Der Dunkle Turm 4 - Glas
einer seiner ewigen Lektionen. Diesmal war Jake das Opfer. Jake mit Feuerstein und Stahl, wie er versuchte, Feuer zu entfachen. Funke um Funke sprang auf und erlosch in der Dunkelheit. Und Roland hatte gesagt, dass er albern sei. Dass er nur… nun ja… albern sei.
»Nein«, sagte Eddie. »Das hat er überhaupt nicht gesagt. Jedenfalls nicht zu dem Jungen, das hat er nicht.«
»Eddie?« Susannah. Sie klang besorgt. Beinahe ängstlich.
Nun, warum fragst du ihn nicht, was er gesagt hat, Bruderherz? Das war Henrys Stimme, die Stimme des großen Weisen und bedeutenden Junkies. Zum ersten Mal seit langer Zeit. Frag ihn, er sitzt praktisch direkt neben dir, nur zu, frag ihn ruhig, was er gesagt hat. Hör auf, um ihn herumzutänzeln wie ein Baby mit einer Ladung in der Windel.
Nur war das keine gute Idee, weil es in Rolands Welt nämlich nicht auf diese Weise lief. In Rolands Welt war alles ein Rätsel, man schoss nicht mit der Hand, sondern mit dem Verstand, dem verdammten Verstand, und was sagte man zu jemandem, der den Funken nicht ins Anmachholz bekam? Geh näher mit dem Feuerstein hin, natürlich, und das hatte Roland gesagt: Geh näher mit dem Feuerstein hin, und halt ihn ruhig.
Aber um das alles ging es hierbei nicht. Es war nahe dran, ja, aber nahe dran zählte nur beim Hufeisenwerfen, wie Henry Dean zu sagen pflegte, bevor er zum großen Weisen und bedeutenden Junkie wurde. Eddies Gedächtnis hinkte ein bisschen hinterher, weil Roland ihn in Verlegenheit gebracht… beschämt… einen Witz auf seine Kosten gemacht hatte…
Wahrscheinlich nicht mit Absicht, aber… etwas. Etwas, wodurch er sich so gefühlt hatte wie bei Henry immer, na klar doch, weshalb sollte Henry auch nach so langer Abwesenheit hier sein?
Nun sahen ihn alle an. Sogar Oy.
»Los doch«, sagte er zu Roland und hörte sich ein bisschen giftig dabei an. »Du wolltest, dass wir nachdenken, wir denken bereits nach.« Er selbst dachte so angestrengt nach
(ich schieße mit dem Verstand)
dass sein verdammtes Gehirn fast in Flammen stand, aber das würde er dem alten Langen, Großen und Hässlichen nicht auf die Nase binden. »Mach voran und gib Blaine ein paar Rätsel auf. Spiel deine Rolle.«
»Wie du willst, Eddie.« Roland erhob sich von seinem Sitz, ging nach vorn und legte wieder die Hand auf das scharlachrote Rechteck. Der Streckenplan erschien sofort. Der grüne Punkt hatte sich weiter von Rilea entfernt, aber für Eddie war klar, dass der Mono deutlich abgebremst hatte, womit er entweder einem vorgegebenen Programm folgte, oder aber Blaine hatte so viel Spaß an der Sache, dass er es nicht eilig hatte.
»IST DEIN KA-TET BEREIT, MIT UNSEREM JAHRMARKTSRÄTSELWETTSTREIT FORTZUFAHREN, ROLAND, SOHN DES STEVEN?«
»Ja, Blaine«, sagte Roland, und Eddie fand, dass sich seine Stimme belegt anhörte. »Ich werde dir jetzt eine Weile allein Rätsel aufgeben. Wenn du nichts dagegen hast.«
»ALS DINH UND VATER DEINES KA-TET IST DAS DEIN GUTES RECHT. WERDEN ES JAHRMARKTSRÄTSEL SEIN?«
»Ja.«
»GUT.« Abscheuliche Zufriedenheit in der Stimme. »DAVON WOLLTE ICH SOWIESO GERN MEHR HÖREN.«
»Also gut.« Roland holte tief Luft, dann fing er an. »Gib mir zu essen, und ich lebe. Gib mir zu trinken, und ich sterbe. Was bin ich?«
»FEUER.« Ohne ein Zögern. Nur diese unerträgliche Überheblichkeit, ein Ton, der besagte: Das war schon alt, als deine Großmutter noch jung war, aber versuch es noch mal! So viel Spaß habe ich seit Jahrhunderten nicht mehr gehabt, also versuch es noch mal!
»Ich gehe vor der Sonne, Blaine, und doch werfe ich keinen Schatten. Was bin ich?«
»WIND.« Ohne ein Zögern.
»Du sprichst die Wahrheit, Sai. Das Nächste. Es ist leichter als eine Feder, und doch kann kein Mensch es lange halten.«
»DEN ATEM.« Ohne ein Zögern.
Aber er hat gezögert, dachte Eddie mit einem Mal. Jake und Susannah sahen Roland mit gequälter Konzentration und geballten Fäusten an und beschworen ihn geradezu, Blaine das richtige Rätsel zu stellen, den Hammer, dasjenige, das die Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte versprach; Eddie konnte sie nicht ansehen – schon gar nicht Suze – und sich gleichzeitig dabei konzentrieren. Er betrachtete seine Hände, die er ebenfalls geballt hatte, und zwang sich, sie flach auf den Schoß zu legen. Es fiel ihm überraschend schwer. Vom Mittelgang hörte er, wie Roland weiter die Golden Oldies seiner Jugend herunterleierte.
»Lös mir das, Blaine: Wenn du mich brichst, höre ich nicht auf zu
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