht, sie durch die Äste zum Ursprung des Geräuschs zu führen. Zumal er nur eine ungefähre Vorstellung davon hatte, was eine Schwachstelle überhaupt war. Er hatte im Laufe der vergangenen Wochen ein paar Fragen gestellt, aber keine brauchbaren Antworten erhalten. »Ich würde mich davon fern halten«, hatte Sheriff Averys Rat gelautet. Bis jetzt waren die besten Auskünfte immer noch die, die er von Susan erhalten hatte, und zwar in jener Nacht, als sie sich kennen lernten.
    »Beruhige dich, Bert. Wir gehen nicht rein.«
    »Gut«, sagte Alain leise, worauf Roland lächelte.
    Auf der Westseite des Canyons führte ein Pfad hinauf, steil und schmal, aber passierbar, wenn man vorsichtig war. Sie gingen in einer Reihe, mussten einmal anhalten, um eine Steinlawine beiseite zu räumen, indem sie gesplitterte Schieferbrocken und Hornblende in den heulenden Abgrund zu ihrer Rechten warfen. Als das geschehen war und sie gerade weiterklettern wollten, schwang sich ein großer Vogel – möglicherweise ein Wald- oder Präriehuhn – mit einem explosionsartigen Flügelschlag über den Rand des Abgrunds. Roland griff nach seiner Waffe und sah, dass Cuthbert und Alain dasselbe taten. Ziemlich komisch, wenn man bedachte, dass ihre Feuerwaffen in schützendes Ölpapier gewickelt unter den Bodendielen im Schlafhaus der Bar K versteckt waren.
    Sie sahen sich an, sagten nichts (außer vielleicht mit den Augen, die Bände sprachen) und ritten weiter. Roland stellte fest, dass sich die Auswirkung der Schwachstelle in der Nähe noch steigerte – es war ein Geräusch, an das man sich nicht gewöhnen konnte. Ganz im Gegenteil:

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