Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
dahin und machte sich auf die Suche nach Insekten. Musty tänzelte von ihm weg und fauchte Katzenflüche, während ihr sechsbeiniger Schatten riesig und ungeschlacht auf die vom Licht angestrahlte Wand fiel.
     
     
    11
     
    Roland spürte, wie der große Augenblick auf sie zugestürmt kam. Dennoch gelang es ihm irgendwie, sich von ihr zu lösen, und sie sich von ihm, aber ihre Augen waren groß und ihre Wangen gerötet – diese Röte konnte er selbst im Licht des gerade aufgegangenen Mondes sehen. Seine Hoden pulsierten. Seine Lenden fühlten sich an, als wären sie voll flüssigen Bleis.
    Sie wandte sich halb von ihm ab, und Roland sah, dass ihre sombrera auf dem Rücken verrutscht war. Er streckte eine zitternde Hand aus und rückte ihn zurecht. Sie umklammerte seine Finger mit einem kurzen, aber kräftigen Druck, dann bückte sie sich und hob ihre Reithandschuhe auf, die sie im Verlangen, seine Haut auf ihrer zu spüren, abgestreift hatte. Als sie sich wieder aufrichtete, strömte ihr das Blut plötzlich aus dem Gesicht, und sie taumelte. Hätte er sie nicht mit den Händen an den Schultern gestützt, wäre sie möglicherweise gefallen. Sie drehte sich mit wehmütigem Blick zu ihm um.
    »Was sollen wir tun? Oh, Will, was sollen wir nur tun?«
    »Unser Bestes«, sagte er. »Was wir beide stets getan haben. Wie unsere Väter es uns beigebracht haben.«
    »Das ist Wahnsinn.«
    Roland, der sich in seinem Leben noch nie so normal gefühlt hatte – selbst der bohrende Schmerz in seinen Lenden kam ihm normal und richtig vor –, sagte nichts.
    »Wisst Ihr, wie gefährlich das ist?«, fragte sie, fuhr aber fort, bevor er antworten konnte: »Aye, Ihr wisst es. Ich sehe, dass Ihr es wisst. Würde man uns zusammen sehen, ’s wäre ernst. Würde man uns so sehen wie wir jetzt gerade…«
    Sie erschauerte. Er streckte die Hände nach ihr aus, und sie wich zurück. »Bitte nicht, Will. Tut Ihr’s doch, wird zwischen uns nichts weiter geschehen als Liebkosungen. Sollte das Eure Absicht gewesen sein?«
    »Du weißt, dass es nicht so ist.«
    Sie nickte. »Habt Ihr Eure Freunde als Wachen aufgestellt?«
    »Aye«, sagte er, und sein Gesicht erstrahlte in dem unerwarteten Lächeln, das sie so liebte. »Aber nicht gerade so, dass sie uns sehen können.«
    »Dafür sei den Göttern Dank«, sagte sie und lachte zerstreut. Dann kam sie näher zu ihm, so nahe, dass er alle Willenskraft aufbieten musste, sie nicht wieder in die Arme zu nehmen. Sie sah ihm neugierig ins Gesicht. »Wer bist du wirklich, Will?«
    »Fast der, der ich zu sein vorgebe. Das ist ja der Witz, Susan. Meine Freunde und ich wurden nicht hierher geschickt, weil wir getrunken und Unsinn gemacht haben, aber wir wurden auch nicht hergeschickt, um dunkle Machenschaften oder eine heimliche Verschwörung aufzudecken. Wir sind einfach Jungs, die man in Zeiten der Gefahr aus dem Weg haben wollte. Was seither alles geschehen ist…« Er schüttelte wieder den Kopf, um zu zeigen, wie hilflos er sich fühlte, und Susan dachte wieder an ihren Vater, der gesagt hatte, dass das Ka wie der Wind sei – wenn es komme, könne es einem die Hühner, das Haus, die Scheune nehmen. Sogar das Leben.
    »Und ist Will Dearborn dein richtiger Name?«
    Er zuckte die Achseln. »Ein Name ist so gut wie der andere, dünkt mir, wenn das Herz, das zu ihm gehört, aufrichtig ist. Susan, du bist heute im Haus des Bürgermeisters gewesen, mein Freund Richard hat dich hinreiten sehen…«
    »Aye, stimmt«, sagte sie. »Ich soll das diesjährige Erntemädchen sein – bedenke, das ist Harts Entscheidung, ich hätte sie nie und nimmer selbst getroffen. Es ist reichlich albern, und obendrein garantiert hart für Olive.«
    »Du wirst das schönste Erntemädchen aller Zeiten sein«, sagte er, und die klare Aufrichtigkeit seiner Stimme machte sie vor Freude erschauern; ihre Wangen wurden wieder warm. Zwischen dem Mittagsschmaus und dem Freudenfeuer bei Dämmerung musste das Erntemädchen fünfmal das Kostüm wechseln, und jedes war üppiger als das vorhergehende (in Gilead wären es neun gewesen; was das anging, wusste Susan gar nicht, wie glücklich sie sich schätzen konnte), und für Will hätte sie alle fünf mit Freuden getragen, wäre er zum Erntejüngling bestellt worden. (Der diesjährige Jüngling war Jamie McCann, ein blasser und pickliger Ersatz für Hart Thorin, der rund vierzig Jahre zu alt und viel zu ergraut für die Aufgabe war.) Noch glücklicher wäre sie gewesen, das sechste für ihn zu

Weitere Kostenlose Bücher