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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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und er musste auch nicht austreten. Und er war auch nicht hungrig. Jake aß gerade den letzten Burrito, aber wahrscheinlich auch nur aus demselben Grund, weshalb Leute auf den Mount Everest kletterten… weil er da war. Und warum sollte er hungrig oder müde oder steif sein? Wo doch das Feuer noch brannte und der Mond noch nicht untergegangen war?
    Er sah in Rolands amüsierte Augen und wusste, dass der Revolvermann seine Gedanken las.
    »Nein, ich will nicht schlafen. Das weißt du genau. Aber, Roland… du erzählst schon so lange Zeit.« Er hielt inne, betrachtete seine Hände, schaute dann wieder auf und lächelte betreten. »Tage, würde ich sagen.«
    »Aber die Zeit ist hier anders. Das habe ich dir bereits gesagt; jetzt siehst du es selbst. Nicht alle Nächte sind in letzter Zeit gleich lang. Tage auch nicht… aber nachts fällt uns die Zeit natürlich mehr auf, oder nicht? Ja, ich glaube, so ist es.«
    »Dehnt die Schwachstelle die Zeit?« Und jetzt, wo er sie erwähnt hatte, konnte Eddie sie in all ihrer unheimlichen Pracht hören – ein Geräusch wie vibrierendes Metall oder vielleicht der größte Moskito der Welt.
    »Das könnte sein, aber hauptsächlich liegt es daran, dass es in meiner Welt eben so ist.«
    Susannah regte sich wie eine Frau, die halbwegs aus einem Traum erwachte, der sie wie feiner Treibsand festhielt. Sie bedachte Eddie mit einem Blick, der entrückt und ungeduldig zugleich war. »Lass den Mann reden, Eddie.«
    »Ja«, sagte Jake. »Lass den Mann reden.«
    Und Oy, ohne die Schnauze von Jakes Knöchel zu heben: »An. Eden.«
    »Na gut«, sagte Eddie. »Kein Problem.«
    Roland maß sie mit Blicken. »Seid ihr auch sicher? Der Rest ist…« Er konnte nicht zu Ende sprechen, und Eddie ging auf, dass Roland sich zu ängstigen schien.
    »Mach weiter«, sagte Eddie leise zu ihm. »Lass den Rest sein, wie er ist. Wie er war.« Er sah sich um. Kansas. Sie waren in Kansas. Irgendwo, irgendwann. Aber er spürte, dass Mejis und diese Leute, die er nie zu Gesicht bekommen hatte – Cordelia und Jonas und Brian Hookey und Sheemie und Pettie das Trampel und Cuthbert Allgood –, jetzt sehr nahe waren. Dass Roland seine Susan verlor, war auch sehr nahe. Die Realität war hier nämlich dünn – so dünn wie der Hosenboden einer alten Jeans –, und die Dunkelheit würde so lange währen, wie Roland sie brauchte. Eddie bezweifelte, dass Roland die Dunkelheit überhaupt groß zur Kenntnis nahm. Warum sollte er auch? Eddie glaubte, dass in Rolands Verstand schon lange, lange Zeit tiefste Nacht herrschte… und die Dämmerung war noch längst nicht in Sicht.
    Er streckte den Arm aus und berührte eine dieser schwieligen Mörderhände. Berührte sie sanft und voller Liebe.
    »Los, Roland. Erzähl deine Geschichte. Bis zum bitteren Ende.«
    »Bis zum bitteren Ende«, sagte Susannah verträumt. »Raus damit.« Ihre Augen funkelten im Mondenschein.
    »Bis zum bitteren Ende«, sagte Jake.
    »Ende«, flüsterte Oy.
    Roland hielt Eddies Hand einen kurzen Moment, dann ließ er sie los. Er sah in das prasselnde Feuer, sagte aber zunächst nichts, und Eddie spürte, wie Roland versuchte, einen Weg zu finden. Wie er eine Tür nach der anderen ausprobierte, bis er eine fand, die aufging. Was er dahinter sah, veranlasste ihn, zu lächeln und Eddie anzusehen.
    »Wahre Liebe ist langweilig«, sagte er.
    »Was sagst du da?«
    »Wahre Liebe ist langweilig«, wiederholte Roland. »So langweilig wie jede andere starke und süchtig machende Droge. Und wie bei jeder anderen starken Droge…«

 
     
     
     
     
     
    D RITTER T EIL
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Kapitel 1
    U NTER DEM J ÄGERINNENMOND
     
    1
     
    Wahre Liebe ist langweilig, wie jede andere starke und süchtig machende Droge – sobald die Geschichte von Begegnung und Entdeckung erzählt ist, werden Küsse schnell schal und Zärtlichkeiten ermüdend… außer natürlich für diejenigen, die sich küssen, die zärtlich zueinander sind, während jedes Geräusch und jede Farbe der Welt um sie herum tiefer und leuchtender zu werden scheint. Und wie bei jeder anderen starken Droge ist die wahre erste Liebe wirklich nur für diejenigen interessant, die deren Gefangene geworden sind.
    Und, was ebenfalls auf jede andere starke und süchtig machende Droge zutrifft, wahre erste Liebe ist gefährlich.
     
     
    2
     
    Manche nannten die Jägerin den letzten Mond des Sommers; manche den ersten des Herbstes. Wie man sie auch nannte, sie signalisierte jedes Mal, dass im Leben der Baronie

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