Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
war ein Witz, der… nun, der eines Cuthbert Allgood würdig war.
    Während er so dastand und mit auf dem Rücken verschränkten Händen wie ein Mäzen in einer Kunstgalerie die serapes und einen Ständer mit dolina -Decken betrachtete (und währenddessen die ganze Zeit über Tränen wegblinzelte), spürte er ein leichtes Klopfen auf der Schulter. Er drehte sich um, und da stand das Mädchen mit den blonden Haaren.
    Es überraschte Cuthbert nicht, dass Roland sich in sie verknallt hatte. Selbst in Jeans und einem Baumwollhemd wirkte sie atemberaubend. Das Haar hatte sie mit einer Reihe derber Wildlederschnallen nach hinten gesteckt, und sie hatte die strahlendsten grauen Augen, die Cuthbert je gesehen hatte. Cuthbert hielt es für ein Wunder, dass sich Roland überhaupt auf die anderen Aspekte seines Lebens konzentrieren konnte, und sei es nur das Zähneputzen. Auf jeden Fall hatte sie ein Heilmittel für Cuthbert dabei; sentimentale Gedanken an seine Mutter waren auf der Stelle wie weggeblasen.
    »Sai«, sagte er. Mehr brachte er nicht heraus, zumindest für den Anfang nicht.
    Sie nickte und hielt ihm etwas hin, was die Leute von Mejis eine corvette nannten – »kleines Päckchen« lautete die wörtliche Übersetzung; »kleine Börse« die gebräuchliche. Diese kleinen Lederbeutelchen, groß genug für ein paar Münzen, aber mehr nicht, wurden häufiger von Damen als von Herren getragen, aber das war kein strenges Gebot der Mode.
    »Ihr habt das fallen lassen, mein Freund«, sagte sie.
    »Nay, danke-sai.« Diese hätte durchaus Besitz eines Mannes sein können – schlichtes schwarzes Leder, ohne schmückenden Zierrat –, aber er hatte sie noch nie zuvor gesehen. Er hatte noch nie eine corvette besessen, was das betraf.
    »Es gehört Euch«, sagte sie, und ihre Augen blickten jetzt so eindringlich, dass sich der Blick auf seiner Haut ganz heiß anfühlte. Er hätte sofort begreifen müssen, aber ihr unerwartetes Auftauchen hatte ihn aus der Fassung gebracht. Ebenso, wie er zugeben musste, ihre Klugheit. Irgendwie rechnete man nicht damit, dass ein solch wunderschönes Mädchen auch klug sein konnte; es gab keine Regel, derzufolge wunderschöne Mädchen klug sein mussten. Soweit Bert das sagen konnte, mussten wunderschöne Mädchen nichts anderes tun, als morgens aufzuwachen. »Bestimmt.«
    »Ach, aye«, sagte er und entriss ihr die kleine Börse fast. Er konnte spüren, wie ein albernes Grinsen sein Gesicht verzerrte. »Jetzt, wo Sie es erwähnen, Sai…«
    »Susan.« Die Augen über ihrem Lächeln waren ernst und wachsam. »Lasst mich Susan für Euch sein, bitte.«
    »Mit Vergnügen. Ich erflehe Ihre Verzeihung, Susan, es ist nur so, dass mein Verstand und mein Gedächtnis, weil Santag ist, einander die Hände gereicht haben und gemeinsam in Urlaub gegangen sind – stiften gegangen, könnte man sagen –, sodass ich vorübergehend kein Hirn im Kopf hatte.«
    Möglicherweise hätte er auf diese Weise noch eine Stunde weitergeplappert (was in ähnlichen Fällen schon vorgekommen war; das konnten Roland und Alain bezeugen), aber sie brachte ihn mit der unbekümmerten Strenge einer älteren Schwester zum Schweigen. »Ich kann mir gut vorstellen, dass Ihr keine Macht über Euren Verstand habt, Mr. Heath – oder die Zunge, die darunter hängt –, aber vielleicht achtet Ihr in Zukunft besser auf Eure Börse. Guten Tag.« Sie verschwand, bevor er noch ein weiteres Wort herausbringen konnte.
     
     
    5
     
    Bert fand Roland dort, wo dieser neuerdings häufig saß: draußen an einem Abschnitt der Schräge, die von vielen Einheimischen als »Blick über die Stadt« bezeichnet wurde. Man hatte von dieser einen hübschen Blick auf Hambry, das seinen Santagnachmittag in blauem Dunst verträumte, aber Cuthbert bezweifelte sehr, dass es der Blick auf Hambry war, der seinen ältesten Freund immer wieder hierher zog. Er glaubte, der wahrscheinlichere Grund wäre wohl der Blick auf das Haus der Delgados.
    Heute war Roland mit Alain dort, und keiner sprach ein Wort. Cuthbert hatte keine Mühe damit, die Tatsache zu akzeptieren, dass Leute längere Zeiträume zusammen verbringen konnten, ohne miteinander zu reden, aber er glaubte nicht, dass er es je verstehen konnte.
    Er ritt im Galopp zu ihnen, griff in sein Hemd und holte die corvette heraus. »Von Susan Delgado. Sie hat es mir auf dem Obermarkt gegeben. Sie ist wunderschön, aber sie ist auch listig wie eine Schlange. Ich sage dies mit der allergrößten

Weitere Kostenlose Bücher